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Nachwuchssorgen Nachwuchssorgen: Viele Paare bleiben lange ungewollt kinderlos

Von Sabine Maurer 05.09.2005, 12:21

Wiesbaden/dpa. - «Er hat mich kaum untersucht und mir einfach nur gesagt, ich solle nicht so ungeduldig sein», sagt die 33-jährige Wiesbadenerin. Als sie sechs Monate später immer noch nicht schwanger war, wechselte sie den Arzt und bekam eine niederschmetternde Diagnose: Ihre beiden Eileiter seien stark verklebt und der Hormonhaushalt völlig durcheinander. Auch eine Operation half nicht weiter. Auf natürlichem Weg hat die 33- Jährige kaum noch eine Chance, ihren Traum von einem Kind zu verwirklichen.

Wie viele Paare in Deutschland an ungewollter Kinderlosigkeit leiden, ist nicht bekannt. Nach Auskunft des bei der Ärztekammer Schleswig-Holstein angesiedelten Registers über künstliche Befruchtungen in Deutschland gab es 2003 knapp 108 000 deartige Behandlungen - so viele wie nie zuvor. Rund 10 200 Kinder kamen in jenem Jahr dank der Fortpflanzungsmedizin zur Welt, die Fehlgeburtenrate betrug 20 Prozent. Als Folge der Gesundheitsreform rechnen die Fachleute jedoch mit einer deutlich gesunkenen Zahl von künstlichen Befruchtungen.

«Bei uns werden seit dem 1. Januar 2004 nur noch halb so viele künstliche Befruchtungen durchgeführt», erzählt Thomas Hahn vom Kinderwunsch-Zentrum in Wiesbaden. Genaue Zahlen möchte er nicht nennen. Seit Anfang 2004 erstatten die Krankenkassen nicht mehr alle Kosten der Behandlung, sondern nur noch für die ersten drei Versuche jeweils die Hälfte. Die Paare müssen seitdem pro Befruchtung im Schnitt etwa 1500 Euro zahlen und vom vierten Versuch an sämtliche Kosten übernehmen.

«Eigentlich müsste man in dem nachwuchsarmen Deutschland doch Leuten mit Kinderwunsch die Füße küssen. Stattdessen wird es ihnen sogar noch schwer gemacht», meint Hahn. Die Bundesregierung hatte die Gesetzesänderung damit begründet, dass Unfruchtbarkeit keine Krankheit und damit die Finanzierung der Behandlung für die Krankenkassen eine versicherungsfremde Leistung sei.

Aus Sicht der Familienpolitik sei die Erfüllung eines Kinderwunschs aber natürlich unterstützenswert, sagt die Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums in Berlin, Annelies Ilona Klug. Daher habe man sich zu dem Kompromiss entschlossen, die Behandlung teilweise zu unterstützen. Da alle weiteren Versuche nach der dritten künstlichen Befruchtung in der Regel erfolglos blieben, würden diese nicht mehr finanziert.

Für Marie K. und ihren Mann war das Thema künstliche Befruchtung lange Zeit tabu gewesen. Vor allem die In-vitro-Fertilisation, die Befruchtung der Eizelle außerhalb des Körpers, lehnten sie als «völlig unnatürlich» ab. Doch als die Frau trotz zweier Hormonbehandlungen nicht schwanger wurde und eine Insemination - das Einleiten der Spermien direkt in die Gebärmutter - nicht Erfolg versprechend war, freundeten sich die beiden langsam mit diesem Gedanken an.

Weil nur Ehepaare den Zuschuss der Krankenkasse bekommen, heiraten Marie K. und ihr Partner. Sechs Monate später ließ sich die Frau im Wiesbadener Kinderwunsch-Zentrum zwei befruchtete Eizellen einsetzen. «Es war alles ganz unspektakulär und ich war auch gar nicht so aufgeregt», erinnert sie sich. Viel nervöser war sie wenige Wochen später beim Schwangerschaftstest. Das Ergebnis war negativ und das Paar am Boden zerstört. «Ich werde es aber noch einmal versuchen», sagt Marie K. «Allerdings müssen wir erst ein wenig sparen.»