Ständig im Stress Ständig im Stress: Warum rennen Mamas eigentlich immer wie blöd durch den Tag?
Erst landet das Müsli auf dem Boden, dann gibt es Geschrei, weil der Pulli Streifen hat. Die Bluse muss noch schnell unter dem Wäscheberg herausgekramt und behelfsmäßig geglättet werden. Dann noch fix Zöpfe flechten, neue Kita-Wechselklamotten und Äpfelchen für den Nachmittag einpacken. Kurz das Buch mit dem fiebernden Biber vorlesen. Dann den Fahrradanhänger aus dem Garten schleifen. Wo ist eigentlich der zweite Gummistiefel? Selbst kurz kämmen, Küsschen an alle und zur U-Bahn rennen.
Manchmal fühle ich mich morgens um acht Uhr schon so, als hätte ich gerade einen Marathon hinter mir. Und dann geht der Tag erst richtig los. Nach einem strammen Arbeitspensum wieder zur Kita eilen, Einkäufe erledigen, Spielplatz-Action, Abendroutine, notdürftige Putzversuche, Chaos beseitigen, Papierkram und Listen abarbeiten. Bis die Couch mich gegen 21 Uhr verschluckt und nur noch rüber ins Bett spuckt. Dort jagt mein Kopf erst noch eine Runde weiter, bevor die Müdigkeit ihn gnadenlos erschlägt.
Eltern sind dauernd außer Puste
Der Tag ist zu Ende und ich hab das Gefühl, ich bin die ganze Zeit nur gerannt. Warum fühle ich mich eigentlich immer so außer Puste? Auch um mich herum scheinen alle permanent unter Strom zu stehen und wie vollbepackte Pferdchen mit Zause-Mähne durch den Alltag zu laufen – Mütter wie Väter. Glücklich aber gehetzt. Voll bis oben hin, mit Aufgaben und Terminen. Und gleichzeitig ziemlich leer, wie eine ausgediente Batterie. Geht das nicht anders? Oder liegt es an uns?
Zunächst einmal ist nicht zu bestreiten – und auch Studien beweisen: Eltern von heute müssen ziemlich viel unter einen Hut bringen. Sie stecken voll in der „Rushhour des Lebens“. Kinder, Beruf, Partnerschaft und Haushalt zu vereinbaren, das ist wahrlich eine Herausforderung und klappt nur mit guter Organisation und Zeitmanagement. Kein Wunder, dass ein Tag oft Spitz auf Knopf genäht ist. Und es ist ohne Frage anstrengend.
Im Kopf herrscht immer Zeitdruck
An manchen Tagen habe ich sogar das Gefühl, es ist überhaupt nicht zu schaffen. Zumindest nicht so, wie ich es möchte. Es geht ja nicht darum, einfach irgendwie durch den Tag zu kommen, sondern man will es gut machen. Den Kindern genug Aufmerksamkeit schenken, auf ihre Bedürfnisse achten. Gute Arbeit pünktlich abliefern und die Kollegen auch im Stress nicht links liegen lassen. Nachmittags ein Spiel-Programm liefern. Die Wohnung in ordentlichem Zustand halten. Und kein Geburtstagsgeschenk vergessen. Der eigene Anspruch, alles möglichst perfekt zu erledigen, sitzt bei unserer Generation tief – ob man nun Kinder hat oder nicht. Im Kopf herrscht immer Zeitdruck.
Und ständig warte ich auf den Moment, an dem alles getan ist und die Pause beginnt. Ein Teufelskreis. Denn dieser Tag wird nicht kommen. Man wird nie fertig sein. Die Wohnung wird nie ganz sauber sein – vor allem, wenn man kleine Kinder hat. Die Listen werden nie aufhören. Es wird niemals genug Zeit für alles sein – erst Recht nicht für den Partner oder für sich selbst.
Auch wenn man sich anstrengt, bleibt es abenteuerlich
Also noch früher aufstehen, noch akribischer planen, noch mehr reinhängen, noch schneller rennen? Das würde wahrscheinlich eher in den Burn-out führen. Dazu kommt: Selbst wenn man sich aufs Äußerste bemüht und perfekt optimiert, bleibt es abenteuerlich. Kinder funktionieren nicht nach Plan, die unsichere Arbeitswelt und das Umfeld erst recht nicht. Und man selbst, auch wenn wir das gerne zu ignorieren versuchen, ist auch nicht immer auf der Höhe der eigenen Kräfte.
Die Geschwindigkeit umarmen
Deshalb muss es auch okay sein, wenn der schöne Tagesplan einmal in sich zerbröselt. Wenn Dinge wegfallen, man etwas absagt, verschiebt oder schlicht und ergreifend eine Auszeit nimmt. Kurz anhält. Schon Mini-Pausen im Alltag können Wunder wirken. Einfach bei den Kindern auf dem Boden sitzenbleiben und den Geschirrberg ignorieren oder auf der Fahrt zur Arbeit Musik hören anstatt im Akkord Nachrichten zu tippen.
Und was ungemein Kraft spart: Weniger gegen den Stress anzukämpfen und sich ständig zu beklagen, dass es nicht zu schaffen ist. Sondern es anzunehmen, ja, sogar die Geschwindigkeit zu umarmen. Es passiert so viel in kurzer Zeit. Das Leben ist voll und schnell. Das bedeutet aber auch: gefüllt bis oben hin mit Erlebnissen. Wenn ich abends erschlagen und zerzaust auf der Couch sitze, dann fühle ich mich wie Lola, die nach viel Gerenne gegen die Glasscheibe gelaufen ist. Aber auch ganz schön erfüllt. Der nächste Morgen-Marathon kann kommen.