Mit dem Altpapier zur «Bank»
Bützow/dpa. - Sie mag Papier in jeder Form, ob bunt, weiß oder bedruckt, ob neu oder alt. Astrid Schmidtke, Händlerin für Bastelutensilien und Spielzeug, betreibt in Bützow-Neuendorf (Kreis Güstrow) Mecklenburg-Vorpommerns erste «Papierbank».
Dies tue sie aus eigener Umwelt-Überzeugung, sagt sie. Die neue Annahmestelle für Recyclingstoffe wie Papier und Pappe, Textilien und Schrott ist ein Franchise-Unternehmen der Berliner Papierbank, die nach eigenen Angaben an bundesweit 55 Standorten ihre Kunden für abgelieferte Wertstoffe bezahlt.
«Wir geben den Leuten ein wenig zurück und behalten Arbeit in der Region», hofft auch die Betreiberin in Bützow. Zu ihr kämen Rentner, Kinder, Familien, Vereine. «Wir wollen Schulprojekte initiieren und soziale Einrichtungen ansprechen», sagt Schmidtke. Bei ihren Kunden komme die Idee jedenfalls gut an. Bis zu 30 Sammler trügen ihre Bündel, Kisten und Kartons jeden Donnerstag, dem wöchentlichen Annahmetag, zu ihr. Jetzt suche sie einen zweiten Mann für ihren Wertstoffhof, der bislang von Vater Dieter Schmidtke allein betreut werde.
Während das Annahmesystem für die Jüngeren durchaus Neuland bedeute, sei es den Älteren wohlbekannt, berichtet die Papierbank- Unternehmerin. «Sero», die Sekundärrohstofferfassung in der DDR, zahlte einst Bargeld für Altpapier und Glas. Die Papierbank, die diese Ost-Idee jetzt recycelt, schreibt die abgelieferten Mengen auf Kundenkonten gut und überweist die gesammelten Beträge ab zehn Euro. Für jedes Kilogramm Papier gibt es fünf bis sechs Cent, für Altmetall acht und für Folien zehn Cent, erklärt Schmidtke.
Initiator für die neuen Annahmestellen nach altem Ost-Vorbild ist der Westberliner Diplom-Ingenieur Dirk Bernhardt aus Kreuzberg. Der sattelte 2004 auf die Sammelleidenschaft vieler Ostdeutscher auf und hob die erste Papierbank aus der Taufe. Neben mittlerweile 55 bestehenden Standorten - insbesondere in Berlin und Brandenburg - gebe es derzeit 180 weitere Franchise-Anfragen aus der ganzen Bundesrepublik, sagt Unternehmenssprecherin Petra Götting.
Sie schätzt die Zahl der sammelnden «Bank»-Kunden bereits auf knapp 100 000 und die 2007 deutschlandweit abgegebene Menge auf rund 20 000 Tonnen. «Das System funktioniert bundesweit: Im Osten durch den Wiedererkennungseffekt, im Westen ziehen vor allem Sparsamkeit und grünes Gewissen», sagt sie. Hintergrund des boomenden Geschäfts sei indes der weltweit drastisch steigende Papierpreis. Mittlerweile zahlt die Industrie laut Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft (Berlin) rund 80 bis 100 Euro je Tonne Altpapier, doppelt so viel wie noch vor 16 Monaten, so Verbandssprecher Karsten Hintzmann.
Grund dafür sei der wachsende Papierhunger auch in neuen Märkten wie China und Indien, wo insbesondere die Nachfrage nach deutschem, gut sortiertem Altpapier zunehme. Erstmals in diesem Jahr werde Deutschlands auch selbst wieder Altpapier importieren müssen. Mit der Zugabe von altem Papier zur Neupapierherstellung ließen sich dank moderner Technologien die Energiekosten der Produktion um bis zu 50 Prozent verringern.
Liste der Abgabestellen: www.papierbank.de