Viren in Kita und Schule Kind krank: Wie Eltern kleiner Kinder den Winter überleben
Köln - Die wirklich großen Herausforderungen sind die Momente, mit denen wir nicht rechnen. Noch schlimmer: In denen wir das Gegenteil von dem erwarten, was dann eintritt. Die Rede ist von Kindern. Im Speziellen: Von kranken Kindern.
Da bekommt man sie nach der Geburt im Krankenhaus mitgegeben und denkt: Wow, die geben mir dieses kleine Bündel Leben wirklich mit nach Hause. Und das klappt dann auch noch – irgendwie. Klar sind wir mal müde, aber im Großen und Ganzen können wir stolz sagen: Ja, das Kleine hat unser anfängliches Stümpertum wirklich überlebt.
Kita, Schule: Endlich mehr Zeit für die Eltern?
Mit der Zeit träumen wir Eltern uns dann doch zurück in den Job und auch das Konto lächelt uns ein müdes „Auftanken, bitte“ entgegen. Also beginnen wir die Eingewöhnung in der Krippe oder Kita und denken: Toll, jetzt werde ich endlich wieder mehr Zeit für mich selbst haben. Das ist der erste große Trugschluss in unserer Elternschaft. Denn wenn die Eingewöhnung eins bringt, dann sind es Krankheiten. Des Dramas erster Akt.
Die Dauer-Rotz-Nase, der Magen-Darm-Virus, die Bindehaut-Entzündung – unser Kind nimmt alles mit, was es kriegen kann.
Und bei jedem „Guten Morgen, aktuell in der Kita: Läuse, Hand-Fuß-Mund-Krankheit, Scharlach“-Schild bekommen wir Eltern einen halben Kreislauf-Zusammenbruch. Den atmen wir aber ganz schnell weg, weil wir als Eltern natürlich nicht auch noch krank werden dürfen. Wir müssen doch funktionieren!
Eltern jonglieren zwischen Job, Haushalt und Kinderkrankheiten
Nach einem halben bis ganzen Jahr schauen wir dann lächelnd und stolz zurück auf diese Anfangszeit, in der wir eigentlich hätten arbeiten sollen, die wir aber den Kotzeimer haltend auf diversen Toiletten verbrachten, während wir am Handy versuchten, eine Betreuung für die nächsten zwei Stunden im Meeting zu organisieren.
Wenn Eltern den Kinderarzt öfter sehen als den Partner
Oder die wir beim Kinderarzt verbrachten, mit dem man uns bereits eine Affäre nachgesagt, weil wir ihn öfter sehen als unseren Ehepartner. Damals, haha, denken wir dann und lehnen uns zurück und denken überlegen: Yeah. Die schlimmste Phase haben wir geschafft. Unser Kind hat jetzt ein Immunsystem.
Und wie ist das in einem guten Drama? Genau, wenn der Held glaubt, es geschafft zu haben, wird er hinterrücks von einem Spezialkommando überfallen. Im Falle der elterlichen Dramaturgie: von Killerviren. Des Dramas zweiter Akt beginnt dann erst.
Denn wenn das Kind erstmal immun gegen all die Kita-Keime ist, dann steht ja auch schon die Einschulung an. Und Einschulung heißt: Wieder neue Kinder, wieder neue fiese Erreger, von denen das Immunsystem unserer Schützlinge noch nie gehört hat.
Treuepunkte im Schleim-Schlaraffenland
Und während uns der Chef im Büro bereits vermisst gemeldet hat, weil wir vor lauter Kind-Krank-Tagen gar nicht mehr auftauchen oder weil er uns durch die vielen grauen Haare aufgrund durchwachter Nächte nicht mehr wiedererkennt oder weil wir schlicht auf dem Schreibtisch hinter dem Laptop eingeschlafen sind, weil die Nacht wieder so hart war, sammelt unser Kind fleißig neue Treuepunkte im Schleim-Schlaraffenland Schule.
Wer glaubt, das Drama würde hier übertrieben dargestellt, der gebe bitte einmal das Hashtag #wazifubo bei Twitter ein. Dieses wurde nämlich eigens für leidgeplagte Eltern kranker Kinder eingeführt und ist die Abkürzung für Warte-zimmer-fuß-boden.
Den fotografieren Mütter und Väter nämlich vor lauter Verzweiflung, um ihren Followern ein kleines „Oooch, Du Arme“ aus der Tastatur zu leiern. Aber auch um zu zeigen: Ihr seid nicht allein! Und wir krankheitsgeschundenen Eltern greifen schließlich nach jedem kleinsten Strohhalm! Wazibufo also! Wir haben doch alle kranke Kinder!
Elternschaft ähnelt in ihren Auswüchsen einem Medizinstudium
Kopfweh, Bauchschmerz, Windpocken, Durchfall. Viren, Bakterien. Antibiotika oder Kügelchen. Kein Medizinstudent kennt sich besser aus als wir Eltern nach Jahren der Kita- und Schulerfahrung. Und während wir die vielen letzten Krankheitswochen Revue passieren lassen, merken wir gar nicht, wie gesund die letzten Wochen verlaufen sind. Weil wir vor lauter Panik vor dem nächsten Morgen, an dem das Kind wieder mit Fieber, Pusteln oder Hausaufgaben-Allergie erwacht, gar nicht mehr so richtig abschalten können.
Dann, ja dann, wenn der Druck durch die Unvereinbarkeit von Krankheit, Schule und Arbeit und die Sorge um das Wohlergehen der Sprösslinge abklingen, dann wird es Zeit, auch selbst mal Schwäche zu zeigen – und sich mit eine fetten Nebenhöhlenentzündung ins Bett zu hauen. Des Dramas dritter – und hoffentlich letzter Akt.