Leserforum zum Thema Erbrecht Leserforum zum Thema Erbrecht: Erben als Hartz-IV-Empfänger

Halle (Saale) - Regina L., Landkreis Mansfeld-Südharz: Mein Sohn ist 48 Jahre alt und bezieht Alg II. Was würde in meinem Todesfall passieren? Ich würde ihm rund 90.000 Euro Gespartes hinterlassen.
Antwort: Das Erbe würde Ihrem Sohn in dem Monat Ihres Todes als Einkommen angerechnet werden. Damit fiele er ab diesem Monat aus dem Bezug des Alg II heraus, da sein Einkommen höher ist als sein monatlicher Bedarf. Zur Prüfung wird der Paragraf 11 Absatz 3 SGB II herangezogen. Demnach wird das Erbe, sprich die einmalige Einnahme, auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufgeteilt und monatlich mit dem entsprechenden Teilbetrag von 15.000 Euro (90.000 Euro geteilt durch 6) berücksichtigt. Da das Einkommen damit in dieser Zeit den monatlichen Bedarf übersteigt, hat Ihr Sohn keinen Anspruch auf Alg II. Sofern Ihr Sohn nach Ablauf des halben Jahres erneut einen Antrag auf Alg II stellt, wird das noch vorhandene Geld nun als Vermögen berücksichtigt. Für Vermögenswerte gelten höhere Freibeträge, so dass Ihr Sohn gegebenenfalls erneut Anspruch auf Alg II hat. Übersteigt das noch vorhandene Geld den Vermögensfreibetrag allerdings, besteht auch kein Anspruch auf Alg II. Beachten Sie: In den Monaten, in denen Ihr Sohn kein Alg II bezieht, muss er sich freiwillig krankenversichern. Ratsam ist es auch, sich beim Arbeitsamt arbeitssuchend zu melden, da diese Zeiten für die Rentenanwartschaft zählen.
Peter H., Saalekreis: Ich beziehe Alg II. Es ist absehbar, dass ich zeitnah eine größere Geldsumme erben werde, womit ich ja aus Hartz IV herausfalle. Wenn ich nun nach einem halben Jahr einen neuen Antrag stelle, muss ich dem Jobcenter dann nachweisen, wofür ich das Geld ausgegeben habe? Ich könnte mir vorstellen, eine kleine Eigentumswohnung zu kaufen.
Antwort: Grundsätzlich müssen Sie dem Jobcenter nicht nachweisen, wofür Sie Ihre einmalige Einnahme, sprich das Erbe, ausgeben. Denn mit dem Geld auf Ihrem Konto fallen Sie aus dem Alg-II-Bezug heraus. Wenn Sie allerdings später einen neuen Antrag stellen möchten, verbietet sich ein grundloses Verschwenden des Geldes von selbst, da Sie sich in solch einem Falle mutwillig hilfebedürftig machen und Sanktionen gegen Sie verhängt werden können. Der Kauf einer kleinen Eigentumswohnung, die nach der Wohnungsfläche als angemessen gilt und in der Sie selbst wohnen möchten, ist durchaus möglich. Die Wohnung würde bei einem Neuantrag als vorhandenes Vermögen betrachtet und unterliegt bei Selbstnutzung den geltenden Freibeträgen.
Christa F., Querfurt: Ich (50) bekomme Witwenrente, habe einen 3,5-Stunden-Job und muss jetzt einen Antrag auf Arbeitslosengeld II (Alg II) stellen. Wieviel Geld kann ich als Vermögen besitzen?
