Rascher Wechsel von Sammel-Trends auf Schulhöfen
Frankfurt/Main/dpa. - Kleine, knallbunte Winzlinge von sonderbarer Statur stehen sich in zwei Reihen gegenüber. Wer die meisten umwirft, gewinnt. «Gogos» heißen die Hartplastikfiguren, die vor allem bei Kindergarten- und Grundschulkindern in Deutschland derzeit der Renner sind.
Die wenige Zentimeter großen Gestalten mit den Riesenköpfen, die «Mc Toy», «Speed» oder «Izumi» heißen, haben auf vielen Schulhöfen, Spielplätzen und Straßen die «Wrestling Chipz» abgelöst und konkurrieren schon mit der nächsten Sammel-Mode, Fußballkarten namens «Match Attax». Die Spielzeug-Trends wechseln rasch: «Die Kinder sind als Konsumenten-Zielgruppe in den letzten Jahren erheblich interessanter geworden», erläutert die Vorsitzende der hessischen Schulpsychologen, Claudia Raykowski.
Sammeln sei zwar für Kinder typisch, aber die Objekte der Begierde wechselten viel rascher und seien auch deutlich teurer als früher etwa die Murmeln, Heinzelmännchen- oder Fußballbilder, sagt Raykowski. «Die Trends werden auch in der TV-Werbung viel stärker gehypt.» Die Psychologin kann den Figuren, Karten und Chips nichts Positives abgewinnen, zumal die Kinder damit oft in einer «Art Glücks- oder Hütchenspielmanier» umgingen. «Es ist sinnvoll, wenn die Schulen das verbieten.» Ähnlich wie Gewalt oder Sucht sollte das Thema im Unterricht pädagogisch bearbeitet werden.
«Vorschulkinder können mit den Gogos Rechnen lernen», meint dagegen die Mutter eines sechs Jahre alten Fans der bunten Plastikzwerge. Denn je nachdem, wie die Figuren nach einem Wurf durch die Luft landen, bringen sie bis zu 5 Punkte - so lautet eine Spielregel. Ein Sticker-Album zu den Gogos - in einer Tüte für 1,50 Euro stecken neben drei Figuren auch Aufkleber - enthält eine Reihe unterschiedlicher Anleitungen für Spiele. Darunter ist auch «Battle» (Schlacht), bei dem jeder Spieler sechs Gogos in einer Reihe aufstellt und dann mit einem der Kerlchen versucht die Spielfiguren seines Gegners umzuwerfen. Der Gewinn ist oft die begehrteste Figur des Verlierers.
Zu den «Match-Attax»-Karten - ein Päckchen mit sechs Stück kostet am Kiosk einen Euro - gibt es ein aufwendiges Sammelalbum. Das dicke Heft, das an ein Fotoalbum erinnert, enthält unter anderem ein Spielfeld, auf dem sich die Karten-Mannschaften mit Punkten ausstechen können. Viele Kinder tragen aber auch einfach einen mit einem Gummiband zusammengehalten Stapel in der Hosentasche mit sich herum, in der Hoffnung, ihre doppelten Karten tauschen zu können. Heike Gescher von der Sonnenblumenschule im südhessischen Langen hat den Eindruck, dass sich die Sammel-Trends immer schneller ändern. «Wenn einer vorbei ist, können die Kinder das nur noch verschrotten. Das will ja dann niemand mehr tauschen oder sammeln», sagt die stellvertretende Leiterin der Grundschule mit rund 250 Kindern. «Wir hatten mit den Wrestling-Chips so viel Ärger, dass wir im Kollegium erstmals beschlossen haben, so etwas zu verbieten.»
Die Kinder hätten angefangen, sich die begehrten Plastikchips mit den Konterfeis amerikanischer Show-Ringer gegenseitig wegzunehmen und sich zu beklauen, erläutert Gescher. «Das Problem ist: Die einen Kinder können sich so was leisten und die anderen nicht.» Beim Zocken seien zudem die Viertklässler viel gewiefter als die jüngeren Schüler «und hauen die dann schon mal übers Ohr», weil sie genau wissen, welcher Chip mit welcher Figur welchen Wert hat, und dass etwa der goldene Rey Mysterio der Star ist. Die meisten Eltern seien über das Verbot froh, und die Kinder akzeptierten es.
«Die Kinder sollen sich in der Pause lieber bewegen oder spielen, als zocken», begründet Ariane Lerch von der Carl-Orff-Schule im Rodgau das Verbot an ihrer Grundschule. «Dann gehen Karten, Chips oder Gogos verloren und es heißt schnell, die hat mir einer geklaut», berichtet die Lehrerin. An einer Grundschule in einem wohlhabenderen Viertel in Kassel-Harleshausen wurden vor einigen Jahren die «Yo-Gi- Oh»-Sammelkarten verboten, weil sie bei einigen Kindern so stark begehrt waren, dass es immer wieder zu Konflikten auf dem Schulhof kam.