Luxus-Backpacker Luxus-Backpacker: Gehören Sie auch zu den neuen Flashpackern?

Anja Knorr liegt in einem schmalen Hochbett in einem Hostel in Uruguay. Die Geräusche nebenan klingen nach Disco, Wasser tropft von der Decke. An Schlaf ist nicht zu denken. In diesem Moment fragt sich die 33-jährige Dauerreisende: Bin ich etwa zu alt zum Backpacken? Sie ist kein Einzelfall. Viele Rucksackreisende haben heutzutage keine Lust mehr auf zehnstündige Schleichfahrten in schrottreifen Bussen und auf Nächte in muffigen Gruppenschlafsälen. Sie werden Flashpacker genannt. Noch nie gehört? Sieben Merkmale, an denen Sie diesen neuen Reisetyp erkennen. Gehören Sie auch dazu?
- Mehr Komfort durch mehr Budget: Flashpacker reisen wie Backpacker mit einem Rucksack - aber sie gönnen sich gewisse Annehmlichkeiten: Inlandsflug statt Bus, Restaurant statt Straßenimbiss, ein hübsches Einzelzimmer statt Schlafsaal. „Wir geben gerne mehr Geld aus, wenn wir das Gefühl haben, dass es sich lohnt“, erklärt der Schweizer Reiseblogger Simon Zyrd von Umdieweltreise.ch. Er schätzt sein Budget auf etwa 35 bis 45 Euro pro Tag. „In Australien lebst du damit sparsam, in Asien wie ein König.“ In Thailand zum Beispiel ist der Tagessatz eines klassischen Backpackers oft deutlich niedriger.
- Laptop statt Löcherhose: Backpacker reisen oft minimalistisch, im Rucksack soll kein Kleidungsstück zu viel sein. Flashpacker Zyrd dagegen nimmt gerne ein zusätzliches Hemd mit statt in jedem Tempel mit einem Muskelshirt aufzutauchen. Neu ist auch die technische Ausstattung der Reisenden: „Wir haben ein Smartphone dabei, eine teure Kamera und je nach dem einen Laptop“, sagt Zyrd. Der moderne Rucksackreisende ist weniger ein Eremit auf Sinnsuche als ein stets vernetzter Konsummensch, der die Vorzüge digitaler Technik nutzt.
- Kein Sparen um jeden Preis: Für viele Backpacker gehört es zum Selbstverständnis, für ein Essen oder eine Busfahrt unter keinen Umständen mehr zu bezahlen als ein Einheimischer. Simon Zyrd hat dazu eine klare Meinung: Wenn ein Europäer für mehrere hundert Euro einen Flug nach Asien bucht, um dann dort mit dem Strandverkäufer beim Mangokauf um einige Cents zu feilschen, sei das „egoistisch und saudumm“. Für den Blogger ist günstiges Reisen Mittel zum Zweck, aber nicht das Ziel der Reise selbst. „Ich will nicht auf Kosten anderer, die weniger Glück hatten als ich, sparen“, sagt er.
- Reisen ist kein Wettkampf: Backpacker betonen gerne, dass sie sich außerhalb der normalen Touristenpfade bewegen. Oft gehe es dabei darum, sich gegenseitig zu übertrumpfen, erzählt Dauerreisende Anja Knorr, die auf Happybackpacker.de von ihren Reisen erzählt. Ein anderer Statusfaktor sei die Frage, wer möglichst lange unterwegs sei. Das sei oft albern. Flashpacker haben eher mehr Geld als Zeit zur Verfügung: „Zeit geht vor Geld“, sagt Knorr. Schließlich sind viele Flashpacker schon berufstätig, und die wilden Studentenzeiten liegen schon eine Weile zurück. Sie buchen eher einen Inlandsflug statt einen ganzen Tag in einem Überlandbus zu verschwenden.
- Individualität statt Pauschalroute: Flashpacker reisen zwar mit mehr Budget und Komfort, man darf sie aber auf keinen Fall mit Pauschaltouristen verwechseln. „Wir buchen Flüge und Hotels unterwegs, planen von Tag zu Tag, werfen jeden Plan über den Haufen, um einer spontanen Idee zu folgen“ - so erklärt Simon Zyrd seine Herangehensweise. In diesem Punkt sind Flashpacker den Backpackern sehr ähnlich. Anja Knorr sieht das auch so: „Ich will auf Reisen frei sein, nicht wissen, wo ich am anderen Tag sein werde, neue Sprachen sprechen und Menschen kennenlernen.“ Eine Pauschalreise kann sie sich nicht vorstellen - jedenfalls nicht, bevor sie 70 ist.
- Kinder der Globalisierung: Das Reisen als Flashpacker funktioniert in vielen Ländern nur, weil sich diese in den vergangenen 20 Jahren extrem modernisiert haben. „Wo früher nur hart gesottene Backpacker reisen konnten, die mit allem zufrieden waren, können heute Menschen mit allen möglichen Ansprüchen reisen“, sagt der Langzeitreisende Florian Blümm von Flocutus.de. Er versteht sich als klassischer „Budget-Packer“, der spart, wo er kann, und gibt auf seinem Blog vor allem Tipps für besonders günstiges Reisen. Durch den Ausbau touristischer Infrastruktur, den Boom der Billigflieger und das Internet als Informations- und Kommunikationsmedium sei das Reisen viel einfacher geworden, sagt er. „Dass plötzlich alle möglichen Unterkünfte einen Pool haben, ist eine sehr neue Entwicklung.“
- Komfortzone statt Kulturschock: Mit dem Mehr an Komfort geht zum Teil eine gewisse Authentizität des Reisens verloren. Als Low-Budget-Backpacker lerne man Land und Leute fast zwingend besser kennen, weil man eher in Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung treten müsse als mit Tourismus-Dienstleistern, findet Florian Blümm. Außerdem sei das langsame und beschwerliche Reisen nachhaltiger, sowohl in sozialer als auch in wirtschaftlicher und ökologischer Hinsicht. Und Backpacker lernen, Dinge mit Gelassenheit zu sehen. „Es gibt keine Airline, kein Hotel und keinen Reiseveranstalter, bei dem man sich beschweren kann. Das ist vor allem für mich als typisch nörgelnder Deutscher eine wichtige Lehrstunde“, sagt der 34-Jährige.
(dpa)


