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Spaß statt Vorschrift: Weingläser sind Geschmackssache

Von Sandra Cantzler 27.12.2007, 12:15

Hamburg/Baden-Baden/dpa. - Im Urlaub schmeckt der Landwein auch aus einem schmucklosen Wasserglas. Zu Hause schenkt man gute Tropfen dagegen gerne in edlen Trinkgefäßen aus.

Hersteller bieten Dutzende von speziellen Gläsern an - ob für den Riesling, den Burgunder oder den Dessertwein danach. Ein Muss ist das allerdings nicht, sagen Wein-Experten.

«Das geht schon alles ein bisschen weit», sagt beispielsweise Hendrik Thoma, Master-Sommelier im Hotel Louis C. Jacob in Hamburg. Das passende Glas zu jedem Wein - für den Fachmann steckt dahinter auch ein wenig Geschäftemacherei: «Weintrinken wird heute manchmal komplizierter gemacht, als es tatsächlich ist.»

Selbst wer gerne und viel Wein trinkt, kommt bereits mit einer kleinen Gläserauswahl gut über die Runden. Zu mindestens drei verschiedenen Gläsern rät Natalie Lumpp, Weinberaterin aus Baden-Baden: «Ein kleines schlichtes Weißweinglas, ein großes Rotweinglas und ein schlankes Champagner- oder Sektglas.» Thoma empfiehlt vier verschiedene Weinglas-Typen: Ein Glas für jungen und eines für reiferen Rotwein sowie ein Glas für jungen, spritzigen Weißwein und eines für etwas ältere, fülligere Weißweine. «Ein Glas soll den Charakter eines Weines auffangen», erklärt er.

«Das Glas ist für den Genuss ganz, ganz wichtig», bestätigt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut in Mainz. «Das meiste, was wir glauben zu schmecken, riechen wir eigentlich.» Im falschen Glas könnten sich die Aromen nicht optimal entfalten. So würden sich beispielsweise die filigranen Aromen eines Weißweins in einem großen Rotweinglas verlieren. Dagegen kann ein Rotwein in einem schmaleren Weißweinglas nur einen Teil seiner Aromen zur Geltung bringen.

Büscher rät, beim Gläserkauf die praktischen Aspekte nicht aus den Augen zu verlieren. Dazu gehört auch, vorab zu überlegen, wie viel Platz man überhaupt für die Gläser hat. Statt sich über überfüllte Regale zu ärgern, sollten besser Kompromisse gemacht werden: «Entweder man wählt ein für möglichst viele Weine geeignetes Glas oder eines für den persönlichen Lieblingswein.»

Bleibt noch die stilistische Qual der Wahl. Ob beim Gourmet-Glas für knapp 40 Euro oder der Günstig-Variante für vier Euro - der Trend geht derzeit eindeutig zu schlichtem Design mit schlanken Stielen und großen Kelchen.

Ein Beispiel dafür ist die Serie «Difference», die die Designerin Erika Lagerbielke für das schwedische Unternehmen Orrefors entworfen hat. Fünf Weingläser, ein Champagner-Glas und zwei Schnapsgläser umfasst die Kollektion. Die Kelche sind je nach Glastyp verschieden hoch und weit geformt, die Stiele aber immer gleich lang.

Beim Unternehmen Rosenthal wurde ebenfalls der Trend zu größeren Kelchformen aufgegriffen. Allerdings wurden keine neuen Serien ins Programm aufgenommen, sondern bestehende Designs einer behutsamen Verjüngungskur unterzogen, wie es bei der Firma in Selb (Bayern) heißt. Unter anderem bekam die vor knapp 40 Jahren entworfene Serie «Fuga» eine etwas andere Anmutung.

Und auch wenn der Geldbeutel kleiner ist, darf der Kelch trotzdem etwas größer ausfallen. Neben Gläsern mit Durchschnittsmaßen finden sich zum Beispiel in der Stielglas-Serie «Cuvée» vom Hersteller Montana Homestyle in Bad Driburg ebenfalls Bordeaux- und Burgunder-Kelche im XL-Format.