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Südtirol Downhill, kiten, fliegen: Aktivurlaub im Vinschgau

Wandern, Klettern, Radeln, Surfen, Skifahren und vieles mehr – von Dreitausendern flankiert ist die Region Südtirol ein Paradies für Outdoor-Fans.

Von Bernhard Krieger und Stefan Weißenborn, dpa 23.09.2024, 00:05
Klettern mit Olaf Reinstadler: mitunter ein Nervenkitzel.
Klettern mit Olaf Reinstadler: mitunter ein Nervenkitzel. Bernhard Krieger/dpa-tmn

Naturns - „Frag mich lieber, was man als Aktivurlauber im Vinschgau nicht machen kann. Die Antwort fällt kürzer aus“, sagt Bergführer Olaf Reinstadler und kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Anders ausgedrückt: Die Region im Westen Südtirols ist eine vielseitige Outdoordestination. Aktivurlauber finden das ganze Jahr über reichlich Möglichkeiten.

Allein im Herbst ist das Angebot breit und reicht vom klassischen Wandern über Radfahren und Mountainbiking bis zum Törggelen, einer Südtiroler Tradition. Dabei genießt man nach der Weinlese in Schänken und auf Bauernhöfen frischen Wein, geröstete Kastanien und andere typische Spezialitäten. Der Brauch geht bis ins Mittelalter zurück, ist eine Art Erntedankfest und bildet oft den Abschluss von Wanderungen.

Je nach Wetterlage dauert die Herbstsaison im milden, sonnenreichen Vinschgau bis weit in den November. Auch in der anschließenden Wintersaison kommen Draußen-Urlauber nicht zu kurz. Das Vinschgau schließlich liegt in den Alpen. Mehr noch: Das bekannteste Skigebiet liegt an Südtirols höchstem Berg, dem Ortler (3.905 Meter); es zählt zu den schneesichersten in den Alpen. Die Saison in Sulden geht oft bis in den Mai - wenn so allmählich die Natur wiedererwacht und die nächste Reisesaison anbricht. Ein Überblick für Outdoorfans. 

Entspannt bis mutig: Wandern und Klettern 

Olaf Reinstadler ist ein Bergführer aus dem Bergdorf Sulden und wie aus dem Bilderbuch: Drahtig, braun gebrannt, grau melierte Haare, struppiger Schnauzbart – und eher wortkarg. Dass er als der „Bergführer der Kanzlerin“ gilt, darum macht er kein Aufheben.

Wenn die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihrem Mann in Südtirol Urlaub machte, war Reinstadler auf Bergtouren meist an ihrer Seite. Das Einzige, was ihm dazu zu entlocken ist: „Ich habe mich immer wieder gefragt, woher sie diese Kondition nimmt.“

Wer mit Reinstadler klettern geht, sollte schon sportlich und auch mutig sein. „Ein bisschen Überwindung ist schon nötig für den Einstieg“, meint Reinstadler. Klettersteige wie der in Trafoi seien dafür ideal. Stahlseile am Fels geben dort die Auf- und Abstiegsrouten vor. Die Kletterer tragen Sitzgurte, an denen zwei Seile mit Karabinerhaken befestigt sind. Damit klinkt man sich in das Stahlseil ein. 

In Windeseile bringt Reinstadler Einsteigern die Grundlagen des Kletterns bei, sodass bald schon das erste kleine Gipfelglück möglich wird. „Auch Kinder können so sicher ins Bergsteigen einsteigen.“

Viele Kletterrouten gibt es im Vinschgau, aber noch mehr Wanderstrecken. Leichte Touren in den Tälern führen auf den sogenannten Waalwegen entlang der Bewässerungskanäle, so der Algunder Waalweg oder der Latschander Waalweg.

Für anspruchsvollere Hochgebirgstouren von Hütte zu Hütte mit Blick auf ein Dutzend Dreitausender sollte man rund eine Woche einplanen. Man läuft entlang des Vinschger Höhenwegs oder auf dem Klassiker Ortler Höhenweg. Reinstadler: „Ein Teil davon ist noch Gletscherstrecke, auf der man gesichert gehen muss. Der Rest ist relativ leicht.“

Downhill für alle: Mountainbike-Hotspot Naturns

Zu einem der Mountainbike-Hotspots der Provinz hat sich der Ort Naturns entwickelt – dank Klaus Nischler. Der Vinschgauer MTB-Pionier hat rund um die größte Gemeinde des Tals unzählige Trails angelegt.

Mit seiner Firma Ötzi-Bike verleiht er nicht nur Mountainbikes, Rennräder und E-Bikes. Im Angebot sind auch geführte Touren von der Genießer-Runde bis zur Profi-Herausforderung. Einsteiger in den Downhill-Sport lernen bei MTB-Guides wie Marco Caregnato am Fuße des Nörderbergs auf einem Trainingsgelände Grundlagen für das sichere Bewältigen von ersten Abfahren auf dem Bike.

