Rechte und Pflichten GDL-Streik: Was Bahnreisende und Pendler wissen müssen
Nach dem Streik ist vor dem Streik: Die Lokführer-Gewerkschaft ruft für Dienstag erneut zum Niederlegen der Arbeit im Bahnverkehr auf. Welche Rechte haben Betroffene?
Berlin - Wer mit der Bahn reisen will, braucht zurzeit starke Nerven. Die Lokführergewerkschaft GDL plant einen erneuten Streik: Von Dienstag, 12. März, 2 Uhr bis Mittwoch, 13. März, 2 Uhr ist der Personenverkehr betroffen. Das kündigte die GDL am Sonntagabend an - und macht damit ihre Drohung wahr, Streiks nicht mehr 48 Stunden vor Beginn anzukündigen. Die Bahn arbeitet zwar trotzdem an einem Notfallplan, zahlreiche Verbindungen dürften dennoch von Ausfällen sein. Diese Rechte haben Betroffene dann:
Zug fährt nicht:
Fährt der Zug nicht oder wird absehbar mindestens 60 Minuten verspätet am Ziel sein, kann man den Ticketpreis zurückverlangen. Man hat aber auch die Möglichkeit, die Reise zu einem späteren Zeitpunkt anzutreten oder fortzusetzen, wobei man auch eine andere, vergleichbare Verbindung zum Zielort wählen kann.
Zudem hat die Deutsche Bahn wieder Sonderkulanz-Regelungen getroffen. Nachlesen lässt sich das unter „bahn.de/info/sonderkulanz“.
Die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) hat unter „soep-online.de/rechte-bahnreisen“ in übersichtlicher Form wichtige Rechte Bahnreisender aufgeschlüsselt - beispielsweise auch, wann Sie sich ein Fernbus-Ticket kaufen und sich die Ausgaben dafür im Nachgang von dem Bahnunternehmen zurückholen können.
Die söp vermittelt als neutrale Instanz bei Zwist zwischen Reisenden und - vor allem - Bahnunternehmen und Airlines. Dorthin kann man sich kostenlos wenden. Etwa, wenn es Streit um Erstattungen gibt.
Zug fährt nicht mehr weiter:
Wer unterwegs strandet, hat bei Verspätungen von mehr als einer Stunde oder Zugausfällen Anspruch auf Mahlzeiten und Erfrischungen in einem angemessenen Verhältnis zur Wartezeit.
Ist klar, dass es an einem Tag nicht mehr weitergeht, muss das Bahnunternehmen für eine Unterbringung in einem Hotel oder in einer „anderweitigen Unterkunft“ (laut EU-Regeln) sorgen und den Transfer dorthin organisieren.
Wer auf eigene Faust ein Hotelzimmer bucht, sollte sich vorher von der Bahn bestätigen lassen, dass keine Weiterfahrt möglich ist und sie nicht mit einer Unterkunft helfen kann.
Entschädigung bei Verspätung:
Die gibt es auch bei Streiks. Kommt der Zug mehr als eine Stunde zu spät am Ziel an, kann man 25 Prozent des Fahrpreises verlangen, bei mehr als zwei Stunden sind es 50 Prozent.
Laut söp besteht der Anspruch auf die Verspätungsentschädigung auch dann, „wenn die verspätete Ankunft am Zielort durch eine in Anspruch genommene Alternativbeförderung erfolgt“. Das heißt im Klartext: Wer sein Zugticket wegen eines Zugausfalls zu einem späteren Zeitpunkt nutzt, dem stehen demnach 50 Prozent Erstattung zu.
Wichtig: Droht man durch einen Zugausfall einen gebuchten Flug zu verpassen, haftet die Bahn nicht für mögliche Folgekosten.
Alternative Reisemöglichkeiten:
Alternativen könnten Züge von Unternehmen sein, die nicht bestreikt werden. Wer die Schienen meiden und lieber auf die Straße ausweichen möchte, kann sich einen Platz in einem Fernbus buchen. Und wer selbst fahren will, für den könnte ein Mietwagen eine Alternative sein. Oder die Fahrt im eigenen Auto.
