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Straßenausbaubeiträge Straßenausbaubeiträge: Experten beantworten Leserfragen

22.06.2014, 14:10
Klar geregelt, denken die Kommunen schnell zuerst an die Anlieger und fordern von ihnen anteilig Beiträge ein. Grundsätzlich kann die Kommune aber natürlich nur Geld verlangen, wenn das auch in ihrer Satzung verankert ist.
Klar geregelt, denken die Kommunen schnell zuerst an die Anlieger und fordern von ihnen anteilig Beiträge ein. Grundsätzlich kann die Kommune aber natürlich nur Geld verlangen, wenn das auch in ihrer Satzung verankert ist. Archiv/Reinartz Lizenz

Klaus E., Burgenlandkreis: Wir haben von der Kommune die Vorinformation erhalten, dass unser Grundstück zum Innenstadtsanierungsgebiet gehört. Daher komme ein Sanierungsausgleichsbetrag auf uns zu. Entsprechend wurde uns eine Ablösevereinbarung angeboten. Sie soll uns mit Rabatt für die Ablöse „versüßt“ werden, der jeweils an die terminliche Vertragsunterzeichnung geknüpft ist. Wir sind mehr als verärgert. Was halten Sie davon?

Antwort: Sinn und Zweck des Sanierungsausgleichsbetrages ist es, die Verkehrswert-Steigerung Ihres Grundstücks vor und nach der Sanierung abzuschöpfen. Der Knackpunkt dabei: Der Gutachter legt die Verkehrswert-Steigerung nur fiktiv fest. Diese fiktive Annahme ist angreifbar und es lohnt sich, dagegen vorzugehen. Mit Vorsicht ist die von der Kommune angebotene Ablösevereinbarung zu betrachten. Nehmen Sie sie an, verzichten Sie von vornherein auf eine rechtliche Überprüfung der Forderung. Das heißt, die unterzeichnete Vereinbarung ist endgültig, unabhängig davon, was nach der Sanierung letztlich an Wert herauskommt.

Peter S., Hohenmölsen: Uns wurde als Sanierungsausgleichsbetrag ein Ablösevertrag angeboten. Meiner Meinung nach wird dabei von einer fiktiven Verkehrswert-Steigerung ausgegangen. Ist das korrekt?

Antwort: Nein, das Baugesetzbuch verlangt eine individuelle grundstücksbezogene Verkehrswert-Ermittlung. Das heißt, die Ermittlung des Verkehrswertes Ihres Grundstückes vor und nach der Sanierung muss als Einzelgutachten erfolgen. Pauschalisierungen sind nicht zulässig.

Bernd B., Saalekreis: Es geht um den Straßenausbaubeitrag. Vor der Maßnahme lag in unserer Gemeinde eine Satzung vor. Im Rahmen der entstandenen Verwaltungsgemeinschaft hat die Stadt nach Beendigung des Straßenausbaus eine neue Satzung in Kraft gesetzt. In der Folge fallen die Straßenausbau-Bescheide für uns höher aus. Darf die Stadt im Nachhinein eine neue Satzung in Kraft setzen?

Antwort: Laut Kommunalabgabegesetz kann eine Kommune ihre Satzung auch rückwirkend in Kraft setzen. Zu prüfen wäre in Ihrem Fall, ob entsprechende Fristen eingehalten wurden. Sollten Sie viele Zweifel mit Blick auf den zu erwartenden Beitragsbescheid haben, können Sie mit dem Ziel der Akteneinsicht fristgerecht Widerspruch einlegen. Damit wird der Bescheid nicht bestandskräftig. Übrigens handelt es sich mit der Rückwirkung um ein Problem, das häufig zu Ärgernissen bei Grundstücksbesitzern führt. In Fachkreisen wird darüber diskutiert, in das Kommunalabgabegesetz eine Verjährungsfrist mit zum Beispiel einer Höchstverjährungsfrist von vier Jahren festzuschreiben. Damit wäre klar definiert, wann eine Rückwirkung endet.

Günter P., Saalekreis: Wir haben einen Beitragsbescheid erhalten, gegen den wir Widerspruch einlegen wollen. Welche Fristen müssen wir dabei beachten?