„Ellenbogen nach außen, Brust Richtung Lenker und Rücken gerade“, ruft der Bike-Guide seinen Schülern im Parcour zu. Bald schon gelingen die Bremsübungen dosierter, auch enge Kurven werden flüssiger. Nach ein paar Stunden Training geht es zur Abschlusstour auf die Naturnser Alm und in einem von den meisten Anfängern vor dem Kurs noch für unmöglich gehaltenen Tempo über Trails querfeldein zurück ins Tal. 

Schneesicher: Wintersport mit Garantie

In den Höhenlagen sind im Winter Skifahrer und Snowboarder unterwegs. Das schneesicherste Skigebiet im Vinschgau mit einer Saison von Oktober bis Mai ist Sulden am Ortler. 44 Pistenkilometer werden präpariert. 

Weitere bekannte Skigebiete sind Schöneben-Haideralm am Reschenpass nahe der Grenze zu Österreich und das kleine Watles mit sonnigen Pisten und Rodelbahn.

Surfer in den Alpen: Kiten auf dem Reschensee

Ein Surfhotspot mitten in Südtirol? Ja, sogar im Winter. Snowkiten heißt dann die Disziplin, die auf dem zugefrorenen Reschensee so gut funktioniert, weil oft eine ziemliche Brise über den Stausee fegt. Mit Skiern oder einem Snowboard unter den Füßen werden die Kiter von einem Lenkdrachen übers Eis gezogen und vollziehen beeindruckende Sprünge. 

Hauptsaison fürs Kiten, dann mit speziellen Surfbrettern, ist aber der Sommer. Die Kernzeit geht von Mai bis September. Von Weitem sieht man schon bunte Kitesegel am Himmel tanzen. Während der Kurse haben die Kitesurf-Lehrer über Bluetooth-Headsets Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern. Zentrale Anlaufstelle ist die Kitestation Graun mit Schule, Shop, Verleih und Restaurant.

Vinschgau aus der Vogelperspektive

Dem Himmel noch näher als Biker, Wanderer, Skifahrer und Kletterer kommen im Vinschgau nur noch die Gleitschirmflieger. Besonders spektakulär sind Flüge im Obervinschgau.

Von der Bergstation am Watles werden Tandemflüge angeboten. Dabei dürfen sich Passagiere auch ohne Ausbildung einem Piloten anvertrauen und so frei wie ein Vogel fühlen, wenn sich der Blick zwischen Ortler und Ötztaler Alpen über den gesamten Vinschgau erstreckt.

Noch schneller: Auf dem Rennrad am Stilfserjoch

Der mit 2.758 Metern höchste befahrbare Alpenpass Italiens liegt zwar nicht direkt im Vinschgau, verbindet aber die Lombardei mit diesem. Auch erstreckt sich der Nationalpark Stilfserjoch auf Teile des Vinschgau.

Skirennläufer nutzen das größte und eines der wenigen verbliebenen Sommerskigebiete der Alpen am Stilfserjoch für die Saisonvorbereitung. Im Sommer ist das Stilfserjoch mit seinen 48 Spitzkehren auch eine Herausforderung für Rennradfahrer.

Einschlägiges Event ist der Stilfserjoch Radtag, an dem jährlich im Spätsommer tausende Radfahrer teilnehmen und die auch bei Motorradfahren beliebte Strecke für den motorisierten Verkehr gesperrt wird. Nächster Termin ist der 30. August 2025. Die Skisaison am Stilfserjoch übrigens endet zum Winter. Wenn die Passstraßen lawinengefährdet sind, schließt das Gletscherskigebiet. 

Links, Tipps, Praktisches:

Reiseziel: Der Vinschgau erstreckt sich in Südtirol von Meran bis zum Reschenpass.

Beste Reisezeit: Outdoor-Aktivitäten sind das ganze Jahr über im Angebot.

Anreise: mit dem Auto über Brenner oder Reschenpass, mit der Bahn bis Meran. 
Von Düsseldorf, Hamburg und Berlin gibt es Direktflüge von SkyAlps nach Bozen.

Unterkunft: Hotels und Ferienwohnungen gibt es für jedes Budget. Radsportfans finden im „Lindenhof“ in Naturns einen Seelenverwandten als Hotelier. Weitere radlerfreundliche Unterkünfte können unter suedtirol.info recherchiert werden.

Touren/Aktivitäten: Klettertageskurs ab 130 Euro bei Alpinschule Ortler. Geführte Radtouren (ab 10 Euro), Verleih (ab 22 Euro/Tag) und Bike-Academy (ab 25 Euro) bei Ötzi-Bike. Eintägiger Kitesurf-Schnupperkurs am Reschensee 140 Euro bei Proboarder. Infos zum Paragliding unter watles.net

Essen/Gastronomie: Südtirol lockt mit einer Mischung aus italienischer und alpiner Küche. Auch viele Berghütten bieten hervorragende Gerichte. Infos zum Törggelen auf der Tourismus-Website.

Weitere Auskünfte: suedtirol.info und vinschgau.net