Antwort: Der Vermögensfreibetrag eines Alg-II-Beziehers richtet sich nach seinem Lebensalter. Alle nach dem 1. Januar 1948 Geborenen haben einen Vermögensfreibetrag von 150 Euro pro vollendetem Lebensjahr. Außerdem gibt es einen einmaligen Vermögensfreibetrag für notwendige Anschaffungen von 750 Euro. Auf Sie bezogen bedeutet das: 50 mal 150 Euro plus 750 Euro. Das heißt, Ihr Vermögensfreibetrag beträgt 8 250 Euro. Sollten Sie einen geschützten Altersvorsorge-Vertrag abgeschlossen haben, kämen noch 750 Euro pro Lebensjahr dazu. Damit würde sich Ihr Vermögensfreibetrag um maximal 37 500 Euro (50 mal 750 Euro) erhöhen. Unabhängig davon sollten Sie wissen, dass Ihre Witwenrente und Ihr Jobverdienst als Einkommen gelten und entsprechend auf den Alg-II-Bezug angerechnet werden.
Elke H., Hettstedt: Können Sie bitte sagen, wie hoch das individuelle Vermögen sein darf, ohne dass es auf Alg II angerechnet wird?
Antwort: Alle nach dem 1. Januar 1948 Geborenen haben einen Vermögensfreibetrag von 150 Euro pro vollendetem Lebensjahr. Außerdem gibt es einen einmaligen Vermögensfreibetrag für notwendige Anschaffungen von 750 Euro. Zudem kommt ein Freibetrag von 750 Euro pro Lebensjahr für Vermögen in einem Altersvorsorgevertrag hinzu. Dieser muss zwingend so gestaltet sein, dass er einen Verwertungsausschluss bis zum Renteneintritt einschließt. Zusätzlich ist das geförderte Vermögen in der Riester-Rente geschützt. Die Freibeträge gelten in einer Bedarfsgemeinschaft (Ehepaar) je für Mann und Frau. Achtung Ausnahme: Für alle vor dem 1. Januar 1948 Geborenen beträgt der Vermögensfreibetrag 520 Euro pro vollendetem Lebensjahr. Für Kinder in der Bedarfsgemeinschaft gilt ein Vermögensfreibetrag je Kind von 3 100 Euro plus einmalig 750 Euro je Kind für notwendige Anschaffungen.
Jutta K., Wittenberg: Mein Mann und ich erhalten ab November Alg II. Unser Sohn, 22 Jahre, ist zwar einwohnermeldeamtlich noch bei uns gemeldet, wohnt aber ausnahmslos bei seiner Freundin. Er arbeitet auf Montage. Wird der Sohn noch zu der Bedarfsgemeinschaft von meinem Mann und mir zugerechnet?
Antwort: Nein. Es gilt die Tatsachenangabe und danach zählt der Sohn nicht mehr zu Ihrer Bedarfsgemeinschaft. Ausschlaggebend dafür ist nicht Ihre Wohnung gemäß Einwohnermeldestelle, sondern laut Paragraf 36 Sozialgesetzbuch II der „gewöhnliche Aufenthalt“ Ihres Sohnes. Dies ist die Wohnung seiner Freundin. Hier hat er seinen Lebensmittelpunkt. Bei der Antragstellung auf Alg II müssen Sie demzufolge angeben, dass Ihr Sohn noch bei Ihnen gemeldet ist, aber woanders wohnt.
Miriam S., Wolfen: Ich bekomme Alg II. Meine Tochter leistet ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) und erhält dafür monatlich 200 Euro Taschengeld und 100 Euro Ersatzleistung. Wieso werden die 100 Euro auf meinen Alg-II-Bezug angerechnet? Meine Tochter hat auch Fahrkosten.
Antwort: Bei der Vergütung eines FSJ gilt generell ein Freibetrag von 200 Euro, der nicht auf den Alg-II-Bezug angerechnet wird. Das ist in der Alg-II-Verordnung Paragraf 1 Absatz 7 festgeschrieben. Der Freibetrag von 200 Euro setzt sich zusammen aus einem Betrag von 60 Euro und 140 Euro für sonstige Kosten des FSJ-Absolventen, in denen auch die Fahr- und Verpflegungskosten enthalten sind. Es sei denn, die Fahrkosten zum Beispiel würden über 140 Euro hinausgehen. Dann könnte die Differenz zu diesen erhöhten Fahrkosten berücksichtigt werden. Das bedarf der Einzelfallprüfung und setzt einen Nachweis über die tatsächlich entstandenen Kosten voraus. Alles, was über den 200 Euro liegt, wird auf den Regelbedarf angerechnet. Das würde sich in Ihrem Fall auf die von Ihnen genannten 100 Euro beziehen.
