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Tipps für Sachsen-Anhalter Tipps für Sachsen-Anhalter: Bei Straßenausbaubeiträge unbedingt Widerspruch einlegen

25.02.2019, 06:05
Sollen Anlieger weiterhin an der Sanierung kommunaler Straßen beteiligt werden oder nicht? Die Volksinitiative zur Abschaffung der Gebühren fordert eine schnelle Einigung.
Sollen Anlieger weiterhin an der Sanierung kommunaler Straßen beteiligt werden oder nicht? Die Volksinitiative zur Abschaffung der Gebühren fordert eine schnelle Einigung. dpa

Sollen Anlieger weiterhin an der Sanierung kommunaler Straßen beteiligt werden oder nicht? Darüber wird aktuell in Sachsen-Anhalt diskutiert. An dieser Stelle beantworten wir daher die Fragen unserer Leser.

Wie und in welcher Frist der Widerspruch erfolgen muss

Frank W., Röblingen: Seit zwei Jahren wird bei uns eine Straße ausgebaut. Jetzt rechnen wir mit der Endabrechnung. Lohnt sich dann überhaupt ein Widerspruch gegen diesen Beitragsbescheid? Wie sollte er erfolgen? Ich frage mit Blick auf die diskutierte Abschaffung der Beiträge.

Wenn Sie einen Straßenausbaubeitragsbescheid bekommen, sollten Sie unbedingt Widerspruch einlegen. Das muss schriftlich und fristgerecht innerhalb eines Monats nach Erhalt erfolgen. Wichtig ist, dass Sie den Widerspruch im Streitfall auch nachweisen können, also per Einschreiben und Rückantwort oder über einen Boten zustellen lassen. Den Widerspruch können Sie damit begründen, dass Sie die Satzung als fehlerhaft betrachten und die Erhebung von Straßenausbeiträgen verfassungswidrig ist. Mit dem Widerspruch sichern Sie sich alle Möglichkeiten für den Fall, dass der Landtag in Sachsen-Anhalt die Abschaffung der Beiträge beschließt.

In jeder Woche gibt das Ratgeber-Team Lesern die Gelegenheit, Fachleuten zu einem Thema Fragen zu stellen. Die interessantesten Fragen werden montags an dieser Stelle veröffentlicht.

Zum Nachlesen gibt es die Leserforen auf der MZ-Internetseite. Dort finden Sie auch die Themen für die nächsten Telefonaktionen.

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Robert P., Saalekreis: In Sachsen-Anhalt wird jetzt viel über die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge diskutiert. Wann ist denn nun damit zu rechnen? Was müsste passieren?

Eine mögliche Abschaffung der umstrittenen Straßenausbaubeiträge wird in Sachsen-Anhalt kontrovers diskutiert. Es gibt immer mehr Befürworter. Konkret ist aber noch nichts. Auch einen Zeitplan gibt es nicht. Folgerichtig wäre es, noch vor den Kommunalwahlen Rechtssicherheit für die Bürger zu schaffen. Letztlich müsste der Landtag eine entsprechende Änderung des Kommunalabgabengesetzes beschließen.

Bernd S., Bad Kösen: Bei uns stehen im Mai Straßenbaumaßnahmen an. Ich rechne frühestens nächstes Jahr mit einem Beitragsbescheid. Was sollte ich angesichts der derzeitigen Diskussion um die Abschaffung der Beiträge tun, wenn ich einen solchen Bescheid bekomme?

Im Moment ist noch alles offen, was eine mögliche Abschaffung der Straßenausbaubeiträge in Sachsen-Anhalt betrifft. Sollte es dazu kommen, ist entscheidend, wie eine Stichtagsregelung bezüglich der Beitragserhebung aussieht. Davon würde auch abhängen, inwieweit Sie zahlen müssen oder nicht. Beachten Sie: Da sich Straßenbaumaßnahmen oft hinziehen, dürfen Kommunen sogenannte Vorleistungsbescheide verschicken. Das kann ebenso bei Ihnen eintreten. Aber auch dagegen können Sie fristgerecht Widerspruch einlegen und somit verhindern, dass der Vorleistungsbescheid bestandskräftig wird. Wichtig: Das Einlegen eines Widerspruchs entbindet nicht von der Zahlungspflicht. Diese sollte unter Vorbehalt erfolgen, so dass Sie sich spätere Schritte offen halten. Wird einer Beitragsforderung nicht nachgekommen, können Säumniszuschläge und Zinsen erhoben werden.

