Oper? Nein danke! Schüler erkunden eine fremde Welt
Osnabrück/dpa. - Oper? Nein danke! Dieser gerade unter Jugendlichen verbreiteten Meinung hat das Theater Osnabrück den Kampf angesagt. In einem Pilotprojekt wird versucht, junge Leute an das Genre heranzuführen.
Hauptschüler und Gymnasiasten begleiten Lorenzo Fioronis Neuinszenierung der Oper «Der Freischütz» von der ersten Probe bis zur Premiere. Die Jugendlichen nehmen an Workshops teil, unterhalten sich mit Dramaturgen und machen eine Exkursion in den Wald.
In Kalkriese im Osnabrücker Land, wo einst die Varusschlacht tobte, tauchen die Jugendlichen in eine Landschaft ein, wie sie im Werk beschrieben ist. 18 Neuntklässler stapfen durchs Unterholz - für viele von ihnen ein ungewöhnliches Unterfangen. Begleitet werden sie von Förster Werner Scholz. Er demonstriert, wie sich die Menschen vor 200 Jahren, zur Zeit des Freischütz', im Wald verständigt haben: Sie legten zum Beispiel Zweige, um den Weg zu weisen, oder kommunizierten über Hörner. Orchestermusiker Sascha Hermann bläst ein paar Töne. «Ist das schwer zu spielen?», will ein Mädchen wissen. Sie darf es ausprobieren. Unter dem Gelächter der Kameraden erzeugt sie zunächst nur heiße Luft, ehe sie dem Instrument einige Laute entlockt.
Die Natur zu erleben steht beim Außentermin auf dem Programm: Die Schüler lauschen dem Gesang der Vögel und klettern durch eine Schlucht, die der «Wolfsschlucht» in der Oper ähnelt. Zudem suchen sie Verbindungen zwischen dem Werk und ihrem Leben: So erarbeiten die Schüler mit einem Theaterpädagogen, was für sie eine Mutprobe ist. Mit der zweimonatigen Entdeckungsreise soll den Teilnehmern die Hemmung vor der Oper genommen werden.
Der Freischütz biete sich an, weil er verschiedene Lesarten zulasse, sagt Theaterpädagogin Anja Deu. «Oper ist nicht nur Pavarotti, sondern eine Sache bei den Menschen mitten in der Stadt», meint Dramaturgin Dorit Schleissing. Das Osnabrücker Haus verfolge das ehrgeizige Ziel, jeden Jugendlichen während seiner Schulzeit wenigstens einmal ins Theater zu führen.
«'Was will ich hier?', habe sie anfangs gedacht, schildert die 14-jährige Alessa. Die Opernwelt war ihr unbekannt, nun sei sie «positiv überrascht». Die Gymnasiastin hatte sich wie ihre Mitstreiter freiwillig für das Projekt gemeldet. «Oper ist was für Reiche», war Emirs Ansicht. Jetzt schätze er es, «ein bisschen deutsche Kultur» mitzubekommen, sagt der 14-Jährige. Er würde sich nun sogar in Begleitung anderer zu einem Opernbesuch überreden lassen. Hauptschüler Denis hört sich inzwischen im Internet Opern an, «um zu verstehen, was die singen». Beim «Freischütz» kennt er sich jetzt aus. Die Projektgruppe fiebert der Opern-Premiere am 26. September entgegen. Dabei wird auch ihre eigene Präsentation gezeigt, die sie mit den Osnabrücker Symphonikern aufgenommen hat.