Vom Apfelbaum ins Glas: Obst selbst entsaften
Werder/Havel/dpa. - Wenn die Apfelernte in vollem Gang ist, hat Angelika Thierschmann alle Hände voll zu tun. Dann fährt sie kreuz und quer durch Brandenburg und produziert Saft.
Und auch bei ihr zu Hause in Plötzin, einem Ortsteil von Werder an der Havel, steht die Saftpresse in dieser Zeit kaum still. Denn Thierschmann betreibt eine Lohnmosterei: «Wir verarbeiten das Obst unserer Kunden zu deren eigenem Saft.» Das Ergebnis ist ein naturbelassenes Produkt.
Apfelfans, Schrebergärtner und Baumpaten, aber auch Großbauern zählt Thierschmann zu ihrem stetig wachsenden Klientel. Für 60 Kilogramm Äpfel benötigt sie etwa eine halbe Stunde, dann ist der letzte Tropfen ausgepresst. Vor dem Pressen nimmt sie jeden Apfel in die Hand: «Es dürfen gern Druckstellen dran sein, aber keine Faul- oder Schimmelstellen.» Denn das verderbe den ganzen Saft.
Nicht jeder will gleich 60 Kilo zu Saft verarbeiten, geschweige denn zur Mosterei tragen. Für den Hausgebrauch empfiehlt Uwe Jakubik, Fachbuchautor aus Reutlingen, eine kleine, handelsübliche Saftpresse. Die Rohware stammt entweder frisch vom Markt, aus dem Fruchtladen oder direkt vom Obstbauern. Nach dem Waschen werden die Früchte geviertelt und in der Zentrifuge verarbeitet.
Das Endprodukt wird am besten sofort getrunken, rät Jakubik: «Machen Sie lieber öfter frischen Saft anstatt einer großen Menge. Die fängt wegen des Zuckergehalts sonst an zu gären.» Damit der Saft auch wirklich nach Apfel schmeckt, sollten die Apfelkerne bereits braun sein - schließlich werden sie mit ausgepresst.
«Wenn die Kerne noch weiß sind, wird der Saft zu sauer», sagt Thierschmann. Wer den Saft - wie sie - nicht ganz so süß mag, nimmt Sorten, die von Natur aus etwas säuerlicher sind, zum Beispiel 'Kaiser Wilhelm' oder 'Gravensteiner'. Lieblicheren Saft ergeben Sorten wie 'Jona', 'Gala', 'Gelber Köstlicher' oder 'Pilot'.
Soll der fertige Saft länger halten, muss er pasteurisiert werden. Dazu wird er schonend in einem Kessel erhitzt. Zur Aufbewahrung kommt der noch heiße Saft randvoll in saubere Glasflaschen. Je nach Geschmack kann Zucker dazu geben werden - das konserviert zusätzlich. Die Flaschen werden fest verschlossen, damit keine Luft mehr an den Saft kommt, und möglichst dunkel gelagert.
Wer regelmäßig selbst Saft machen möchte, für den ist ein Dampfentsafter am bequemsten, sagt Gabi Kaufmann, Ökotrophologin vom Verbraucherinformationsdienst aid in Bonn. «Der Vorteil ist, dass dabei das Saftgut direkt erhitzt wird und über einen Hahn gleich abgefüllt werden kann.» Je nach Obst- oder Gemüsesorte dauert das Prozedere 45 bis 90 Minuten. Nicht nur heimische Äpfel lassen sich entsaften, sagt Kaufmann. Nach dem Ende der Heidelbeer-, Himbeer- und Brombeersaison bieten sich bis in den Oktober hinein zum Beispiel Holunderbeeren an, aber auch Birnensorten wie 'Williams', 'Abate', 'Alexander Lucas' oder die 'Gute Luise'.
Literatur: Egon M. Binder: Fruchtwein, Most und Säfte selbst gemacht, BLV, ISBN-13: 978-3-405-16865-0, 9,95 Euro; Franz Brandl: Vitamindrinks, Suedwest, ISBN-13: 978-3-517-06743-8, 10,95 Euro; Uwe Jakubik: Most und Saft selber machen, Ulmer, ISBN-13: 978-3-800-15439-5, 15,90 Euro
- Fruchtsaft besteht nach Angaben des Verbands der deutschen Fruchtsaft-Industrie (VdF) in Bonn zu 100 Prozent aus Frucht. Er enthält weder Farbstoffe noch Konservierungsstoffe.
- Fruchtnektar hat je nach Fruchtart mindestens 25 bis 50 Prozent Fruchtsaftanteil, meist sogar mehr.
- Ein Fruchtsaftgetränk enthält mindestens 30 Prozent Frucht bei Kernobstsorten wie Äpfeln, 10 Prozent bei Mischungen und 6 Prozent bei Zitrusfrüchten wie Orangen.
- Fruchtschorle ist eine Mischung aus Saft und Wasser. Fertige Apfelsaftschorlen haben laut dem VdF einen Saftgehalt von mindestens 50, meist aber 60 oder mehr Prozent.