Wann mit der Endabrechnung gerechnet werden kann

Matthias R., Wittenberg: Bei uns werden Straßenausbauarbeiten durchgeführt. Wie lange kann es dauern, bis wir die Endabrechnung erhalten? Könnte das nützlich sein für uns mit Blick auf die diskutierte Abschaffung der Straßenausbaubeiträge?

Die Endabrechnung erhalten Sie erst, wenn die Baumaßnahmen vollständig abgeschlossen sind und die letzte Rechnung der beteiligten Firmen vorliegt. Da das dauern kann, versenden Kommunen auch Vorleistungsbescheide. Bereits gegen diesen Bescheid können Sie Widerspruch einlegen, wenn er offensichtliche Fehler enthält wie zum Beispiel eine falsche Eingruppierung Ihrer Straße. Sie haben natürlich auch das Recht, Ihren Widerspruch erst bei Erhalt des endgültigen Beitragsbescheides geltend zu machen. Sollte es zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge kommen, bleibt als neuralgischer Punkt für Sie, welche Stichtagsregelung für die Beitragserhebung gilt.

Was tun bei Ablehnung des Widerspruchs?

Karl D., Saalekreis: Wir haben gegen unseren Beitragsbescheid Widerspruch eingelegt, weil wir eine Reihe von Zahlen nicht nachvollziehen können. Was passiert, wenn die Gemeindeverwaltung die Einwände abschmettert?

Dann bleibt nur noch eine Klage vor dem Verwaltungsgericht. Diese muss einen Monat nach Erhalt des Widerspruchbescheids eingelegt werden, um zu vermeiden, dass Bestandskraft eintritt. Hundertprozentig fehlerfrei ist nach unseren Erfahrungen fast kein Beitragsbescheid. Bei einer Klage muss man jedoch Erfolgschancen und das erhebliche Prozesskostenrisiko genau gegeneinander abwägen. Günstiger ist es immer, wenn sich Anlieger zu einer Prozessgemeinschaft zusammenfinden und die Gegenseite zustimmt, nur einen musterhaften Prozess zu führen.

Worauf der Beitragsbescheid geprüft werden sollte

Norbert H., Burgenlandkreis: Worauf muss ich besonders achten, wenn ich einen Beitragsbescheid für den Straßenausbau bekomme?

Es gibt eine Vielzahl von Punkten, die Sie kritisch hinterfragen müssen. Wurde zum Beispiel der Anteil des umlagefähigen Aufwands an den Gesamtkosten für den Straßenausbau richtig errechnet und auf die Anliegergrundstücke aufgeschlüsselt? Wurde der richtige Nutzungsfaktor für Ihr Grundstück angesetzt? Wichtig ist: Wenn Sie Zweifel an der Korrektheit des Bescheides haben, sollten Sie unbedingt innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen und Akteneinsicht beantragen. Ansonsten wird Ihr Bescheid bestandskräftig und Sie werden Ihr Geld auch dann nicht zurückbekommen, wenn sich später herausstellt, dass der Bescheid nicht korrekt war - oder Sie unter eine entsprechende Stichtagsregelung bei eventueller Abschaffung der Straßenausbaubeiträge in Sachsen-Anhalt fallen. Die Begründung für den Widerspruch können Sie übrigens nachliefern.

Zahlen Anlieger auch für Abwasserleitungen?

Roland E., Aschersleben: Bei uns findet ein Straßengrundausbau statt. Dabei wird nicht nur die Straße erneuert, sondern auch die Be- und Entwässerung neu verlegt. Ich bin Anlieger und habe mit der Straße direkt nichts zu tun. Wieso werde ich zur Kasse gebeten?

