"Erhöhte Vorsicht" "Erhöhte Vorsicht": Das bedeuten die Reisehinweise für Türkei-Urlauber

Berlin - Auch Türkei-Reisende sind von der schweren diplomatischen Krise zwischen Deutschland und der Türkei betroffen: Das Außenamt rät ihnen nun zu „erhöhter Vorsicht“. Eine konkrete Reisewarnung, die schärfste Warnstufe, besteht aktuell nicht.
Das sind die aktuellen Hinweise der Regierung
Reisehinweise veröffentlicht das Auswärtige Amt (AA) im Internet für jedes Land und aktualisiert sie regelmäßig. In den neuen „Aktuellen Hinweisen“ heißt es auf der Seite des Auswärtigen Amts nun, privat oder geschäftlich Reisende in der Türkei werde „zu erhöhter Vorsicht geraten und empfohlen, sich auch bei kurzzeitigen Aufenthalten in die Listen für Deutsche im Ausland bei Konsulaten und der Botschaft einzutragen“. Grund dafür sei, dass „in einigen Fällen Deutsche von freiheitsentziehenden Maßnahmen betroffen“ gewesen seien, „deren Grund oder Dauer nicht nachvollziehbar war“. Teilweise sei der konsularische Zugang „entgegen völkerrechtlicher Verpflichtung“ verweigert worden.
Für diese Länder bestehen aktuell Reisewarnungen
Akute Gefahr für Leib und Leben besteht, wenn das Auswärtige Amt eine Reisewarnung ausspricht. Das gilt in der Regel für Kriegs- und Konfliktstaaten. Aktuell gibt es Reisewarnungen für Afghanistan, Libyen, Syrien, Irak, Jemen und Somalia sowie den Gaza-Streifen in den Palästinensischen Gebieten (Stand: 20. Juli 2017). Für manche Länder gibt es zudem Teilreisewarnungen. Dann sind dort nur bestimmte Regionen lebensgefährlich, etwa der nördliche Sinai in Ägypten.
Statt ausdrücklich davor zu warnen, kann das AA von Reisen in Länder oder Regionen abraten oder dringend abraten. Letzteres gilt derzeit etwa in der Türkei für die Grenzgebiete zu Syrien und zum Irak.
Pauschalurlauber können nur bei einer ausdrücklichen Warnung gebührenfrei stornieren
Wichtig für Pauschalurlauber: Erst wenn das AA ausdrücklich vor einem Land oder einer Region warnt, holen deutsche Reiseveranstalter ihre dortigen Gäste auf jeden Fall nach Deutschland zurück. Und Urlauber dürfen gebuchte Reisen dorthin gebührenfrei stornieren. Es handelt sich um höhere Gewalt. Rät das AA lediglich dringend von einem Reiseziel ab, ist die Lage nicht so eindeutig: Auch dann kann höhere Gewalt und damit ein kostenloses Stornorecht vorliegen – es muss aber nicht so sein. Es gibt Veranstalter, die Reisen in Länder und Regionen anbieten, von denen das AA dringend abrät.
Das AA kann in seinen Reise- und Sicherheitshinweisen zu einzelnen Ländern außerdem auf generelle Gefahren durch hohe Kriminalität oder Terrorismus aufmerksam machen, ohne von Reisen abzuraten.
Was bedeutet „höhere Gewalt“ auf Reisen?
Streiken die Piloten, ist den meisten Reisenden klar: Das ist höhere Gewalt. Das gilt auch für Erdbeben und Epidemien. Doch was fällt noch darunter?
Bei höherer Gewalt können Urlauber oder der Reiseveranstalter die Reise kündigen. Das regelt das Gesetz. Als höhere Gewalt gilt ein von außen kommendes Ereignis, das unabwendbar und nicht vorhersehbar ist, wie Reiserechtler Paul Degott aus Hannover erklärt. Es wirkt sich so nachteilig auf die Reise aus, dass diese überhaupt nicht mehr oder nicht mehr zumutbar ausgeführt werden kann.
Ein Anspruch auf Schadensersatz besteht aber nicht
Reisende erhalten bei einer solchen Kündigung den vollen Reisepreis zurück – der Vertrag wird ohne Stornogebühren rückabgewickelt. Einen Anspruch auf Schadenersatz gibt es nicht. Typische Beispiele für höhere Gewalt sind etwa Streik, Naturkatastrophen wie Wirbelstürme, Erdbeben oder Überschwemmungen, Epidemien wie SARS oder Kriege und politische Unruhen.
Kommt es während der Reise zu einem Fall von höherer Gewalt, und der Urlauber muss die Reise abbrechen, kann der Reiseveranstalter das Geld für bereits erbrachte Leistungen behalten. Er muss allerdings die Rückreise sicherstellen. Zusatzkosten für den Rückflug und weitere Mehrkosten teilen sich Reisender und Veranstalter. Für die nicht erbrachte Reiseleistung bekommt der Urlauber das Geld zurück.
Wer trotz Warnung eine Reise bucht, geht bewusst ein höheres Risiko ein
„Wichtig ist, dass der Reiseveranstalter in einem solchen Fall wirklich die Kündigung erklärt hat“, sagt Degott. Sagt er, man bekomme das schon irgendwie hin, kann der Urlauber am Ende der Reise den Preis mindern, sollte das nicht der Fall gewesen sein. Ein Beispiel: Es kommt zu Überschwemmungen im Urlaubsland, der Reiseveranstalter verspricht eine Rundreise dennoch wie geplant durchführen zu können. Im Verlauf der Reise fallen allerdings geplante Stopps aus. Dann können Urlauber Mängel geltend machen.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) weist darauf hin, dass Reisende, die trotz Reisewarnung des Auswärtigen Amtes eine Reise buchen, bewusst ein höheres Risiko eingehen. Der Reisevertrag könne dann nicht wegen höherer Gewalt gekündigt werden. Komme es nach der Buchung zu einer Reisewarnung, sei das hingegen ein Indiz für höhere Gewalt. Generell gilt nach Einschätzung der Verbraucherschützer immer die konkrete Lage vor Ort und nicht die persönliche Einschätzung des Reisenden. (dpa/tmn)