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Bürgerrechte in den USA The Big Easy: New Orleans' Civil Rights Museum

Im Unterschied zu anderen Südstaaten hatte Louisiana bislang kein eigenes Bürgerrechtsmuseum. Nun wurde es kurz vor den Gouverneurswahlen eröffnet - ausgerechnet auf Betreiben eines Republikaners.

Von Ralf Johnen, dpa Aktualisiert: 15.12.2023, 14:07
Wandmalerei an einem Gebäude in New Orleans.
Wandmalerei an einem Gebäude in New Orleans. Ralf Johnen/dpa-tmn

New Orleans - New Orleans sonnt sich gerne in seiner Rolle als Geburtsort des Jazz, als Heimat des lebendigen French Quarter und als Ausrichter der wilden Mardi Gras, dem Karneval nach Südstaaten-Art.

Der Mississippi ist nie fern in „The Big Easy“, der Stadt der Unbeschwertheit, und selbst wenn im Sommer die Sonne unerbittlich brennt, spendet irgendwo eine von Virginia-Eichen flankierte Allee Schatten.

Doch ein Museum, das sich mit der bewegten Bürgerrechtsgeschichte auseinandersetzt, gab es bislang weder hier noch sonst irgendwo in Louisiana, dessen größte Stadt New Orleans ist.

Seit Eröffnung des Louisiana Civil Rights Museum Anfang Oktober gilt das nicht mehr.

Vorangetrieben hat das Projekt nicht etwa eine Gruppe von Bürgerrechtlern, sondern der republikanische Politiker William Nungesser. Als Vizegouverneur verantwortet dieser das Kulturressort. Er habe zu einem prekären Zeitpunkt der amerikanischen Geschichte ein Zeichen setzen wollen, erläuterte Nungesser bei der Eröffnung.

Geheime Treffen mit Martin Luther King

Früh hatten Bürgerrechtler aus New Orleans und Umgebung eine prominente Rolle im Kampf gegen die Aufhebung der Jim-Crow-Gesetze eingenommen. Jener Katalog von Repressalien also, der auch nach Abschaffung der Sklaverei die faktische Fortführung der Rassentrennung bewirkte.

Louisianas Hauptstadt Baton Rouge etwa war im Juni 1953 Schauplatz des ersten Busboykotts afroamerikanischer Bürger. Ab Mitte der 1950er Jahre hatten sich in New Orleans Bürgerrechtler heimlich in einem Hinterzimmer von „Dooky Chase's Restaurant“ getroffen, um Strategien für die Abschaffung der Segregation zu entwickeln. Zu ihnen gehörte neben Martin Luther King auch Ernest N. Morial, der später zum ersten schwarzen Bürgermeister der Stadt gewählt wurde.

Am 14. November 1960 schließlich schien die Zeit reif, die ersten drei afroamerikanischen Kinder auf bis dahin ausschließlich Weißen vorbehaltenen Schulen zuzulassen. Zu den Pionierinnen gehörte auch Leona Tate, die von US-Marshalls eskortiert werden musste.

Ihre Pausen verbrachten die Kinder drinnen und ihre Mahlzeiten nahmen sie unter Treppen ein, erinnert sich Tate. Zu groß schien das Risiko eines Angriffs militanter Rassisten. Erst Monate später kehrte Normalität ein.

Trails zur Bürgerrechtshistorie

Die Schauplätze dieser Ereignisse sind seit 2021 Bestandteil des Louisiana Civil Rights Trail den ebenfalls Nungesser verantwortet. Alle anderen Staaten im sogenannten Deep South der USA jedoch haben ihre Bürgerrechtshistorie auch schon lange in Museen dokumentiert.

In Memphis (Tennessee) etwa ist das Lorraine Motel, auf dessen Treppen am 4. April 1968 Martin Luther King erschossen wurde, bereits seit 1991 Standort des National Civil Rights Museum. Auch in Georgia, Alabama, Texas und sogar im erzkonservativen Mississippi gibt es vergleichbare Ausstellungshäuser. In Louisiana hingegen wurden die Pläne immer wieder auf Eis gelegt - auch infolge von Hurrikan Katrina.

Obwohl dieses Versäumnis nun behoben ist, mutet der äußere Rahmen für das Museum auf den ersten Blick kurios an, denn die Ausstellung befindet sich in einem Flügel des Kongresszentrums. Die Gründe dafür aber sind plausibel: Es war Eile geboten, es gab kein anderes geeignetes Gebäude.