Nach geltendem Recht dürfen Straßenausbaubeiträge von allen Anliegern erhoben werden, auch wenn sie nur die Möglichkeit einer Zufahrt haben. Allerdings sollten Sie die Abrechnungssumme exakt daraufhin prüfen, ob sie ausschließlich Kosten für die reinen Straßenbaumaßnahmen enthält. Kosten für die neue Abwasserleitung dürfen hier nicht „untergemogelt“ sein. Zudem muss der Abwasserzweckverband an den Straßenausbaukosten beteiligt werden, und zwar mit der Summe, die notwendig gewesen wäre, um nach dem Verlegen der Leitungen den Ursprungszustand der Straße wiederherzustellen.

Jana L., Anhalt-Bitterfeld: Unsere Straße wird erneuert und Leitungen werden verlegt. Wir Betroffenen müssen mit Beitragsbescheiden im vierstelligen Bereich rechnen. Wie sollten wir uns verhalten, wenn die Bescheide zugestellt werden? Bräuchten wir notfalls einen Rechtsanwalt?

Wenn die Beitragsbescheide kommen, sollten die Betroffenen in Widerspruch gehen. Damit sichern sie sich alle Möglichkeiten auch für den Fall, dass die Straßenausbaubeiträge abgeschafft werden und die Stichtagsregelung dann für Sie günstig ausfällt. Legen Sie nachweislich und fristgerecht innerhalb eines Monats Widerspruch ein. Im Widerspruchsverfahren benötigen Sie keinen Rechtsanwalt.

Widerspruch auch gegen wiederkehrende Beiträge?

Karin K., Bad Bibra: Wir werden dieses Jahr wieder einen Bescheid über wiederkehrende Beiträge erhalten. Wie können wir uns dagegen wehren? Es ist ja in der Diskussion, die Straßenausbaubeiträge komplett abzuschaffen. Lohnen sich ein Widerspruch oder eine Klage?

Die Abschaffung ist im Augenblick noch Zukunftsmusik. Wenn Sie Ihren neuen Bescheid erhalten, können Sie dagegen innerhalb eines Monats nach Erhalt Widerspruch einlegen. Bekommen Sie dann den Widerspruchsbescheid von der Kommune, können Sie innerhalb eines Monats dagegen klagen. Bei einer Einzelklage sollte genau geprüft werden, ob das aus finanzieller Sicht Sinn macht. Sie wird in der Regel sehr kostenaufwendig. Eine Einzelklage lohnt in der Regel nur, wenn es sich um einen äußerst hohen Betrag handelt. Sinnvoll ist hingegen ein Widerspruch gegen den Beitragsbescheid. Sie können diesen damit begründen, dass aus Ihrer Sicht die Satzungsregelungen nicht richtig sind, und Sie können Akteneinsicht beantragen. Zudem teilen Sie mit, dass Sie die Erhebung als verfassungswidrig erachten. Mit dem Widerspruch halten Sie sich alle Möglichkeiten offen, falls es zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge in Sachsen-Anhalt kommt. Sie sollten aber im Blick haben, dass das Einlegen eines Widerspruchs Sie nicht von der Zahlungspflicht entbindet. Diese empfiehlt sich unter Vorbehalt.

Wenn sich die Kosten plötzlich verdoppeln

Gerd P., Aschersleben: Es geht um den Grundausbau der Straße. Zu Beginn der Maßnahme war die Rede von 12.000 Euro Gesamtkosten, dann von 18.000 und jetzt von 25.000 Euro. Das ist nicht nachvollziehbar. Was raten Sie?

Eine hundertprozentige Steigerung der Kosten ist in der Tat sehr verwunderlich. Die Betroffenen sollten sich zusammenschließen, im Fall von Beitragsbescheiden fristgerecht dagegen Widerspruch einlegen und Akteneinsicht verlangen. So lässt sich nachvollziehen, was die Stadt abrechnet und welche Positionen berechtigt sind.

Dorothea Reinert notierte Fragen und Antworten. (mz)