Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Schwerbehindertenausweis im Scheckkartenformat erst 2014
Halle (Saale)/MZ. - Er ist so klein wie eine Bankkarte und soll weniger diskriminierend wirken als die alten großen Papierlappen: der neue Schwerbehindertenausweis. Seit Jahresbeginn können Behörden den Ausweis im Scheckkartenformat ausstellen. Wann sie damit beginnen, legt jedes Bundesland selbst fest - in Sachsen-Anhalt soll erst im nächsten Jahr gestartet werden. Gabriele Städter von der Pressestelle des Landesverwaltungsamtes erklärt, dass das Land Sachsen-Anhalt den neuen Schwerbehindertenausweis erst zum 1. Januar 2014 einführen werde. "Das Land nutzt dabei eine Übergangsfrist, die der Gesetzgeber den Bundesländern bezüglich der Einführung eingeräumt hat", sagt Städter zu den Hintergründen. Schwerbehindertenausweise im alten Format behalten ihren Worten zufolge bis zum zeitlichen Ablauf ihre Gültigkeit. Ein Umtausch sei nicht notwendig. Alle mit dem Grad der Behinderung (GdB) zusammenhängenden Nachteilsausgleiche könnten nach wie vor mit dem aktuellen Ausweis in Anspruch genommen werden.
Auch mit dem neuen Ausweis ändert sich für Schwerbehinderte nichts. Die alten Ausweise bleiben gültig. Wer noch keinen Ausweis hat, aber schwerbehindert ist, sollte sich um den Nachweis kümmern. Er bringt zahlreiche Vorteile. Die wichtigsten Fragen im Überblick:
Wer kann einen Schwerbehindertenausweis bekommen?
Anspruch haben Menschen mit einem Grad der Behinderung von 50 oder mehr. Als behindert gelten Menschen, wenn ihre körperliche, geistige oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigt ist. Hierbei kommt es immer wieder zu Missverständnissen. Menschen, die im Alter beispielsweise an Rücken- oder Hüftschmerzen leiden, bekämen häufig keinen Schwerbehindertenausweis ausgestellt, "weil ihr Gesundheitszustand eben nicht von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht", erklärt Claudia Heinzen vom Sozialverband Deutschland.
Was hat es mit dem Grad der Behinderung auf sich?
Wie stark die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigt ist, wird als Grad der Behinderung (GdB) ausgedrückt. Verschiedenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen sind GdB-Werte zugeordnet. Zum Beispiel wird beim Verlust einer Hand von einem GdB von 50 ausgegangen. Bei entzündlich-rheumatischen Krankheiten der Gelenke kann der GdB - je nach Stärke der Einbußen - zwischen 10 und 100 liegen.
Und bei mehreren Krankheiten wird einfach addiert?
Nein, wenn mehrere Krankheiten oder Behinderungen vorliegen, wird es kompliziert. Die einzelnen GdB-Werte dürften nicht einfach addiert werden, erklärt Martin Georgi, Vorstand der Aktion Mensch. "Entscheidend für den Gesamt-GdB ist, wie sich einzelne Funktionsbeeinträchtigungen zueinander und untereinander auswirken." Für Laien sei es sehr schwierig einzuschätzen, wie hoch ihr persönlicher GdB liegt, ergänzt Gerd Biermann, Dezernatsleiter beim Landesversorgungsamt im Regierungspräsidium Gießen.
Was ist bei der Antragstellung zu beachten?
Als Antrag reicht zunächst ein formloses Schreiben an das Versorgungsamt aus, das dann einen Antragsvordruck verschickt. Vordrucke liegen aber auch bei den örtlichen Fürsorgestellen, den Sozialämtern, Bürgerbüros und bei Behindertenverbänden aus. Mit dem Antrag sollten alle Unterlagen zum Gesundheitszustand eingereicht werden, die nicht älter als zwei Jahre sind, rät Georgi. Das können ärztliche Gutachten, Röntgenbefunde oder Laborwerte sein. "Wer lange nicht beim Arzt war, sollte erstmal in Behandlung gehen, bevor er einen Antrag stellt", empfiehlt Heinzen. Bescheinigungen anderer Behörden und Leistungsträger wie ein Pflegegutachten oder ein Gutachten der Rentenversicherung wegen einer Erwerbsminderung gehören ebenfalls zum Antrag dazu.
Die Unterlagen werden von einem ärztlichen Dienst geprüft. Fehlende Informationen fordert die Behörde direkt bei den behandelnden Ärzten an. Doch das führe häufig zu Verzögerungen, weil viele Ärzte nicht sofort antworteten, erklärt Biermann. Auch Heinzen kennt das Problem: "Wenn man alle Befunde einreicht, kann es sein, dass der Bescheid der Behörde innerhalb von vier Wochen kommt." Müssten Unterlagen angefordert werden, könne der Bescheid aber auch vier Monate auf sich warten lassen.
Was bedeuten die Merkzeichen und Farben?
Ermittelt die Behörde einen GdB von 50 oder mehr, stellt sie einen grünen Ausweis aus. Menschen mit einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erhalten einen grün-orangenen Ausweis. Sie dürfen kostenlos oder zu stark vergünstigten Preisen den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Zudem vergibt die Behörde Merkzeichen für bestimmte Behinderungen. Das Merkzeichen Bl steht beispielsweise für blind, H bedeutet hilflos und G erheblich gehbehindert.
Welche Vorteile bringt der Behindertenausweis?
Schwerbehinderten stehen zahlreiche Nachteilsausgleiche zu. Dazu gehören vor allem Steuerermäßigungen. Arbeitnehmer haben Anspruch auf fünf Tage Zusatzurlaub, außerdem gilt ein verbesserter Kündigungsschutz. Blinde und außergewöhnlich Gehbehinderte (Merkzeichen aG) erhalten bei der Straßenverkehrsbehörde einen Parkausweis. Damit dürfen sie zum Beispiel auf Parkplätzen für Rollstuhlfahrer oder bis zu drei Stunden im eingeschränkten Halteverbot parken. Der Schwerbehindertenausweis allein reicht dafür nicht aus.
Wie lange hat der Ausweis Gültigkeit?
Der Schwerbehindertenausweis wird in der Regel für maximal fünf Jahre ausgestellt. Er kann zweimal verlängert werden, ohne dass ein neues ärztliches Gutachten erforderlich ist. Ändert sich jedoch der Gesundheitszustand, muss das Amt informiert werden. "Wenn ein Mensch mit einer erheblichen Sehbehinderung nach einer Operation wieder besser sehen kann, muss er das melden", erklärt Biermann. Der Ausweis selbst kostet nichts. Das gilt auch dann, wenn das Original verloren geht und ein Ersatzausweis beantragt werden muss. Menschen mit Schwerbehinderung können den Nachweis also getrost immer bei sich tragen.