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Zauberteppich und pistenfest Als Skianfänger in Österreich: Ein Mutter-Tochter-Experiment

Kann man als Erwachsener zusammen mit dem Kind Skifahren lernen? Unsere Autorin hat es im Toten Gebirge in den Kalkalpen ausprobiert - mit facettenreichen Erfolgserlebnissen.

Von Bettina Lüke, dpa 27.01.2025, 00:05
Auf dem Hochplateau Hutterer Böden in Hinterstoder kann man Skifahren lernen - und wer's schon kann, in einen der Lifte steigen.
Auf dem Hochplateau Hutterer Böden in Hinterstoder kann man Skifahren lernen - und wer's schon kann, in einen der Lifte steigen. David Lugmayr/Oberoesterreich Tourismus GmbH/dpa-tmn

Hinterstoder - „Mama, guck mal! Ich fahr’ jetzt da runter“, sagt meine Tochter. Es ist der zweite Tag ihres Skikurses, und was soll ich sagen - sie, die Fünfjährige, fährt da runter. „Da“ ist der Fortgeschrittenenhügel der Skischule im Skigebiet Hutterer Höss. Und dort versuche auch ich, mit über 40 Skifahren zu lernen. So viel sei verraten: Ich fuhr an Tag Zwei nicht „da runter“. 

Der kleine Ort in Oberösterreich war schon Austragungsort mehrerer Weltcuprennen - als Anfängerin habe ich höchsten Respekt vor den Pisten, wie auch vor dem Skifahren überhaupt. Werde ich es schaffen? Werde ich mich im Schnee wickeln?

„Hauptsach', du kommst runter“, legt mein Skilehrer die Prioritäten fest. Die Sonne lässt den Schnee auf dem Hochplateau und den Bergen des Toten Gebirges glitzern und sich in den Brillen der Ski- und Snowboardfahrer spiegeln.

Sie fahren auf den blauen, roten, schwarzen Strecken des Skigebiets - eine davon heißt „Inferno“. Mich hingegen befördert eine schwarz gummierte Zaubermatte den Anfängerhang hinauf, neben mir im Schnee meine Tochter mit ihrer Gruppe und den zwei Skilehrerinnen. Sie und ihre Gruppe sind deutlich eleganter unterwegs als ich - hinauf und vor allem hinab. 

Wann eigentlich ist Mittagspause?

Wäre mein Privatlehrer Gerry nicht da, würde ich ernsthaft überlegen aufzugeben. Trotz meiner extra neu angeschafften Ski-Montur. Wann eigentlich ist Mittagspause? 

Ich schiele zur „Bärenhütte“ rüber, wo schon etliche Wintersportler verdientermaßen in Liegestühlen entspannen. Auf den bunten Polstern der Skischule macht auch die Gruppe meiner Tochter Brotzeit. Für mich gibt's derweil nochmal „Pizzastück“: in V-Stellung mit den Skiern bremsen üben, damit ich nicht geradewegs in die Brotzeitler schlittere.

„Na, geht doch“, sagt Gerry, und ich trage meinen Skihelm gleich ein bisschen höher. Dann machen auch wir Pause.

Noch auf Ski steuere ich unbeholfen auf meine Tochter zu - wie es bei ihr so läuft? Sie hat schon zwei neue Freunde gefunden und berichtet: „Weißt du was, wir dürfen heute noch höher auf den Hang!“ 

Tatsächlich fährt sie am Ende des ersten Skitages furchtlos und technisch hundertmal sicherer als ich. Sie also gibt mir beim Abendessen Tipps, wie das mit der Pizza und dem Gewicht verlagern funktioniert, nicht umgekehrt. Ich staune, wie schnell sie von der Gelegenheits-Schlittenfahrerin zum „Pistenhaserl“ wird.

Apropos Tempo: Auch im Rest der Lernwoche bin ich viel langsamer als die Fünfjährige. Wenn wir am Nachmittag die Ski abschnallen, hat sie die Bretter schon in der Hand, während ich versuche, dabei möglichst elegant und erwachsen zu wirken. Lehrer Gerry versucht es mit einer Evergreen-Weisheit: „Erwachsene lernen halt nimmer so leicht wie Kinder“, fürs Skifahren gelte das allemal. 

Dafür muss ich anders als meine Tochter nicht in den zu festen Zeiten gebuchten Skikurs, ich kann meine Privatstunden legen, wie ich mag. Während sie weiter an ihrem Talent feilt, gönne ich mir am Vormittag zur Halbzeit des Urlaubs - Bergfest, haha! - eine Tour ins Tal. In der Kabinenseilbahn mit durchsichtigem Boden ist die Aussicht auf die Hannes-Trinkl-Weltcup-Abfahrt, aufs nahende Hinterstoder Dorf toll. 

Härtetest am Slalomsimulator

Angezogen hat mich das „Alpineum“ im 900-Einwohner-Ort: Ein Museum, das unter dem Motto „Flötzer, Firn und steiler Fels“ die Geschichte des Stodertals von der Holzwirtschaft auf der Steyr bis hin zum Skiweltcup zeigt.

Man lernt etwas über die beschwerliche Arbeit der Holzknechte, wie eine Skiausrüstung früher aussah. Und - Überraschung! - an einem Slalomsimulator kann ich meine bis dato erlernten Skills testen. Ergebnis: 15 von 30 geschafft, reif für ein Slalomrennen bin ich offenbar nicht.