Bernd L. Dessau-Roßlau: Falls ich in Zukunft eventuell Alg II beziehen muss: Wie sehen derzeit die Angemessenheitsgrenzen für ein selbst genutztes Einfamilienhaus aus?
Antwort: Die Angemessenheitsgrenze für die Größe eines selbst genutzten Einfamilienhauses ist von der Personenzahl abhängig. Wird es von ein bis zwei Personen bewohnt, sind 90 Quadratmeter angemessen, für jede weitere Person sind 20 Quadratmeter mehr zugelassen. Ist das selbst genutzte Einfamilienhaus größer, erfolgt eine Einzelfallprüfung. Die Grundstücksgröße richtet sich in der Angemessenheitsfrage nach der Lage. Im ländlichen Gebiet sind bis 800 Quadratmeter angemessen, im städtischen Gebiet bis 500 Quadratmeter.
Martina B., Mansfeld-Südharz: Wir beziehen Alg II und besitzen Haus und Grundstück in den Angemessenheitsgrenzen. Außerdem haben wir noch ein Hang-Grundstück, das 2 000 Quadratmeter groß ist. Es ist weder Bau- noch Ackerland und nichts wert, wie man uns sagte. Das Jobcenter verlangt, dass wir dieses Grundstück verkaufen, weil damit unser Vermögensfreibetrag überschritten wird. Solange das nicht passiert ist, steht uns kein Alg II zu. Was können wir tun?
Antwort: Falls durch das Grundstück Ihr Vermögensfreibetrag überschritten wird, kann das Jobcenter verlangen, dass Sie das Grundstück verkaufen. Dafür muss zunächst der Wert des Grundstückes ermittelt werden. Das Jobcenter kann im Rahmen der Amtshilfe ein kostenloses Wertgutachten anfertigen lassen. Bestehen Sie darauf! Danach müssten Sie dem Jobcenter darlegen und Ihre Bemühungen nachweisen, dass Sie gewillt sind, das Grundstück zu verkaufen - beispielsweise durch Anbringen eines Verkaufsschildes, Anzeigen, Aushänge, Makler. Für die Zeit der Verkaufsbemühungen können Sie beim Jobcenter ein Alg-II-Darlehen beantragen. Bei Verkauf des Grundstückes wird es mit dem Erlös gegengerechnet. Sollte sich trotz aller Verkaufsbemühungen herausstellen, dass sich das Grundstück nicht veräußern lässt, zählt es als nicht verwertbares Vermögen und führt nicht zur Ablehnung des Alg-II-Leistungsbezuges. In der Folge bräuchten Sie auch das Alg-II-Darlehen nicht zurückzubezahlen. Das besagt Paragraf 24 Absatz 5 Sozialgesetzbuch II sowie die dazugehörigen Weisungen.
Petra R., Merseburg: Mein Mann und ich erhalten ab November Alg II. Wir wohnen in einem Haus, das wir unserem Sohn seit längerem überschrieben haben. Wir haben ein notariell beglaubigtes Nießbrauchsrecht, zahlen also keine Miete. Unser Sohn als Eigentümer des Hauses wohnt in einer anderen Stadt. Zählt der Sohn zu unserer Bedarfsgemeinschaft? Wie verhält es sich mit unseren Wohnkosten?
Antwort: Ihr Sohn hat in einer anderen Stadt seinen gewöhnlichen Aufenthalt und zählt somit nicht zu der Bedarfsgemeinschaft von Ihnen und Ihrem Mann. Da Sie über ein notariell beglaubigtes Nießbrauchsrecht verfügen, müssten Sie das dem Jobcenter nachweisen. Nach Ihrer Schilderung zahlen Sie zwar keine Miete, aber die Betriebskosten. Diese sowie mögliche sonstige „Wohnkosten“ werden vom Jobcenter übernommen, soweit sie sich in den Angemessenheitsgrenzen bewegen.
