Ärger mit den Nachbarn? Streit mit den Nachbarn um Kinderlärm - wie viel Krach ist erlaubt

Kinder können ganz schön laut sein – und nicht selten beschweren sich die Nachbarn über den Lärm, den die Kleinen machen. So manche Eltern befürchten dann, sie könnten vom Vermieter wegen des Lärms ihrer Kinder gekündigt werden. Doch die Rechtssprechung ist in Sachen Kinderlärm sehr eltern- und kinderfreundlich. Mütter und Väter müssen also nicht viel befürchten, wenn ihre Kinder herumlärmen.
Kinderlärm ist im gesetzlichen Sinne gar kein Lärm
Alle Eltern sollten wissen, dass Kinderlärm im gesetzlichen Sinne gar kein Lärm ist. Steht seit 2011 in §22 Abs. 1a des Bundesimmissionsschutzgesetzes. Das kann man nörgelnden Nachbarn gerne mal mitteilen. Wörtlich heißt es im besagten Bundesimmissionschutzgesetz: „Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung.
Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.“ Das heißt konkret, Kinder dürfen sich ausleben und das in einer beliebigen Lautstärke. Für sie gilt keine Dezibelgrenze. Und man kann auch nicht einfach gegen einen Kinderspielplatz in der Nachbarschaft vorgehen, weil man sich durch den Lärm gestört fühlt.
Kinderfreundliche Rechtssprechung
Eva Dorothée Schmid bloggt seit der Geburt ihres Sohnes als Mamaclever über alles, was werdende und frischgebackene Eltern wissen wollen. Als Journalistin legt sie dabei Wert auf gut recherchierte Texte, die Eltern wirklich weiterhelfen.
Und so geht auch die Rechtsprechung bei Kinderlärm im privaten Bereich davon aus, dass die Geräuschkulisse, die mit dem kindlichen Spiel-, Taten- und Bewegungsdrang einhergeht, als sozialadäquat hingenommen werden muss. Begründet wird das damit, dass eine kinderfreundliche Umgebung im Interesse der Allgemeinheit ist. In der Tendenz wurden die Urteile der Gerichte in den vergangenen Jahren immer kinderfreundlicher.
Dies gilt vor allem bei kleinen Kindern und Säuglingen. Schreit ein Baby in der Nacht, weil es nicht einschlafen oder durchschlafen kann, dann ist das ein altersgerechtes Verhalten. Nachbarn müssen so etwas akzeptieren – die Eltern können oft schließlich selbst kaum etwas dagegen tun. Lärm, der von Jugendlichen ab 14 Jahren oder von jungen Heranwachsenden ausgeht, ist aber nicht per se als sozialadäquat anzusehen und er muss von Nachbarn und Mitbewohnern nicht so hingenommen werden wie der von kleinen Kindern.
Hier einige relevante Urteile für Familien, die Ärger mit ihren Nachbarn haben:
Welcher Lärm zu weit geht
Keine einheitlich vorgeschriebene Mittagsruhe
Außerdem ist auch zu beachten, dass die Kinder nicht alle Gemeinschaftseinrichtungen eines Wohnhauses beliebig nutzen und dort Lärm machen dürfen. So müssen Bewohner das Schlagen mit Stöcken gegen die Eisenstäbe des Treppengeländers oder gegen die Eisenstäbe des Balkons nicht akzeptieren. Kinder dürfen auch nicht in Kellerräumen oder Treppenhäusern Fahrradfahren oder dort Rollschuhlaufen.
Auch bezüglich der Ruhezeiten muss man einiges beachten. Entgegen der weit verbreiteten Annahme gibt es in Deutschland zwar keine bundesweit einheitlich vorgeschriebene Mittagsruhe mehr. Auf kommunaler Ebene, vor allem in Kurorten, kann aber weiterhin eine Mittagsruhe verordnet sein. Zivilrechtlich kann eine Mittagsruhe beispielsweise in der Hausordnung für Miet- und Eigentumswohnungen geregelt werden. Allgemein gilt allerdings zwischen 22 und 6 bzw. 7 Uhr an Sonntagen Nachtruhe.
Wenn Kinder innerhalb der Ruhezeiten trampeln und vielleicht sogar Möbel rücken, dann kann die Grenze dessen, was die Richter als sozialadäquat ansehen erreicht sein. Derartigen Lärm müssen Mitbewohner nicht hinnehmen. Die Eltern müssen dafür Sorge tragen, dass die Kinder innerhalb der Ruhezeiten keinen Lärm verursachen – das entschied das Landgericht Köln (6 S 403/07). Denn sie sind verpflichtet, ihre Kinder zu einem rücksichtsvollem Verhalten anzuhalten, urteilte auch das Landgericht Berlin (68 S 41/16). Übersteigt der durch den natürlichen Spiel- und Bewegungsdrang verursachte Lärm in seiner Intensität und zeitlichen Dauer das Normalmaß, so wird auch er unzumutbar, sagt das Landgericht Hannover (19 S 88/14).
Rücksichtnahme kann nicht schaden
Auch wenn die Gerichte in der Regel familienfreundlich entscheiden, ein bisschen Rücksichtsnahme kann sicher nicht schaden – die meisten Eltern hätten es früher wahrscheinlich auch nicht so witzig gefunden, wenn sie nach durchfeierter Nacht frühmorgens von Kinderlärm geweckt worden wären. Dazu sollte man sich bewusst machen, welche Dinge Kindern Spaß machen, aber auch viel Lärm verursachen. Dazu gehört das Bobbycar-Fahren in der Wohnung (es gibt Flüsterreifen!), mit Holzlöffeln auf Töpfe schlagen, mit Holzbausteinen auf den Fußboden schlagen, durch die Wohnung rennen und springen, Seilspringen oder vom Bett, Tisch oder Schrank zu springen. Auch ein überlaut aufgedrehter CD-Player mit Kindermusik kann ziemlich nerven oder wenn die Kinder mit harten Bällen spielen – hier sind Softbälle eine gute Alternative. Ein dicker Teppich im Kinderzimmer und ein Vorhang vor dem Fenster kann auch einiges an Lärm schlucken.
Wenn das Kind öfter mal an einem Nachtschreck leidet, dann ist es sicher sinnvoll den Nachbarn dieses Phänomen zu erklären. Das ist um einiges besser, als wenn sie denken, man lasse sein Kind nachts einfach so schreien. Und wenn es mal besonders laut zuging – weil vielleicht mehrere Kinder zu Besuch waren – dann wirkt sich eine kleine Entschuldigung sicher gut auf das Nachbarschaftsklima aus.