Studie der Uni Köln Studie der Uni Köln: Geringqualifizierte Migranten schaffen Sprung in gute Jobs

Migranten mit niedriger Qualifikation arbeiten besonders häufig in Berufen, für die sie formal nicht ausgebildet sind. „Arbeitgeber schätzen Arbeiternehmer mit Migrationshintergrund als besonders ehrgeizig, belastbar und verlässlich“, sagt Merlin Schaeffer, Professor für Demographie und soziale Ungleichheit am Institut für Soziologie der Universität zu Köln. Gemeinsam mit Jutta Höhne von der gewerkschaftsnahen Hans Böckler Stiftung und Céline Teney, Soziologie-Professorin an der Uni Bremen, verglich Schaeffer die Einkommen von Deutschen mit denen von Migranten, welche hierzulande die Schule besucht haben.
Die Studie belegt deutliche Einkommensvorteile für geringqualifizierte Frauen und Männer mit Migrationshintergrund, insbesondere für Gruppen mit typischerweise bildungsfernen Herkunftsfamilien. So verdienen in Deutschland geborene Schulabbrecher mit türkischem Hintergrund den Wissenschaftlern zufolge ungefähr 2,20 Euro mehr pro Stunde als Einheimische ohne Schulabschluss.
Woran liegt das? – Die Zuwanderer verdienen laut Studie mehr, weil sie Tätigkeiten ausüben, die eigentlich ein höheres Bildungsniveau verlangen, etwa als Maschinenführer, Anlagenbediener oder Baugeräteführer. Für Menschen mit italienischem und griechischem Hintergrund fallen die Ergebnisse ähnlich aus. Geringqualifizierte ohne Migrationshintergrund schaffen den Schritt in anspruchsvollere Beschäftigung hingegen nur selten.
„Unsere Ergebnisse unterstreichen, dass das Potential der in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund in der öffentlichen Debatte unterschätzt wird“, so das Fazit von Merlin Schaeffer. „Gerade Schulabbrecher leisten oftmals weit mehr als ihnen allgemein zugetraut wird.“
„Überdurchschnittlich ehrgeizig und willensstark“
Die Kinder von Einwanderern setzten sich trotz ihrer weniger guten schulischen Leistungen hohe Bildungsziele und seien ausgesprochen motiviert, ihren sozialen Status zu verbessern: „Einwanderer sind überdurchschnittlich ehrgeizig, willensstark und ambitioniert.“
Werin ein anderes Land auswandere, tue dies meist mit dem festen Vorsatz, sich ein besseres Leben aufzubauen. Der Ehrgeiz der Eltern spiegele sich in den hochgesteckten Zielen ihrer Kinder wider, so die Wissenschaftler. Zugleich könnten Einwanderer ihren Kindern jedoch häufig nicht genügend bei den Hausaufgaben und bei der Entscheidung über die Schullaufbahn helfen, weil es ihnen selbst an Sprachkenntnissen, Bildung und materiellen Ressourcen fehle. Auch sei ihnen das deutsche Schulsystem nicht vertraut. Deshalb erwerben Kindern von Migranten oft nicht die Bildungszertifikate, die ihren hohen Ambitionen, ihrem Fleiß und ihrem Durchhaltevermögen entsprechen würden.
Daraus leitet sich die Forderung der Soziologen ab: Deutschland müsse gerade angesichts des wachsenden Fachkräftemangels dafür sorgen, dass die Potentiale von Kindern mit Migrationshintergrund frühzeitig erkannt werden. Benachteiligungen im Bildungssystem sollten beseitigt werden.
Die Studie „Income Advantages of Poorly Qualified Immigrant Minorities: Why School Dropouts of Turkish Origin Earn More in Germany“ ist im European Sociological Review erschienen. (gs)