Dafür aber ist der Komplex nach Ernest Morial benannt, der nach seiner Zeit als Aktivist von 1978 bis 1986 als Bürgermeister die Geschicke von New Orleans lenkte. Bis heute gilt er als einer der verdienstvollsten Politiker in der bis 1718 zurückreichenden Geschichte der Stadt.

Kurioser Standort mit Symbolik

Lange Jahre sollte Morial im überwiegend von Afroamerikanern bewohnten New Orleans der einzige Schwarze bleiben, dessen Name ein öffentliches Gebäude zierte. Erst 2001 wurde der Flughafen nach Louis Armstrong benannt - der Beginn einer neuen Epoche, in der Diversität normal geworden ist. So kommt dem Standort des Museums auch symbolische Bedeutung zu.

Bemerkenswert bleibt indes, dass ausgerechnet ein Republikaner die Mittel für die Eröffnung bereitgestellt hat. Schließlich erlebt die Partei einen andauernden Rechtsruck und geben sich prominente Politiker unverhohlen rassistisch.

Er verfolge die Entwicklungen in seiner von Trumpisten getriebenen Partei mit Sorge, so Nungesser: „Ich will das im Einzelnen nicht kommentieren. Doch ich möchte, dass wir alle wieder mehr miteinander reden.“

Die Rückendeckung namhafter Demokraten ist ihm dabei sicher. LaToya Cantrell etwa ist nicht nur Afroamerikanerin, sondern zugleich die erste Frau, die in das Amt der Bürgermeisterin gewählt wurde.

Auch sie spricht anlässlich der Eröffnung von schwierigen Zeiten: „Die Bürgerrechtsbewegung ist mit dem Museum keineswegs am Ziel. Dies kann nur ein weiterer Schritt auf einem langen Weg sein.“ Ernest Morials Sohn Marc unterstrich die enorme Bedeutung des Museums für seine Familie: „Wir werden nie aufhören zu kämpfen.“

Museum soll bald schon erweitert werden

Beim Rundgang durch die Ausstellung bleibt trotz aller Euphorie nicht verborgen, dass es sich eher um ein Provisorium handelt. Exponate aus den 50er und 60er-Jahren fehlen.

Stattdessen beschränkt sich das Haus auf Schautafeln mit eher kurzen Texten und historischen Aufnahmen, die mit Multimediaeinspielungen angereichert werden. Dazwischen hängen großformatige Leinwände mit symbolträchtigen Abbildungen. Visuelles Highlight ist die 3D-Animation des Marsches auf Baton Rouge am 10. August 1967.

Bei dieser „Beta-Version“ des Museums allerdings soll es nicht bleiben, denn das Konferenzzentrum wird bald erweitert. Danach erhält das Museum eine größere Ausstellungsfläche.

Der Grund für die überstürzt anmutende Eröffnung wurde bei den Gouverneurswahlen deutlich. Mitte Oktober haben die Republikaner den einzigen im Deep South von einem Demokraten besetzten Gouverneursposten zurückerobert: Nun ist der von Donald Trump vorgeschlagene Jeff Landry, der als konservativer Hardliner gilt, am Ruder.

Die von Nungesser noch zuvor durchgeboxte Eröffnung des Museums jedoch kann nicht mehr aufgehalten oder gar zurückgedreht werden. New Orleans und Louisiana haben endlich einen würdevollen Ort des Gedenkens.

Louisiana - Informationen:

Klima und Reisezeit: New Orleans ist ein Ganzjahresziel. Angenehmer als die schwülheißen Sommer sind allerdings die kühleren Monate von Oktober bis April.

Museum und Trail: Das Louisiana Civil Rights Museum in New Orleans kostet 7 Dollar Eintritt (rund 6,60 Euro), ermäßigt 6 (rund 5,70 Euro), Kinder unter sechs Jahren zahlen keinen Eintritt. Der Louisiana Civil Rights Trail besteht zurzeit aus 14 Stationen von historischer Bedeutung auch in Baton Rouge, Lafayette und Bogalusa. Er wird schrittweise weiter ausgebaut.

Anreise: Von Europa gibt es lediglich aus London Direktflüge zum Louis Armstrong New Orleans International Airport, alternativ von Frankfurt und München über gängige Drehkreuze wie Atlanta oder Charlotte.

Einreise: Für Aufenthalte von bis zu 90 Tagen genügt eine elektronische Genehmigung (Esta) oder ein Visum.