Antwort: Ab Erhalt des Beitragsbescheides können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch dagegen einlegen. Wenn Sie diese Frist verpassen, wird der Bescheid bestandskräftig. Das geschieht, egal, ob der Bescheid fehlerhaft ist oder nicht. Haben Sie Widerspruch eingelegt, erhalten Sie von Ihrer Kommune einen sogenannten Widerspruchsbescheid. Gegen diesen Bescheid können Sie einen Monat nach Erhalt Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben. Aber Achtung: Das Einlegen eines Widerspruchs befreit Sie nicht von der Zahlung des Beitrags. Sie sollten diesen sofort unter Vorbehalt der Rückforderung zahlen. Es ist aber auch möglich, eine Stundung mit Ratenzahlung zu beantragen, für die dann aber zusätzlich sechs Prozent Zinsen fällig werden. Nicht zu empfehlen ist es, gar nicht zu zahlen. In dem Fall drohen Säumniszuschläge, die zwölf Prozent der geforderten Beitragssumme ausmachen.

Marko F., Saalekreis: Ich habe in Halle ein Mehrfamilienhaus in einer Straße, vor der sich ein Straßenbahn-Knoten befindet. Die ursprünglich veranschlagten Kosten in Höhe von 7 000 Euro haben sich laut Straßenausbau-Bescheid auf 17 000 Euro ausgewachsen. Ich kann die Kostenexplosion nicht nachvollziehen. Was raten Sie?

Antwort: Es handelt sich um eine nicht alltägliche Kostensteigerung. Wichtig wäre zu prüfen, ob die Kosten für den Straßenausbau, beispielsweise die Aufwendungen für Ver- und Entsorgungsleitungen, richtig verteilt sind und ob die Umlagesätze stimmen. Das geht nur mit Akteneinsicht, die Sie letztlich im Klageverfahren erhalten können. Der Weg: Fristwahrender Widerspruch gegen den Straßenausbau-Bescheid und dann gegen den von der Kommune erhaltenen Widerspruchs-Bescheid Klage einreichen und Akteneinsicht beantragen. Allerdings: Das Einlegen eines Widerspruchs bewahrt Sie nicht von der Beitragszahlung. Sprechen Sie mit der Kommune, ob Ihnen eine Ratenzahlung gewährt wird.

Jürgen M., Kreis Wittenberg: Nachdem wir Widerspruch gegen unseren Beitragsbescheid eingelegt haben, erhielten wir vor wenigen Tagen den entsprechenden Widerspruchsbescheid. In dem Schreiben wurden wir aufgefordert, eine ausführliche Begründung für unseren Widerspruch abzugeben. Jetzt möchten wir Akteneinsicht verlangen. Haben wir das Recht dazu?

Antwort: Ja, im Rahmen des Widerspruchsverfahrens können Sie Akteneinsicht verlangen. Stellen Sie sich darauf ein, dass Sie eine Flut von Unterlagen vorfinden werden. Für einen Laien ist das kaum zu bewältigen. Daher sollten Sie einen Fachmann, beispielsweise einen Bauingenieur oder einen Rechtsanwalt, zur Akteneinsicht mitnehmen. Sollten neben Ihnen noch viele andere Grundstückseigentümer betroffen sein, empfiehlt es sich vor dem Hintergrund einer eventuell fristwahrenden Klage wie auch aus finanziellen Gründen, eine Prozessgemeinschaft zu gründen. Beteiligen können sich an einer solchen Prozessgemeinschaft aber nur die Eigentümer, die rechtzeitig Widerspruch eingelegt haben. Für alle anderen bleiben die Bescheide rechtskräftig.

Christel A., Delitz am Berge: Der Fußweg vor unserem Grundstück wird neu gemacht. Wir müssen mit einem entsprechenden Beitragsbescheid rechnen. Vor zwei Jahren wurden wir von der Lage her zum Teil von der Bundes- auf Kreisstraße umdefiniert und bezahlen pro Quadratmeter auch unterschiedlich. Können Sie das erklären? An unser Haus grenzt unser Garten, der durch die starke Hanglage als nicht bebaubare Fläche gilt.

Antwort: Für die Höhe des Beitrages spielt es keine Rolle, ob Sie an einer Bundes- oder Kreisstraße liegen. Die von Ihnen geschilderten Kosten müssen also eine andere Ursache haben. Grundsätzlich werden die Kosten auf die Anliegergrundstücke verteilt. Nur der bebaubare Grundstücksteil ist in der Regel beitragspflichtig. Was als bebaubarer Grundstücksteil gilt, kann einmal in der Satzung der Gemeinde geregelt sein. Im sogenannten unbeplanten Innenbereich muss zum anderen der bebaubare Grundstücksteil individuell für jedes einzelne Grundstück beschieden werden.

Gerd L., Dessau-Roßlau: Wie wird eigentlich gesetzlich in Bezug auf die Beitragserhebung zwischen Bundes- und Kreisstraßen unterschieden?