Klaus P., Zeitz: Wie viel bleibt mir von einem 450 Euro-Nebenjob?
Antwort: Generell können Sie von Ihrem Nebenjob einen Grundfreibetrag von 100 Euro abziehen. Von den verbleibenden 350 Euro dürfen Sie 20 Prozent behalten, also 70 Euro. Insgesamt bleiben demnach 170 Euro anrechnungsfrei.
Heike R., Weißenfels: Inwieweit wird meine Witwenrente von 510 Euro auf Alg II angerechnet?
Antwort: Witwenrenten werden voll auf den Alg-II-Bezug angerechnet, abzüglich einer Versicherungspauschale von 30 Euro, bei vorhandenem Pkw des Kfz-Haftpflichtbeitrages oder eines eventuellen Riester-Rentenbeitrages.
Gerd T., Quedlinburg: Wir beziehen Alg II und sind mit einer Entscheidung nicht einverstanden. Die Widerspruchsfrist ist vorbei. Welche Fristen gelten für einen Überprüfungsantrag?
Antwort: Für die Überprüfung eines Bescheides gelten als Frist die verbleibenden Monate des laufenden Jahres und das davorliegende Kalenderjahr.
Hannes B., Wittenberg: Ich beziehe Alg II. Da ich im Januar nächsten Jahres 63 Jahre alt werde, verlangt das Jobcenter von mir, einen vorzeitigen Rentenantrag zu stellen - Rente mit 63 mit Abschlag. Ist das rechtens? Gibt es dazu ein Urteil des Bundessozialgerichts?
Antwort: Das Jobcenter ist laut Paragraf 12a SGB II berechtigt, Sie zu einem möglichen vorzeitigen Rentenantrag aufzufordern. Sie können dagegen Widerspruch einlegen und letztlich den Klageweg beschreiten. Ein höchstrichterliches Urteil des Bundessozialgerichts liegt bisher dazu nicht vor.
Karl H., Mansfeld-Südharz: Ich war Bergmann unter Tage. Jetzt erhalte ich Krankengeld in Höhe von 1 300 Euro. Meine Frau bekam aufgrund meines Gehaltes kein Alg-II. Könnte es ihr jetzt infolge meines niedrigeren Entgeltes zustehen? Unsere Warmmiete beträgt 500 Euro.
Antwort: Das könnte grenzwertig sein. Es empfiehlt sich, Alg II zu beantragen und das durchrechnen zu lassen. Sie und Ihre Frau bilden eine Bedarfsgemeinschaft und erhalten je 353 Euro, zusammen mit Ihrer Warmmiete von 500 Euro ergibt sich ein Bedarf von 1 206 Euro für sie beide. Davon können Sie noch bestimmte Freibeträge abziehen, beispielsweise die Kfz-Haftpflicht, 30 Euro für Versicherungsbeiträge.
Greta W., Salzlandkreis: Ich werde zeitnah Hartz IV beantragen müssen. Wie verhält es sich dann mit dem Kinderzuschlag und Wohngeld, das ich derzeit beziehe? Mein Mann bezieht Alg I.
Antwort: Grundsätzlich hat ein Alg-II-Bezieher keinen Anspruch auf Kinderzuschlag und Wohngeld. Nachteile entstehen Ihnen aber nicht: Bei der Bearbeitung Ihres Alg-II-Antrages wird automatisch geprüft, ob die Summe von Kinderzuschlag und Wohngeld höher ist als ein möglicher Alg-II-Anspruch. In diesem Fall würde kein Alg II gezahlt, sondern weiter Kindergeldzuschlag und Wohngeld. Das besagt Paragraf 12a SGB II. Allerdings könnten Sie dennoch Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket beantragen. Kornelia Noack und Dorothea Reinert notierten Fragen und Antworten. (mz)