Meine Tochter dagegen hält sich für so weit: „Ich will Skirennfahrerin werden“, verkündet sie, als wir uns oben an der Skischule wiedertreffen. Praktisch bedeutet das: Sie will direkt nach dem Kurstag weitertrainieren und bezieht mich netterweise ein („Ein bisschen was kann ich dir noch beibringen.“). Na dann: Ich mache mit - und tatsächlich können wir bald nebeneinander den Hügel runterfahren. Zumindest für mich ein tolles Erfolgserlebnis.

Auch angehende Profis benötigen Entspannungsphasen. So kosten wir am Abend das Schauspiel der Pistenraupen hinterm Hotelzimmerfenster aus. Wie sie losfahren und die menschenleeren Hänge für den nächsten Skitag planieren.

„Das will ich auch mal machen“, sagt meine Tochter. Vielleicht können wir bei der Raupengarage neben der Bergstation wenigstens mal vorbeigehen und so eine Maschine näher betrachten. 

Endlich pistenfest

Am nächsten Tag geht es auf die steilste Piste der Skischule - schließlich muss für das Abschlussrennen des Skikurses trainiert werden. Ich gucke erst einmal zu, wie die Kleinen das so machen.

Am Mittag wird das Kind für pistenfest erklärt. Ich halte mich an Gerrys Ansage „Weitermachen, dranbleiben!“. Schließlich schaffe ich es auch, den steilen Hang einigermaßen stilecht herunterzukommen. 

Und dann geht's höher hinauf: Auf den Hutterer Höss (1.858 Meter) befördert uns der Lift. Kräfte sammeln wir bei Leberknödelsuppe und Kaiserschmarrn im Berggasthof - mit Blick auf einen wunderschönen benachbarten See und die so harmlos klingende „Familienabfahrt Nr. 3“. 

Ginge es nach meiner Tochter, kein Problem. Ich aber hatte gelesen: Richtige Anfänger, also ich, sollten die Piste nicht fahren. Nach einigem Argumentieren mütterlicherseits und einer ausgiebigen Toberei im herrlichen Schnee hier oben schaukeln wir im Sessellift schließlich wieder nach unten. Wellness im Hotel und Einschlafen beim leisen Brummen der Raupen ist auch keine schlechte Wettkampfvorbereitung. 

Gold für fast alle

Am nächsten Tag herrscht vor dem Rennen Turnieratmosphäre, Podeste werden aufgebaut, Megafone herumgetragen. Die Kinder absolvieren die letzte Kurseinheit, und dann werden Startnummerleibchen verteilt. Mit der „104“ versorgt fährt meine Tochter im Slalom „da runter“ - und winkt mir sogar lässig dabei zu. Gold ist ihr sicher, das gibt's natürlich für alle Absolventen. Nicht aber für die Privatschülerin Mama.

Wir feiern auf der Hüttenterrasse - und sind ein bisschen traurig, „dass morgen keine Schule ist“. Auf dem Weg Richtung Bergstation sehen wir, dass die Raupengarage aufgeht. Dürfen wir mal schauen? Dürfen wir - und: sogar kurz mitfahren bis in die schwierigsten Gefilde.

Wer hätte das gedacht: Dass Mutter und Tochter nach einer Woche Ski-Experiment sogar auf roten und schwarzen Pisten unterwegs sind. Dass wir dabei 600 brummende PS unter dem Po haben und nicht selbst fahren, müssen wir ja nicht überbetonen. Unsere unterschiedlichen Lernerfolge auf Brettern aber soll das nicht schmälern. 

Links, Tipps, Praktisches:

Reiseziel: Hinterstoder liegt im Süden Oberösterreichs an der Grenze zur Steiermark am Fuße des Großen Priel (2.514 Meter), rund 60 Kilometer südlich von Linz. Es gehört zur Urlaubsregion Pyhrn-Priel.

Anreise: Mit dem Auto sind es ab Berlin und Köln rund acht Stunden, ab München noch drei. Mit der Bahn: In Linz halten etwa die ICE-Züge nach Wien. ÖBB-Regionalbahnen halten am Bahnhof Hinterstoder. Die nächsten Flughäfen befinden sich in Linz und Salzburg. Skibusse verbinden Unterkünfte in der Region mit der Talstation der Hössbahn im Ortszentrum von Hinterstoder.

Skigebiete: Das Skigebiet Hinterstoder - Hutterer Höss (Tageskarten ab 44,50 Euro) bietet 40 Pistenkilometer mit Abfahrten für alle Schwierigkeitsgrade, darunter 12 Kilometer leichte Pisten. Eine Höhenloipe wird auf 4,4 Kilometern gespurt, es gibt zwei Schneeschuhtrails. Skibetrieb ist noch bis 6. April. Im Urlaubsgebiet Pyhrn-Priel gibt es außerdem das Skigebiet Wurzeralm mit 22 Pistenkilometern.

Skifahren lernen: Auf den Hutterer Böden befindet sich der Sunny-Kids-Park mit Übungsliften, Skikarussell, Förderbändern und Wellenbahnen. In der Skischule Hinterstoder kosten Gruppenkurse für Kinder und Erwachsene ab rund 210 Euro für fünf Halbtage, Privatunterricht ab 90 Euro pro Stunde.

Unterkunft: Es gibt etliche familienfreundliche Unterkünfte in unterschiedlichen Preislagen: Pensionen (z.B. Bäcker Ferdl), Gasthöfe, Ferienwohnungen (privat oder etwa im Landhaus Bürtlmaier) und Hotels. Manche liegen direkt an der Piste, etwa das Trifôret Alpin Resort mit Chalets und Außenpool direkt an der Hössbahn-Bergstation.

Weitere Auskünfte: urlaubsregion-pyhrn-priel.at