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Wann der Ex eine zweite Chance verdient

Von Manja Greß 01.10.2008, 07:42

München/Köln/dpa. - Frisch Verliebte glauben meist, dass der Zustand ewig anhält. Dann gibt es Streit, und die Beziehung wird schneller beendet, als sie begonnen hat. Doch die Trennung bedeutet nicht unbedingt einen Schlussstrich.

Denn immer wieder kommt es vor, dass sich die Ex-Partner versöhnen und einen zweiten oder dritten Versuch wagen. Hat eine solche Beziehung überhaupt eine Chance? Das hängt davon ab, warum beide es noch einmal probieren möchten - und ob die Probleme vorher geklärt wurden. «Wer sich zum Beispiel nur aus Mitleid zu diesem Schritt entschließt, tut dem anderen keinen Gefallen», sagt Marthe-Anna Kniep vom Dr.-Sommer-Team der «Bravo» aus München. Und sagen nur die Freunde, dass der andere toll war, ist das ebenfalls keine Basis. Kniep rät, vor einem erneuten Versuch alles auf einen Zettel zu schreiben, was an der Beziehung gut war und was nicht. «Was gefällt mir an meinem Ex und was nicht? Was vermisse ich ohne ihn, und worauf kann ich verzichten? Diese Fragen sollte jeder für sich beantworten.»

Viele erleben immer wieder Trennungen - bei Bekannten, Freunden oder sogar den Eltern. «Und oft wollen sie selbst alles besser machen. Deshalb versuchen sie es noch einmal miteinander, anstelle sich zu trennen», glaubt Kniep. Andere können sich nicht vorstellen, alleine oder mit einem anderen Partner glücklich zu sein. Grundsätzlich sei es auch nicht falsch, an der Sache dranzubleiben und es noch mal zu probieren. «Es muss ja nicht gleich jeder schnell aufgeben und den Kopf in den Sand stecken.»

Bei einigen Trennungsgründen ist eine Neu-Auflage der Beziehung eher aussichtslos. «Wenn beide festgestellt haben, dass sie nicht zusammen passen, sollten sie auch in Zukunft lieber getrennte Wege gehen», rät Kniep. Hat es während der gemeinsamen Zeit oft Streit gegeben, muss den Gründen dafür nachgegangen werden. Sonst ist der nächste Zoff nicht weit. «Beide sollten sich zum Beispiel fragen, warum sie sich so oft gestritten haben. Vielleicht ist jeder dann bereit, Kompromisse einzugehen.»

Vor einem neuen Versuch müssen beide reden: Welchen Anteil hat jeder an der Trennung? Was kann jeder verändern? Dabei mache der Ton die Musik. «Vorwürfe zum Beispiel provozieren den Partner nur», sagt der Paarberater Michael Tusch aus Köln. Besser sei es zu sagen: «Ich hätte es in Zukunft gerne anders.» Das bringt den Anderen zum Nachdenken - was Voraussetzung dafür ist, dass er sich ändert.

Allerdings sollte klar sein, dass der Ex in der Zwischenzeit kein völlig anderer Mensch geworden ist. Denn Menschen ändern sich nicht so einfach. «Außerdem hat man sich vor einiger Zeit für den Anderen entschieden, weil er so ist, wie er ist», sagt Tusch. Wer es cool fand, dass der andere so sportlich ist, darf sich dann nicht beschweren, wenn er immer ins Training geht. Vielen falle es schwer, einzusehen, dass einige Eigenschaften doch nicht so toll sind, wie anfangs gedacht. «Das lässt einen schon an der eigenen Menschenkenntnis zweifeln.» Eine Neu-Auflage der Beziehung kann auch funktionieren, wenn die alte gar nicht richtig beendet wurde. Darum sollten Paare, bei denen es nicht mehr läuft, nicht gleich alles hinschmeißen. «Auch eine Trennung auf Probe kann neuen Schwung in die Sache bringen», glaubt der Paartherapeut Ragnar Beer aus Göttingen. Dabei könnten sich beide zum Beispiel wieder auf eigene Hobbys konzentrieren, Freunde treffen und auf Partys gehen.

Wer den Partner dann nicht vermisst, hat mit der Trennung die richtige Entscheidung getroffen. Bekommt man den Anderen aber nicht aus dem Kopf, kann das ein gutes Zeichen für einen Neuanfang sein. «Dann ist auch ein weiterer Versuch vertretbar», findet Kniep. So lange die Gefühle da sind und der eine ohne den Anderen nicht leben will, hat jede Beziehung so viele Chancen verdient, wie beide ihr geben wollen.

Ob eine Beziehung eine zweite Chance verdient, hängt nicht davon ab, wie lange beide vorher zusammen waren. Der Trennungsschmerz ist meistens gleich - egal, ob es drei Wochen waren oder drei Monate, sagt Marthe-Anna Kniep vom Dr.-Sommer-Team der «Bravo». «Je schöner die Zeit war, desto schwerer fällt es, sich das Ende einzugestehen.» Überhaupt denken viele Leute nur an die schönen Erinnerungen und verdrängen die nicht so guten.