Psychologie Psychologie: An Pechtagen einfach nochmal neu anfangen
München/dpa. - Die Tasse Kaffee hat sich prompt über dieLieblingshose ergossen, und auf der Fahrt zur Arbeit ließ der Unfallsich nur um Haaresbreite vermeiden. Spätestens wenn dann im Büro nochder Lieblingskollege pampig reagiert, stellt sich die Frage: Wäre ichheute nicht besser im Bett geblieben?
Dabei ist der typische Pechtag eigentlich nur eine unglücklicheVerkettung von Zufällen. «Man sollte sich von der Illusion lösen,dass es eine monokausale Erklärung dafür gibt», rät Stephan Lermer,Psychotherapeut aus München. Es könne natürlich sein, dass Pechtageals solche empfunden werden. Meist hänge das aber einfach an dereigenen Wahrnehmung und Grundstimmung.
Denn oft beginnt der Pechtag nicht damit, dass man mit demfalschen Fuß aufsteht. «Es kann sein, dass uns am Morgen noch einschlechter Traum nachhängt, an den wir uns gar nicht erinnern», sagtLermer. An solchen Tagen sei das unbewusste Erfolgsprogramm von vornherein auf Scheitern gepolt.
Was dann abläuft, wird in der Psychologie mit dem Begriff«self-fullfilling prophecy» - die selbsterfüllende Prophezeiung - umschrieben, erklärt Andrea Häge, Diplompsychologin an derUniversität Ulm. Negative Ereignisse werden mit einer geschärftenWahrnehmung auf dem «Leidenskonto» verbucht und nicht mehr an derWirklichkeit überprüft, während positive Aspekte gern übersehenwerden, ergänzt Häge. «Gleichzeitig ist man unaufmerksam, weil mansich in Gedanken damit beschäftigt, was alles passieren könnte, unddamit anfälliger für weitere Missgeschicke.»
Der Kommunikationswissenschaftler und Psychotherapeut PaulWatzlawick schreibt dazu in der «Anleitung zum Unglücklichsein»: «DieProphezeiung des Ereignisses führt zum Ereignis der Prophezeiung.Voraussetzung ist nur, dass man sich selbst etwas prophezeit oderprophezeien lässt, und dass man es für eine unabhängig von einemselbst bestehende oder unmittelbar bevorstehende Tatsache hält.»
Dass es scheinbar die ganze Welt schlecht mit einem meint, liegeauch an der eigenen Ausstrahlung. «Mit hängenden Schultern undMundwinkeln bekommt man halt auch eher genervte oder missmutigeAntworten», sagt Häge. Und Christa Roth-Sackenheim, Vorsitzende desBerufsverbandes Deutscher Psychiater (BVDP), erklärt: «Genauso wieman Menschen ansieht, dass sie kein Selbstbewusstsein haben, siehtman ihnen an, dass sie einen Pechtag haben.» Das seien zwarAlltagsweisheiten, sie würden aber in Studien belegt, sagt Häge.
Doch es gibt auch neuropsychologische Erklärungen dafür, wenn sichdas Pech wie ein grauer Schleier über einen ganzen Tag zu legenscheint. «Es wird vermutet, dass die Einstellung sich wie ein Filterüber die Wahrnehmung legt», sagt Roth-Sackenheim. In der Folge werdenbestimmte Neuronen im Hirn unterdrückt. Außerdem werden andereneuronale Netze aktiviert als sonst, was unter anderem auch dieAufmerksamkeit beeinflussen kann. «Dann passiert eben so etwas, dassich vor dem Supermarkt den Euro im Einkaufswagen stecken lasse.»
Wer sich nicht dagegen wehrt, kann erleben, wie sich das Gefühl«mit dem falschen Fuß aufgestanden zu sein» den ganzen Tag überverstärkt, erklärt Christa Roth-Sackenheim. Dabei liegt es in dereigenen Hand, diese Misserfolgsspirale zu durchbrechen. Denn einEreignis löst nicht gleich Gefühle aus, erklärt Stephan Lermer.Dazwischen liegt die eigene Interpretation, und die sei dafürverantwortlich, ob ein Ereignis negativ oder positiv nachwirkt.
«Es liegt letztendlich an mir, ob ich das gelten lasse - nach demMotto "who is telling that"», sagt Lermer. Wer merkt, dass er mitschlechten Gefühlen in einen Tag hineingerauscht ist, sollte deshalbeinfach eine Pause machen. Dabei helfe, eine persönliche «undo»-Taste- ein Schalter, der die negativen Erlebnisse im Kopf löscht. «Ambesten dusche ich nochmal und gehe den Tag von vorne an.»
«Positives Denken hilft», bestätigt Andrea Häge. Dazu gehöre, sich mit Sätzen wie «Das wird trotz des schlechten Anfangs ein schönerTag!» oder «Das schaffst Du!» aufzubauen. Außerdem sollten sichPechvögel etwas Gutes tun, rät Lermer. «Legen Sie eine schöne CD auf,und drehen Sie das Radio mit den schlechten Nachrichten runter.»
Was es an einem Pechtag braucht, um wieder aufgebaut zu werden,hängt von jedem einzelnen ab. Manche Menschen seien mehr von außenoder mehr von innen gesteuert, sagt Lermer. «Extern Orientierte,lassen sich eher von Misserfolgen irritieren.» Und mit derentsprechenden Grundhaltung rutschen sie auch schneller mal in einenPechtag hinein.