Pflanzen Pflanzen: Sagen und Mythen ranken um die Myrte
Bonn/dpa. - Kleine schneeweiße Blüten und dunkelgrünes Laub - nüchtern betrachtet ist die Myrte nicht sonderlich spektakulär. Trotzdem wird sie von vielen Völkern verehrt, Mythen und Sagen ranken sich um die Pflanze.
Bei uns hat Myrte vor allem als Brautschmuck Tradition. Immer öfter ist sie aber auch als Topfpflanze auf der Fensterbank oder als Kübelpflanze im Garten zu finden.
Im Myrte steckt das griechische Wort «myron» für Balsam. Grund für die Namensgebung dürften die duftenden Blätter, Blüten und Früchte sein. Aber auch das altsemitische Wort «murr» für bitter wird darin vermutet - denn so schmecken die Myrtenbeeren. In Wein gekocht nutzten sie Griechen und Römer als Stärkungsmittel für den Magen. Plinius der Ältere empfahl 77 nach Christus den bitteren Myrtentrank sogar zur Reinigung der Galle. Heute hat sich die medizinische Verwendung auf die Atemwege verlagert. Das aus den Blättern gewonnene Myrtol hilft bei Bronchitis, Nasen- und Stirnhöhlenbeschwerden.
Den alten Persern war die Myrte wegen der Aromen, die der Pflanze entströmen, heilig. Ihre Priester entfachten Opferfeuer mit den aromatischen Zweigen. Griechen und Römer brachten den Strauch gleich mit einer ganzen Reihe von Gottheiten in Verbindung - allen voran Aphrodite und Venus. Der schöne Adonis soll sogar aus der glatten, seidigen Myrtenrinde entstanden sein.
Eine große Bedeutung hat der Myrtenstrauch im Judentum. Als Symbol des Friedens war er Grabbeigabe und ist darüber hinaus eines der vier Gehölze, deren Zweige zum Laubhüttenfest gesammelt werden. Besonders gefragt ist bei diesem Fest die breitblättrige Myrtus communis 'Romana'. Sie trägt daher im Volksmund den Namen Judenmyrte.
Angeboten wird diese Varietät heute aber eher selten. Die kleinblättrige Brautmyrte, Myrtus communis 'Microphylla', oder ihre kleinwüchsige Variante Myrtus communis 'Compacta' dominieren den Verkauf. Die Brautmyrte gilt als Inbegriff des Brautstandes: Das Weiß der Blüten symbolisiert Unschuld, die dunklen immergrünen Blätter stehen für die Hoffnung auf Eheglück, Erfüllung und Fruchtbarkeit, und der süße Duft soll an Liebe und Leidenschaft erinnern. Die Tochter des reichen Augsburger Händlers Jakob Fugger trug 1583 einen Kranz aus Myrte statt aus Rosmarin zur Hochzeit - und setzte damit modische Maßstäbe.
Die Tradition verlangt, dass das frische Grün nach der Hochzeit als Zeichen des Eheglücks eingepflanzt wird. Dabei macht es die Myrte ihren Gärtnern zunächst leicht: Im Sommer schlägt sie innerhalb von drei Wochen Wurzeln. Dann aber erweist sie sich als anspruchsvoll. Ohne Einfühlungsvermögen gedeiht sie nicht.
Im 18. und 19. Jahrhundert gab es kaum einen Haushalt ohne Myrte. Erst das 20. Jahrhundert machte der Pflanze mit zentral beheizten Wohnungen das Leben schwer, da sie Wintertemperaturen unter 15 Grad braucht. In Vergessenheit geriet sie trotzdem nicht. Mit der wachsenden Begeisterung für alles Mediterrane hält sie langsam wieder Einzug in sommerliche Gärten, auf Balkons und Terrassen. Wintergärten und Glasanbauten erleichtern der frostempfindlichen und lichtliebenden Myrte das Überleben.
Ein Standort mit Morgen- oder Abendsonne bekommt der Pflanze am besten. An einem sonnigen Platz braucht die Myrte viel Wasser. Zu viel Feuchtigkeit führt allerdings schnell zu Wurzelfäule. Außerdem vertragen Myrten keinen Kalk, weshalb bei sehr kalkhaltigem Leitungswasser Regenwasser die bessere Wahl ist.
Zum Umtopfen sollte deshalb weder kalkhaltige Erde noch die saure Rhododendronerde benutzt werden. Am besten mischt der Hobbygärtner herkömmliche Blumenerde mit Kokosfasern. Letztere sind chemisch neutral, sehr strukturstabil und bieten den Wurzeln das nötige Porenvolumen. Beim Eintopfen darf der Stammgrund der Myrte nicht mit Erde bedeckt werden, sonst droht Stammfäule.
Der richtige Zeitpunkt zum Umtopfen und Schneiden ist das Frühjahr. Von Ende April an sollte die Pflanze allerdings nicht mehr beschnitten werden, da sie sonst keine Blüten mehr ausbildet. Behutsames Düngen während der Wachstumszeit vom Frühjahr bis zum August gibt der Myrte dagegen Kraft zum Austreiben und zum Entwickeln der Knospen. Nur kurz vor und während der Blüte wird nicht gedüngt.
Mit der richtigen Pflege können Myrten sehr alt werden. Das älteste Gewächs dieser Art in Deutschland steht im Schaugarten Hermannshof in Weinheim und stammt aus einem Brautstrauß. 1879 wurde sie gepflanzt und misst inzwischen acht Meter Höhe und Breite.