Pflanzen Pflanzen: Natürliche Farbstoffe
Bonn/dpa. - Wer Rote Bete schält, sieht es an den Fingern: Pflanzen können färben. Seit Jahrtausenden gehören Färberpflanzen zur menschlichen Kultur.
Erst durch Chemiefarben gerieten sie in Vergessenheit. Zu den schönsten gehört die Schwarze Stockrose (Alcea rosea var. nigra). Eindrucksvoll ist ihr Meter hoher Blütenstand mit den purpurschwarzen Blütenrädern. Werden sie getrocknet, lässt sich Rot daraus gewinnen. Torten oder Bonbons lassen sich damit rosa und rot färben. Rotweine und Liköre gewinnen an Brillanz.
Ähnliche Dienste leistete früher die Kermesbeere (Phytolacca americana), eine stattliche Staude. Die Färberröte (Rubia tinctoria) - auch Krapp genannt - galt seit dem Altertum als wichtigste Pflanze für das Rotfärben von Stoffen. Die Farbe konzentriert sich im Wurzelstock.
Für die gelbe Farbe stehen zahlreiche Pflanzen zur Verfügung. Eine der schönsten ist die Färberkamille (Anthemis tinctoria). Von Juli bis September trägt sie goldgelbe Blütchen, die die Farbe liefern. Spätsommerliche Blumensträuße gewinnen durch die Färberdistel (Carthamus tinctoria) - Wolle oder Seide verhilft sie zu warmem Gelb.
Färberginster (Genista tinctoria), Johanniskraut (Hypericum perforatum) und Königskerze (Verbascum densiflorum) besitzen ebenfalls gelbe Farbstoffe. Der wohl älteste Gelblieferant fristet sein Dasein als Unkraut: Auf Schuttplätzen und an Bahndämmen wächst der Färberwau (Reseda luteola), auch Färberreseda genannt.
Mehr ins Orange spielt die Farbe aus den getrockneten Blüten des Mädchenauges (Coreopsis tinctoria). Als Zierpflanze strahlt dieses von Juli bis September in Gold, Kupferrot oder Braunrot. In Kinder- und Aquarellfarben wird seine Farbe gemischt, auch in gelbgetönter Wandfarbe aus dem Bioladen stecken Pigmente des Mädchenauges.
Wer zum Rot und Gelb das Grün sucht, kann zum Frauenmantel (Alchemilla vulgaris) oder dem Rainfarn (Tanacetum vulgare) greifen. Erstere Pflanze macht sich auch im Garten schön, die Zweite gilt als Unkraut. Wer ihrem Ausbreitungsdrang skeptisch gegenüber steht, mag es mit der Hängebirke (Betula pendula 'Youngii') versuchen.
Königliches Blau liefern nur zwei Pflanzen: Der Färberwaid (Isatis tinctoria) und der Echte Indigo (Indigofera tinctoria). Der Waid gelangte bis nach Ägypten, wo eine Prinzessin schon 1000 Jahre vor Christi Geburt ein Gewand mit waidgefärbtem Leinenfaden trug. Schon damals beherrschte man das komplizierte Blaufärben: Durch Gärung wurde aus dem Saft der Blätter die gelbe Vorform des Indigo. In der «Urinküpe» oxidierte diese zum wasserunlöslichen, blauen Indigo.
Im Garten ist der Indigostrauch unkompliziert. Der 150 Zentimeter hohe Strauch überrascht im Spätsommer mit purpurrosa Blütentrauben. Im Winter friert er meist völlig zurück, treibt aber wieder aus. Der zweijährige Waid schmückt sich erst im zweiten Jahr mit gelben Kreuzblütchen, die über dem blaugrünen Laub stehen.
Erschöpft ist die Palette der Färberpflanzen damit nicht: Walnuss und Eiche, Schwarzer Holunder, Vogelkirsche und vieles mehr waren als Farblieferanten bekannt. Dass noch mehr Arten Farbe bieten, macht eine Ausstellung im Stuttgarter Naturkundemuseum deutlich. Unter dem Motto «Verborgene Farben» zeigt die Baseler Künstlerin Kathrin Gerold-Spring bis zum 14. August 2005 ihre Arbeiten. Rinden, Hölzern, Blättern, Beeren oder Blüten entlockte sie Farben für ihre Werke.