Auch ein Inlandsflug könnte eine Option sein, obgleich die Auswahl aufgrund des zeitgleichen Warnstreiks des Bodenpersonals bei der Lufthansa bis Samstagfrüh sowie den Ausständen von Luftsicherheitskräften an den Flughäfen Hamburg, Frankfurt und Düsseldorf am Donnerstag begrenzt sein dürfte.
Hat man eine Alternative im Blick, stellt sich die Frage: Wer zahlt dafür?
Die Antwort: in der Regel zahlt man selbst. Unter bestimmten Voraussetzungen muss ein Bahnunternehmen zwar eine Busfahrkarte oder Bahnfahrkarte erstatten. Doch so ein Anspruch besteht laut EU-Regeln nur dann, wenn das Unternehmen nicht innerhalb von 100 Minuten nach der planmäßigen Abfahrtszeit eine Weiterfahralternative anbietet. Oder wenn die Kundin oder der Kunde sich vorher das Okay des Unternehmens geholt hat (Artikel 18 der EU-Verordnung).
Grundsätzlich kein Anspruch auf Erstattungen gibt es für alternativ gebuchte Flugtickets oder Mietwagen, erklärt der Jurist André Schulze-Wethmar vom Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ).
Ausnahme: Das Bahnunternehmen bietet Flug oder Mietwagen von sich aus als alternative Beförderung an. „In der Praxis aber dürfte ein solcher Beförderungsdienst in der Regel eher ein Reisebus sein, den die Bahn organisiert oder eine Fahrt mit dem Taxi“, so der Fachmann.
Arbeitsrechtliche Fragen
Auch wenn die Bahnen streibedingt nur nach Notfallfahrplan fahren, müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer pünktlich im Betrieb oder Unternehmen erscheinen. Das sogenannte Wegerisiko trägt der Arbeitnehmer, wie Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht erklärt. „Wenn ich nicht zur Arbeit komme, gilt der Grundsatz: ohne Arbeit kein Geld.“
Arbeitgeber können Beschäftigte auch abmahnen, wenn diese zu spät oder gar nicht im Unternehmen erscheinen. Das ist zumindest immer dann möglich, wenn der Streik - wie auch in dieser Woche - rechtzeitig vorher angekündigt worden ist.
Alternativen suchen und Absprachen treffen
Für Pendlerinnen und Pendler heißt das: Für die Streiktage nicht auf Bus und Bahn verlassen, sondern Alternativen suchen. Dabei müssen Beschäftigte in der Regel auch höhere Kosten in Kauf nehmen, etwa weil sie mit dem Auto zur Arbeit fahren. Die Kosten für alternative Verkehrsmittel müssen laut Bredereck aber im Verhältnis zu dem Gehalt stehen müssen, das Arbeitnehmer an dem entsprechenden Arbeitstag verdienen würden.
Der Fachanwalt rät Beschäftigten, die von Zugausfällen betroffen sein können, rechtzeitig Absprachen mit dem Arbeitgeber zu treffen - und konkret nachzufragen, wie sie in dem Fall vorgehen sollen. Denkbar ist etwa, dass mit dem Arbeitgeber eine Freistellung zu vereinbaren oder an den Tagen, für die Streik angekündigt ist, Urlaub zu nehmen. Auch der Abbau von Überstunden oder die Nutzung von Gleitzeit können eine Option sein.
Und wie sieht es mit Homeoffice aus?
„Ein Recht auf Homeoffice gibt es nur dann, wenn ich es mit dem Arbeitgeber vereinbart habe, etwa im Arbeitsvertrag, der Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag“, sagt Bredereck. Das gilt auch an Tagen, an denen man durch Streiks nicht mit der Bahn zum Betrieb kommt. Gibt es keine entsprechenden Vereinbarungen, rät Bredereck auch hier, rechtzeitig Absprachen mit dem Arbeitgeber zu treffen.