«Park-Restaurant Vogelherd» in Zerbst «Park-Restaurant Vogelherd» in Zerbst: Draußen in der Feldmark
Halle (Saale)/MZ. - Es soll tatsächlich Besucher geben, die sich über die Lage des Vogelherd beschweren. Dabei gehört diese schon zu den absoluten Vorzügen des kleinen, aber feinen Restaurants. Draußen in der Feldmark, vor den Toren der Stadt Zerbst, lässt sich hier ein idyllischer Nachmittag oder Abend verbringen - ganz gleich, ob auf der Terrasse, im Kaminzimmer oder im gepflegten Restaurant des Hauses. Die letzten Meter führen über uraltes Kopfsteinpflaster, da heißt es natürlich abbremsen. Aber was für den fahrbaren Untersatz gut ist, erweist sich zugleich als Einstimmung für die Sinne. Der Vogelherd ist kein Ort der schnellen Durchreise, sondern des Verweilens und Genießens.
Empfangen wird der Gast auf dem Parkplatz von Stille, unterbrochen nur von Vogelgezwitscher. Das ist wie der Name des Hauses ein Hinweis auf seine Vergangenheit, denn an dieser Stelle befand sich vor über 300 Jahren eine Vogelfängerei. Das heute frisch gelb-weiß leuchtende Gebäude hat mit den Bauten von einst nichts mehr gemein, besticht dennoch mit seiner klassischen Ausstrahlung und ist ringsum umgeben von großen Bäumen. Vor der Terrasse breitet sich ein kleiner Ententeich aus.
So einladend wie das Äußere ist auch der Empfang: "Ich wünsche Ihnen zunächst einen wunderschönen Samstag-Nachmittag", begrüßt der junge Kellner mit ebenso zauberhafter wie überzeugender Freundlichkeit - das haben wir so vollendet selten erlebt. Umgehend sind Speise- und Weinkarten zur Hand, Getränkewünsche erfragt und erfüllt, bevor die Menüauswahl auch nur annähernd beendet ist. Die fällt auch viel leichter bei einem mit Sekt aufgefüllten Granatapfel-Sorbet (5,50 Euro).
Um die Gunst des Gastes wetteifern jede Menge delikater Angebote. Wie inzwischen vielerorts üblich bietet auch der Vogelherd ein Menü an, sowohl ein kleines zu 28 Euro als auch opulentere Varianten zu 42 und 52 Euro. Doch der Blick in die Karte verrät vor allem eines: Die Vorliebe der Hausherrin Gabriele Erdmann für Desserts. Die ist bekannt, so dass der Gast angesichts der Offerten, die ihm da gemacht werden, durchaus auf die Idee kommen kann, auf Vor- und Hauptspeise einfach zu verzichten und dafür alle leckeren Desserts auf einmal zu probieren. "Meisterlich sind ihre im ganzen Bundesland unerreichten Desserts", lobt folgerichtig auch der aktuelle Restaurantführer Gault Millau, der die insgesamt ambitionierte Küche des Vogelherds mit für Sachsen-Anhalt rekordverdächtigen 15 Punkten bewertet - und das seit Jahren.
Doch ein wunderbares Menü lässt sich wohl niemand entgehen und das beginnt mit einem leckeren Gruß aus der Küche, einer leicht-lockeren Gemüseschnitte. Die Auswahl der Vorspeise aus Angeboten wie Galantine von Perlhuhn und Ente mit Holundercremé oder Kalbsragout mit Sc. Hollandaise und Blätterteigcroutons fällt nicht leicht. Wer gleich mehrere Genüsse kosten möchte, wählt vielleicht die Suppen-Arie, die aus drei kleinen Suppentassen besteht, die jeweils pikant gefüllt sind: mit Hochzeitssuppe, Karotten-Ingwer-Süppchen und einer exzellent würzigen Wildsuppe. Vor allem das aromatisch-frische Karottensüppchen entfacht Begeisterung.
Die Hauptgänge bestechen durch die kluge Komposition nicht alltäglicher Zutaten und werben zugleich mit regionalen Produkten. Beispielsweise das Weidelamm von Schäfer Frischbier aus Luso, das als Gebratenes und Geschmortes vom Lamm mit Speckbohnen, Ratatouille und Serviettenknödeln zu 17 Euro serviert wird. Zudem wählen wir das Roastbeef-Steak mit Dijonsenfkruste, Bohnengemüse und Rosmarinkartoffeln zu 19 Euro. Ein Klassiker, der nicht besser auf den Teller gebracht werden kann. Butterzart das Fleisch, knackig-frisch die Bohnen, aromatisch die Rosmarinkartoffeln.
Bei der Weinauswahl steht Roland Erdmann, der Chef des Hauses, mit kompetentem Rat zur Seite. Den benötigt mancher, angesichts 120 Positionen in der Weinkarte. Eine Fülle, die keine Wünsche offen lassen sollte. Der gewählte Elbling vom Weingut Schloss Proschwitz in Sachsen (29,50 Euro) tut das jedenfalls nicht.
Und dann das spannende Finale: die Desserts. Gratinierte Rhabarbertarte mit Bachminzeis, Weiße Veilchen-Ivoiremousse mit Vanillebirnen und Amarettiparfait, Passionsfruchtmousse - da kann der Gast nur schwärmen, da werden Augen und Gaumen gleichermaßen wahrhaft verwöhnt.
Familie Erdmann betreibt das Haus bereits in dritter Generation. Die vierte wächst gerade heran, ist in Küche und Service zu finden - welch hoffnungsvoller Ausblick auf die weitere Zukunft. Da der Vogelherd Frische und Regionalität ganz groß schreibt, ist der auf die nahe Zukunft übrigens nicht weniger erfreulich, denn immerhin ist Spargelzeit. Und das auch und gerade in Zerbst - das sollte sich niemand entgehen lassen!
Einziger Wermutstropfen: Wer am Wochenende im Vogelherd speisen möchte, der muss beizeiten reservieren, denn dann sind Tische mehr als begehrt. In der Woche aber, da kann der Vogelherd sogar noch als Geheimtipp gelten. Dann ist es oft still und beschaulich. Und romantisch sowieso.
Park-Restaurant Vogelherd
Adresse: 39261 Zerbst/Anhalt, Lindauer Straße 78
Telefon: 03923/780444