Antwort: Bei Bundesstraßen werden in der Regel nur Beiträge für die Straßenbeleuchtung, für Gehwege und Radwege erhoben, soweit es sich um rein innerörtliche Wege handelt. Anders verhält es sich, wenn die Straßenbaulast für eine Bundesstraße in die Verantwortung der Kommune fällt. Bei Städten mit mehr als 80 000 Einwohnern müssen die Anlieger dann auch für die Erneuerung der Fahrbahnen und der Straßenentwässerung zahlen. Bei Kreisstraßen dagegen ist die sogenannte Umlagehöhe von der Einordnung der Straße in eine bestimmte Kategorie abhängig. Häufig handelt es sich dabei um Hauptverkehrsstraßen, für die relativ geringe prozentuale Beitragssätze erhoben werden.

Helga R., Saalekreis: Wir besitzen 20 Hektar Ackerfläche, die an eine Straße grenzt. Wir haben gehört, dass die Straße erneuert werden soll. Wir als Eigentümer der Anliegerflächen sollen dann dafür bezahlen. Wir als Ackerbesitzer?

Antwort: Auch für Gemeindestraßen, die an Ackerland grenzen, können Straßenausbaubeiträge erhoben werden. In Vergleich zu einer Wohnbebauung sind die Beiträge aber wesentlich geringer. Die entsprechenden Berechnungsgrundlagen sollten Sie in der Straßenausbaubeitragssatzung Ihrer Kommune finden. Für den Fall der Fälle: Erhalten Sie einen Bescheid, legen Sie Widerspruch ein und lassen Sie den Bescheid prüfen. Auch wenn die Forderung rechtlich berechtigt ist, passiert es häufig, dass diese zu hoch bemessen ist.

Günter G., Saalekreis: Wir mussten einen Anschlussbeitrag für das Trinkwasser zahlen und einen Beitrag für den Straßenausbau. Nun möchten wir das gern von der Steuer absetzen. Wie geht das?

Antwort: Diese Kosten sind nicht wie bestimmte Handwerkerleistungen, die direkt für das Haus erbracht werden, steuerlich absetzbar. Dazu gibt es Entscheidungen des Bundesfinanzhofs. Wer Vermieter ist, kann allerdings die Erschließungs- beziehungsweise Straßenausbaubeiträge als Werbungskosten geltend machen.

Ute F., Weißenfels: Wir haben eine Garage gepachtet. Die anliegende Straße soll ausgebaut werden. Nun haben wir ein Info-Schreiben von der Stadt bekommen, dass wir dafür Beiträge zahlen sollen. Ist das richtig?

Antwort: Straßenausbaubeiträge können nur von Anliegern, das heißt von Eigentümern der Grundstücke an der Straße erhoben werden. In diesem Fall ist also der Eigentümer des Grundstücks, auf dem Ihre Garage steht, beitragspflichtig und nicht Sie als Pächter. Allerdings ist es möglich, dass der Eigentümer die Beitragskosten auf Sie umlegen wird.

Olaf D., Freyburg: Ich habe immer gedacht, die Höhe der Beiträge für den Straßenausbau richten sich nach der Länge der Straßenfront des Grundstücks. Wird tatsächlich die gesamte Grundstücksfläche herangezogen?

Antwort: Wichtig für die Höhe der Kosten ist, wie die örtliche Satzung aufgestellt ist und welcher Umlagemaßstab darin festgeschrieben ist. In der Regel basiert die Berechnung der umlagefähigen Kosten auf der Größe des Grundstückes. Diese Größe wird mit einem für das Grundstück festgelegten Nutzungsfaktor multipliziert. Dabei wird zum Beispiel berücksichtigt, ob die Fläche bebaut ist, ob sie bebaut werden kann, ob es sich um sogenanntes Gartenland handelt oder wie viele Geschosse das vorhandene Haus hat. Dann spielen einzelne Regelungen der Satzung für die Kosten eine Rolle. Zum Beispiel, wie viel Prozent der Gesamtkosten auf den Anlieger umlagefähig sind, beispielsweise 90 oder 75 Prozent. Schließlich muss gesehen werden, ob es sich um die Erschließung oder den Ausbau einer Straße handelt. Bei der Erschließung sind die Prozentsätze bei vergleichbaren Straßen höher als bei einem Ausbau.

Fragen und Antworten notierten Kornelia Noack und Dorothea Reinert.

Matthias Hoferichter vom Verband Deutscher Grundstücksnutzer
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Eckhart Beleites vom Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN)
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Fred Fischer vom Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN)
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