Umgang Umgang: Was tun gegen nervende Zeitgenossen?
Köln/Berlin/dpa. - Freunde kann man sich aussuchen, ihren Anhang nicht. Gemeinsame Abendessen oder Ausflüge werden schnell zur Geduldsprobe, wenn die Freundin des besten Kumpels arrogant ist oder der neue Mann an der Seite der Busenfreundin ein rechthaberischer Macho.
Hier ist entweder Diplomatie oder Ehrlichkeit gefragt. «Zunächst sollte ich mich fragen, was ich gewinnen und verlieren kann, wenn ich der Freundschaft zuliebe meine Zeit mit einer Person verbringe, die ich nicht mag», gibt Tanja Baum von der «Agentur für Freundlichkeit» in Köln zu bedenken. Auf der Haben-Seite stehe der Fortbestand der Freundschaft. «Kommt bei den Überlegungen indes heraus, dass mir meine Zeit wichtiger ist, sollte ich die Freundschaft womöglich beenden.»
Schonungslose Ehrlichkeit ist jedoch unangebracht, wenn man die gute Freundin mit dem anstrengenden neuen Partner halten möchte, sagt Karsten Noack, Kommunikationstrainer aus Berlin: «Äußere ich mich gegen den Freund, sage ich automatisch auch etwas gegen die Freundin». Entsprechende Aussagen sollten nur auf Anfrage gemacht werden und dann so, «dass man keine Tür zuschlägt».
Elisabeth Bonneau, Kommunikationstrainerin aus Freiburg, empfiehlt die klare Ich-Perspektive: «Wenn ich meiner Freundin sage, dass ich nicht mit ihrem Partner klarkomme, stelle ich ihn nicht als unbeliebten Unmensch dar, und die Kränkung hält sich in Grenzen.» Damit lasse sich auch die Bitte begründen, sich in Zukunft lieber zu zweit zu treffen.
Lässt sich ein Treffen mit dem ungeliebten Anhang nicht verhindern, hilft nur gute Miene zum bösen Spiel. Am besten sollten unverfängliche Themen angesprochen werden, rät Tanja Baum. Außerdem sollten, wenn möglich, nach kurzer Zeit andere Personen in das Gespräch einbezogen werden.«Wichtig dabei ist, alles positiv zu formulieren, nicht zu werten, um dem anderen keine Angriffsflächen zu bieten.»
Die eigene Meinung hat beim diplomatischen Smalltalk Pause. «Wenn ich Umweltschützer bin und höre, dass der andere gern Motorrad fährt, muss ich ihn nicht zurechtweisen», sagt Bonneau. Stattdessen könne beispielsweise höflich gefragt werden, wohin der Betreffende denn reist, wenn einen schon nicht interessiere, was für eine Maschine er fährt. Im Idealfall werden dabei Gemeinsamkeiten entdeckt, über die sich noch eine Weile plaudern lässt.
«Komfortzonen» nennt Kommunikationscoach Noack Gesprächssituationen, in denen man sich wohl fühlt: «Man sollte herausfinden, wo sich die eigene Komfortzone mit der des anderen deckt, also Gemeinsamkeiten finden und sich darüber austauschen.»
Doch manchmal kann selbst scheinbar harmloses Geplänkel vergiftet sein. Bonneau rät, sich in solchen Fällen sein Gegenüber als «Kunden» vorzustellen: «Dann kommt man schnell auf den Gedanken, dass es unökonomisch, wenn nicht Luxus ist, den andern unsympathisch zu finden.» Jeder Mensch habe irgendeine gute Eigenschaft, findet Baum. Auf die sollte man sich konzentrieren, wenn es schwierig wird: «Vielleicht hat man beobachtet, dass der andere sich gut kleiden oder witzig Geschichten erzählen kann. Irgendetwas findet sich immer.»
Wer so viel guten Willen nicht aufbringen mag, kann sein Gegenüber auch genau beobachten und versuchen herauszufinden, was einen so aufregt und warum. Noack zufolge lassen sich dadurch auch Rückschlüsse auf die eigene Persönlichkeit ziehen, und die unangenehme Situation verhelfe immerhin zu mehr Selbsterkenntnis.
Auch Kommunikationstrainerin Bonneau setzt bei Zusammenkünften mit eher unangenehmen Menschen auf Distanzierung. Im Gespräch mit ihnen lasse sich anwenden, was man selbst über Fragetechniken, Smalltalk und Persönlichkeitstypen gelernt hat. Mit offenen Fragen etwa werde ein Mensch zum Erzählen gebracht.
Daran lasse sich beispielsweise ablesen, ob er eher aufgaben- oder beziehungsorientiert ist und was ihm im Leben wichtig ist. Hat man eine Idee, um was für einen Typ Mensch es sich handelt, kann man versuchen, seine eigenen Gesprächsbeiträge in der Sprache des anderen zu verfassen. «Damit tut man etwas für sich selbst, für die Beziehung, und auch für den Gastgeber, der das Zusammentreffen organisiert hat.»
Günstig ist es, wenn die Planung für das gemeinsame Abendessen oder den Restaurantbesuch in der eigenen Hand liegt. Dann kann schon im Vorfeld das Ausmaß an Nähe bestimmt werden. Baum rät, sich statt zu viert lieber zu sechst oder zu acht zu treffen. «Vielleicht fällt einem sogar noch jemand ein, der sich mit der unangenehmen Person ganz prächtig verstehen könnte.» Bei der Platzwahl, braucht man sich nicht direkt neben den nervigen Zeitgenossen zu setzen. An das andere Ende des Tisches sollte er aber auch nicht verbannt werden. Das signalisiere Distanz.
Bonnau empfiehlt statt eines steifen Abendessens aktive Veranstaltungen, etwa eine Museumsführung mit anschließendem Kneipenbesuch. Da sei das Gesprächsthema bereits durch das gemeinsam Erlebte vorgegeben. Und womöglich erscheint die Nervensäge am Ende eines solchen Abends wenn schon nicht sympathisch, dann zumindest interessant.