Wehrpflicht Wehrpflicht: Freistellung vom Soldatendienst

Köln/Bremen/dpa. - Auf eine dieser wenigen Ausnahmen weist Siegfried Wiegand vom Kreiswehrersatzamt in Hamburg hin: «Einberufene Landwirte können ihren Wehrdienst in Abschnitten leisten, damit sie ihren Hof nicht für so lange Zeit in einem Stück verlassen müssen.» Laut Wiegand werden «junge Männer, die sofort nach der Schule ihre Ausbildung beginnen, vom Dienst vorläufig zurückgestellt». Erst danach kann die Einberufung oder - wie in bestimmten Fällen möglich - eine Freistellung erfolgen.
In der Seeschifffahrt gibt es Sonderregelungen: «Auf den Schiffen unter deutscher Flagge haben wir einen Mangel vor allem an Offizieren sowie an Facharbeitern», sagt Alexandra Pohl. Sie ist im Verband Deutscher Reeder in Hamburg auch zuständig für Berufsberatung. «Wehrpflichtige, die eine Ausbildung zum nautischen oder technischen Schiffsoffizier anstreben, können sich für die Dauer der gesamten Ausbildung vom Wehrdienst zurückstellen lassen», sagt Dieter Hildebrandt von der Berufsbildungsstelle Seeschifffahrt in Bremen.
Auch für die Laufbahn von Schiffsmechanikern und anderem nautischen Personal gelten auf Antrag, dem eine beglaubigte Kopie des Berufsausbildungsvertrages beigefügt sein muss, solche Bedingungen. «Für die Fahrtzeiten zur See gibt es nach der Ausbildung die Möglichkeit einer so genannten Unabkömmlichkeit, auf Schiffen unter deutscher Flagge.» Das Kreiswehrersatzamt in Bremen sowie die fast 300 anderen zuständigen Stellen der Bundeswehr im Bereich des jeweiligen Wohnsitzes informieren über solche Fragen.
«Mir sind keine anderen Berufe bekannt, für die solche Regelungen gelten», sagt Siegfried Siewert von der Handwerkskammer in Hamburg. Jürgen Schmideke von der Oberfinanzdirektion in Hamburg ergänzt: «Auch Zollbeamte sind nicht befreit, sie müssen ihren Wehrdienst ableisten.» Anders verhält es sich bei der Polizei und beim Bundesgrenzschutz, wo die Ausbildung den Wehrdienst ersetzt.
Roland Rausch von der Wehrdienstberatung in Hamburg weist noch auf eine andere Möglichkeit hin: «Wer sich für mehrere Jahre bei Einrichtungen wie der Freiwilligen Feuerwehr, dem Katastrophenschutz sowie der Wasser- und Bergwacht bindend verpflichtet, kann freigestellt werden. Der Einsatz muss aber nachgewiesen werden.»
Die Rettungsdienste bieten gute Alternativen zum Wehrdienst oder zivilen Ersatzdienst. «Man muss sich für fünf bis sechs Jahre verpflichten und in dieser Zeit zusätzlich zu seiner generellen Berufsausbildung jährlich 200 Stunden Einsatz leisten», erläutert Claudia Kaminski vom Malteser Hilfsdienst in Köln. «Viele angehende Rettungsassistenten und Rettungssanitäter, aber auch Medizinstudenten machen von dieser Möglichkeit Gebrauch.»
Beim Technischen Hilfswerk (THW) können junge Männer einen Wehrersatzdienst leisten. «Die Helfer müssen sich auf ehrenamtlicher Basis für sechs Jahre verpflichten», sagt Thomas Grimm vom TWH in Kiel. «Der Einsatz erfolgt parallel zur Berufsausbildung oder zum Studium und ist an 120 Stunden im Jahr zu leisten.» Für eine Annahme müssen keine speziellen Berufskenntnisse nachgewiesen werden. «Wir haben Verwaltungsleute ebenso in den Teams wir Techniker», so Grimm. Ein im Zivilleben anerkannter Beruf kann auch bei der Bundeswehr selbst erlernt werden. «Das Angebot reicht von Elektronik über den technischen und medizinischen Bereich bin hin zum Kaufmännischen», erläutert Wehrdienstberater Roland Rausch. «Wir brauchen Systemelektroniker ebenso wie Flugzeugmechaniker, Augenoptiker, Arzthelfer oder Reiseverkehrskaufleute.»
Allerdings müssten sich die Interessenten im Klaren sein, dass sie sich acht bis zwölf Jahre als Zeitsoldat verpflichten und eine gute Schulbildung - mindestens Mittlere Reife - mitbringen. Mehr als 50 Ausbildungsberufe und 20 Studiengänge bietet die Bundeswehr an.
Vom Wehrdienst befreit sind auch Geistliche - allerdings erst nach ihrer Weihe oder Ordination. «Während des Studiums werden sie zurückgestellt», erklärt Rausch. Doch ist solch eine Berufswahl nur zur Umgehung der neun Monate in Kasernen nicht geeignet: «Bei solch einer Entscheidung wird eine Verpflichtung fällig, die lebenslang wirksam ist», sagt Manfred Nielen vom katholischen Erzbistum Hamburg.