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Nur noch 500 Tierpräparatoren - Berufsstand droht das Aus

Von Grit Büttner 30.08.2007, 10:14

Goldberg/Witten/dpa. - Mit ruhiger Hand setzt er die Nadeln, rund um die Augen, an Ohren und Hals. Präzision ist gefragt, meint Klaus-Dieter Jost aus dem mecklenburgischen Goldberg (Kreis Parchim).

Die Metallstifte werden die Haut des Kängurus beim Trocknen festhalten. Damit am Ende alles passt, das Präparat eines natürlich verendeten Zoobewohners lebendig, sauber und korrekt aussieht, erklärt der 50-Jährige. Er sei Naturfreund, seit er denken kann, meint er. Und beseelt davon, Tiere für die Ewigkeit zu bewahren. «Doch der Beruf ernährt einen kaum, irgendwie gehört auch der zoologische Präparator zu einer aussterbenden Spezies.»

Sie sind selten geworden und haben inzwischen zu wenig Arbeit, bestätigt Hagen Schulz-Hanke, Vorsitzender des Verbandes Deutscher Präparatoren (Witten/Nordrhein-Westfalen). Der Grund dafür sei zweischneidig: Artenschutz sei durchaus ein Problem, da Material zum Präparieren verloren ginge. Obwohl geschützte Tiere ohnehin nur nach natürlichem Tod und mit Genehmigung behandelt würden. «Man darf doch nicht mal ein totes Eichhörnchen aufheben», so Jost aus Goldberg. Der Bundesverband strebt jetzt ein einheitliches Kennzeichnen der Präparate mittels eingespritztem Chip an, um Kontrollmöglichkeiten und letztlich die Akzeptanz für das Konservieren auch geschützter Arten zu erhöhen.

Jost fand als Hobby-Ornithologe zu seinem Beruf. Der gelernte Polsterer aus dem brandenburgischen Cottbus wurde im Fernstudium Ingenieur für Präparationstechnik. Neben der Arbeit im Goldberger Heimatmuseum büffelte der leidenschaftliche Fotograf vier Jahre lang Tieranatomie, zoologische Geographie, Zeichnen, Modellieren, Materialkunde und Verarbeitungstechniken. 1991 machte er sich selbstständig.

Sein «faunarium» ist ein Blockhaus im Garten. Die kleine Werkstatt mutet wie ein bunt zusammengewürfelten Naturkundemuseum an: Vögel, Fische, Füchse, Marder, kapitale Hirsche und angriffslustige Keiler treffen in diesem tierischen Sammelsurium auf Dinosaurier und speerbewaffnete Steinzeitmenschen. Mit dem Gestalten von Figuren, Landschaften oder kompletten Ausstellungen für Museen und Naturparks, aktuell für Wittenhagen bei Feldberg (Brandenburg), kann Jost sein Brot auch dann verdienen, wenn Aufträge für Jagdtrophäen, Lehrmittel und Präparate heimischer Tiere ausbleiben.

Weit zurück in die Vergangenheit geht es, wenn riesige Mammut- oder Saurierknochen nachgebildet oder gar mit viel Kunststoff, Gips und Farbe spektakulär zu «neuem Leben» erweckt werden. Nur: Vernachlässigt würde dabei die einfache «Wald- und Wiesenbiologie», klagt Verbandschef Schulz-Hanke. Institute wären davon ebenso betroffen wie Museen.

Es fehle Geld für Pflege und Neuerwerb konservierter Tiere, Präparate landeten sogar auf dem Müll. «Sammlungen sind bedroht, wenn sie niemand betreut.» Im Bio-Unterricht bekämen Schüler kaum mehr heimische Singvögel oder Säuger vor die Nase gesetzt, mangelndes Interesse und miese Noten in Naturwissenschaften seien also kein Wunder, meint der Experte. Artenkenntnisse gingen verloren und echte, anschauliche Nachweise über Lebewesen.

Bundesweit gibt es nach Verbandsangaben noch rund 500 Präparatoren, davon 300 zoologische, die meisten freiberuflich mit eigener Werkstatt. Ausgebildet wird nur noch in Bochum. Dem Berufsstand zwischen Handwerk, Kunst und Wissenschaft, dessen Ursprünge bis zu den Mumifizierungen der alten Ägypter zurückreichen sollen, drohe in Deutschland das Aus. Der Markt für Präparationen ist inzwischen absolut begrenzt, Geld für Lehrmittel und Museumsstücke immer knapper, weiß Jost. Aus gleichem Grunde machten sich Züchter rar. Beutetiere, ob von heimischer Pirsch oder Afrika-Safari, würden immer seltener gebracht. Die volkstümliche Annahme, ein Tierpräparator könne niemals verhungern, stimme wohl nicht mehr, so der Mecklenburger.

Berufsverband für Präparatoren: www.praeparation.de