Klassisches Handwerk Klassisches Handwerk: Die neue Ausbildung zur Bestattungsfachkraft

Düsseldorf/dpa. - «Bestatter? Ach herrje, die verkaufen docheh nur Särge und holen die Toten ab.» Dieses Vorurteil bekommt SaschaAltes nicht selten zu hören. Dabei liebt der 21-Jährige diesen Beruf,und genau deshalb hat er sich nun dazu entschlossen, die dreijährigeAusbildung zur geprüften Bestattungsfachkraft zu absolvieren. «DerBeruf des Bestatters ist unglaublich vielseitig, man hat viel mitMenschen zu tun und die verschiedensten Dinge zu erledigen», erzähltAltes, der seit dem 1. August die Berufsausbildung in einemalteingesessenen Düsseldorfer Bestattungsunternehmen absolviert.
Sascha Altes ist einer der 360 zukünftigen Bestatter, die derzeitnach der seit dem 1. August geltenden neuen Ausbildungsordnunglernen. Von den bundesweit 3800 Bestattungsinstituten bilden 12Prozent aus, so der Bundesverbandes Deutscher Bestatter (BDB) inDüsseldorf. Verbandsgeschäftsführer Rolf Lichtner sieht es sehrpositiv, dass die bisherige, berufsbegleitende Ausbildung nun in eineVerordnung mit festen Ausbildungsmodulen geändert wurde.
Eine tariflich festgelegte Ausbildungsvergütung gibt es nicht. Inder Regel verdient ein Azubi zwischen 320 Euro im ersten und 420 Euroim dritten Lehrjahr. Der Inhalt der aktualisierten Ausbildungsordnungist breit gefächert. Das Organisieren von Trauerfeiern, dasBearbeiten von Bestattungsaufträgen und Verwaltungsaufgaben gehörenebenso dazu wie Umwelt- und Gesundheitsschutz sowie der Umgang mitRiten und Gebräuchen der verschiedensten Kulturen und Religionen.«Auf die Azubis kommt nicht nur fachlich einiges zu, aber sie wissenja auch, auf was sie sich einlassen», sagt Thomas Borowiec vomBundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn.
Bei diesem Berufsbild stelle man sich als Lehr-Verantwortlicherschon auch manches Mal die Frage, ob man diese - vor allempsychischen - Belastungen den Jugendlichen überhaupt zumuten könne.«Doch diese Frage kann man ganz klar mit Ja beantworten», betontBorowiec. Denn im Grunde sei der Beruf des Bestatters hauptsächlicheines: ein klassischer Handwerksberuf.
Gleichwohl ist «Handwerk» der Begriff, den die wenigsten Menschentatsächlich mit dem Beruf des Bestatters verbinden. Und doch sehensich die «Totengräber», wie sie häufig im Volksmund genannt werden,als genau das. «Wir sind eigentlich ein ganz normaler Bürobetrieb, indem durchaus auch einmal gelacht werden darf», erzählt dieBestatterin Almut Salm aus Düsseldorf. Natürlich spiele diepsychologische Komponente eine wichtige Rolle in ihrem Beruf.
Schließlich habe man nicht nur den täglichen «Umgang» mit denToten, sondern vor allem mit deren trauernden Hinterbliebenen, beidem viel Fingerspitzengefühl gefragt sei. Seit fast 16 Jahrenarbeitet die 50-jährige Düsseldorferin nun in diesem Beruf, undeigentlich mache ihr nur eines richtig zu schaffen: «Wenn dieAngehörigen eine anonyme Beerdigung wünschen und den Verstorbenenohne irgendeine Feierlichkeit oder dergleichen so schnell als möglichunter die Erde bringen möchten: Da muss ich schon schlucken.»
Eine Erfahrung, die ihr Azubi Altes allerdings bislang noch nichtmachen musste - und das, obwohl er seit seinem 15. Lebensjahr imelterlichen Bestattungsbetrieb mitgeholfen und in seinem jungen Lebenschon zahlreiche Tote und auch viel Leid gesehen hat. Gleichwohl ister froh um den psychologischen Teil innerhalb der Ausbildung, derteilweise von der Universität Regensburg übernommen wird.
Dort arbeitet der Theologe und Psychologe Prof. Thomas Schnelzermit den Auszubildenden und versucht ihnen vor allem einesklarzumachen: «Indem man den Umgang mit dem Tod ins Lächerlichezieht, tut man sich keinen Gefallen. Man sollte diese Belastung alspositive Herausforderung ansehen und entsprechend würdevoll damitumgehen.» Er versucht, den Azubis dabei zu helfen, ihre Gefühlerichtig einzuordnen. «Natürlich geben viele nicht preis, wie eswirklich in ihnen aussieht; aber man kann mit ein bisschenpsychologischer Schulung schon einiges erreichen.»
«Viele meinen, dem Bestatter hafte eine latent morbide Stimmungan, und er laufe stets mit gesenktem Kopf durch die Welt», sagtBDB-Geschäftsführer Lichtner. «Aber dem ist ganz und gar nicht so.»Schließlich sei der Tod etwas Natürliches, mit dem sich jederirgendwann beschäftigen müsse; zudem sterbe ja nicht jeder Mensch auftragische Art und Weise.
Das sieht auch Azubi Sascha Altes so, den die tägliche Berührungmit dem Tod keineswegs belastet, sondern die im Gegenteil vielPositives birgt. «Aus den Begegnungen mit manchen Hinterbliebenensind sogar im Lauf der Jahre richtig gute Freundschaften geworden,weil man sich in der Zeit des Trauerns sehr nahe gekommen ist»,erzählt er. Für ihn ging mit der Zusage für die Ausbildungsstelle imBestattungsinstitut ein Wunschtraum in Erfüllung.
Informationen: Bundesverband Deutscher Bestatter, VolmerswertherStraße 79, 40221 Düsseldorf (Tel.: 0211/16 00 810); Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB),Robert-Schuman-Platz 3, 53175 Bonn)