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Weihnachten Weihnachten: Nussknacker: Grimmige Gesellen zu Weihnachten

16.10.2003, 11:07
Grimmige Gesellen zum Staunen - das Nussknackermuseum Neuhausen im Erzgebirge gilt mit 3600 verschiedenen Nussknackerfiguren als die größte private Sammlung ihrer Art in Europa. (Foto: dpa)
Grimmige Gesellen zum Staunen - das Nussknackermuseum Neuhausen im Erzgebirge gilt mit 3600 verschiedenen Nussknackerfiguren als die größte private Sammlung ihrer Art in Europa. (Foto: dpa) ZB

Neuhausen/dpa. - Freundlich sehen sie nicht gerade aus mit ihrem bleckenden Gebiss und dem stieren Blick, doch Fans lieben sie. Besonders zur Adventzeit finden sich Nussknacker in zahlreichen Wohnzimmern ein, gelegentlich sogar in Kompaniestärke. Ihr Äußeres reicht vom traditionellen König über den Soldaten bis zum Mönch und Weihnachtsmann. Nur ihrer eigentlichen Funktion, dem Knacken von Nüssen, kommen sie heute kaum noch nach. Die harten Schalen könnten das hölzerne Beißwerkzeug beschädigen und hässliche Spuren hinterlassen. Da greift die Familie lieber zur metallenen Knackzange.

Die heute verbreiteten Nussknackerfiguren gelten als urdeutsches Produkt. Ein wichtiges Zentrum der Herstellung liegt im Erzgebirge. Als dort im 17. Jahrhundert der Bergbau an Bedeutung verlor, machten die Männer ihre Freizeittätigkeiten Drechseln und Schnitzen zur Erwerbsquelle. Die handgefertigten Produkte verteidigen ihren guten Ruf bis heute. Dieter Uhlmann vom regionalen Verband der Kunsthandwerker in Olbernhau (Sachsen) schätzt, dass 10 bis 15 Prozent der in diesem Bereich rund 2000 Beschäftigten Nussknacker fertigen.

Das grimmige Aussehen der Figuren hat Tradition. Sie repräsentierten ursprünglich als König, Soldat, Polizist oder Förster eine bärbeißige Obrigkeit, an der im 18. und 19. Jahrhundert keine Kritik geübt werden durfte. Also ließ das Volk seinerseits die Vertreter der Macht für sich symbolisch harte Nüsse knacken. Aus dem Gebrauchsgegenstand entwickelte sich im Laufe der Jahrzehnte ein dekoratives Sammelobjekt.

Was etwa Adolf Heidenreich zusammengetragen hat, wird im Deutschen Weihnachtsmuseum in Rothenburg ob der Tauber gezeigt: 458 Nussknacker aus aller Welt sind dort zu sehen. Mit Nussknackerarmeen in Museen wartet das Erzgebirge auf. Mehr als 4300 Figuren aus 30 Ländern und vier Jahrhunderten trug Jürgen Löschner in seinem Museum mit Schauwerkstatt in Neuhausen nahe der Grenze zu Tschechien zusammen.

Jedes Jahr überraschen die Werkstätten mit neuen Figuren. Inzwischen bemühen sich auch 36 Zentimeter hohe Zwerge um die Gunst der Käufer und Sammler. Doch über die Zahl der jährlich in Deutschland hergestellten bissigen Gesellen gibt es keine verlässlichen Angaben. «Im fünfstelligen Bereich», schätzt sie Uhlmann. Die Preise für einen etwa 30 Zentimeter hohen einfachen Knacker beginnen nach seinen Angaben bei etwa 25 Euro und gehen je nach Ausführung bis mehr als 100 Euro.

Wer es gigantischer mag, findet sich im Erzgebirge von Peter Glässer bestens bedient. «Wir sind auf die Herstellung von Großraumfiguren spezialisiert», wirbt er um Kundschaft. Bis zur Größe von dreieinhalb Metern bietet er seine Erzeugnisse aus Fichtenholz gegen Bestellung an.

«Nussknacker gab es schon im Mittelalter», weiß Felicitas Höptner von der Rothenburger Weihnachts-Werkstatt, die auch freundlich blickende «Holzknackl» anbietet. Auch diese, teils filigran verzierten Männchen bleiben als reine Dekoration schöner als im Arbeitseinsatz. «Von der Hebeltechnik her sind die Figuren als Nussknacker jedoch voll geeignet», versichert Höptner.

Etwa jeder zweite in Deutschland hergestellte «Holzbeißer» findet seinen Platz in amerikanischen Haushalten. «1962 hatte der damalige US-Präsident John F. Kennedy bei einer Rede einen Nussknacker neben sich stehen, und seither erfreuen sich die Figuren dort größter Beliebtheit», erinnert sich Dieter Uhlmann. «Gefragt sind in den USA weniger die klassischen Königsfiguren als andere Motive», sagt Felicitas Höptner. «Es dürfen auch Fußballer sein.»

Liebevolle Handarbeit für den letzten Schliff - nur die Rohlinge werden bei der Fertigung von Nussknackern mit Maschinen gedrechselt. (Foto: dpa)
Liebevolle Handarbeit für den letzten Schliff - nur die Rohlinge werden bei der Fertigung von Nussknackern mit Maschinen gedrechselt. (Foto: dpa)
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