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Keine Ausflugsfahrt: Tretboot-WM in Rostock

Von Joachim Mangler 16.08.2007, 11:55

Rostock/dpa. - Gemächlich treten Hannes Lindner (22) und Hannes Prommer (25) in die Pedale ihres Tretbootes. Doch mit einem gemütlichen Ausflug auf dem Wasser hat das nichts zu tun. Sie trainieren für die Tretboot-Weltmeisterschaft an diesem Wochenende in Rostock.

Dass das Ganze nicht nur Spaß ist, zeigen die Schwimmwesten, die beide während ihrer Fahrt auf der Warnow vor der Silhouette Rostocks tragen. «Die sind Pflicht bei der WM», sagt Fabian Klumb (24), der als Sprecher des 15-köpfigen Teams fungiert. Kurz darauf geben Lindner und Prommer «Gas», pflügen das zu dieser Jahreszeit trübe Warnow-Wasser um und zeigen den Umstehenden, welche Power in ihrem Tretboot steckt. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 23,4 Stundenkilometern, ein Wert, mit dem sie jüngst im polnischen Danzig (Gdansk) bei der International Waterbike Regatta (IWR) den 100-Meter-Sprint gewannen. «Deshalb gehören wir auch zu den Favoriten bei dieser Königsdisziplin», ist sich Klumb sicher.

10 Mannschaften mit 20 Booten werden am Wochenende erwartet, sie kommen aus Deutschland, Italien, Holland und Brasilien, dabei ist auch ein kombiniertes Team aus den USA, Österreich und Holland. Es können auch mehr werden, die Organisatoren sind da flexibel. Das Rostocker Boot fällt im Vergleich zur Konkurrenz dadurch auf, dass die Fahrer quer zur Fahrtrichtung sitzen. «Das hat den Vorteil, dass wir kein Umlenkgetriebe brauchen und damit bis zu 10 Kilo Gewicht einsparen», sagt Klumb. 44 Kilo ist das Boot schwer, es war damit in Danzig 11 Kilo leichter als die Nummer zwei in dieser Rangliste.

Die jungen Leute haben sich in der Rostocker Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik an der Universität Rostock getroffen. Einige studieren bereits Schiffbau, andere wollen dies nach den eben abgeschlossenen Vordiplomprüfungen angehen. Eben diese Prüfungen waren der Grund, dass sie in den vergangenen Tagen kaum zum Trainieren gekommen sind - was aber die Siegeszuversicht kaum bremst.

Die Studenten bauen keine gemütlichen Boote, sondern «kompromisslos schnelle Renntretboote», sagt der wissenschaftliche Institutsmitarbeiter Michael Zimmermann. Mit dem Bau möglichst schneller und gut zu manövrierender Tretboote könnten die Studenten praxisnah Schiffbautechniken lernen. Verbaut werden ausschließlich Hightech-Materialien wie Carbongewebe, extrem steifer Schaum und hochfestes Aluminium. «Und sie lernen, wie man Sponsorengeld eintreibt», ergänzt sein Kollege Gernot Knieling, der «baff erstaunt» war, dass die Studenten bei verschiedenen Unternehmen rund 15 000 Euro für den Bau und die Organisation der WM organisiert haben.

«Anna X» hat die Form eines polynesischen Kanus mit Nebenrumpf und ist sechs Meter lang. Es ist eine Neuentwicklung nach dem Boot «Anna», das Ingenieurstudenten Mitte der 80er Jahre in Rostock bauten. Allerdings schlief in den 90er Jahren die Tradition ein und wurde erst vor vier Jahren wiedererweckt. 2006 entstand im Strömungskanal der Uni «Renate», das zweite Waterbike, mit dem die Rostocker bei der WM vertreten sind. «Aber im Vergleich zu 'Anna X' ist 'Renate' ein Spaßboot und nicht konkurrenzfähig», sagt Klumb.

Regeln gibt es bei der WM so gut wie keine, berichtet er. Die Boote müssen nur selbst gebaut sein, und es darf kein Energiespeicher als Fremdantrieb an Bord sein. «Es basiert alles auf Fairplay.» So sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Ein Boot wird einem Stepper-Hometrainer vergleichbar im kombinierten Arm- und Beinbetrieb bewegt. Ein anderes sieht aus wie eine Ente, die Flügel sind unter Wasser, oben wird gehüpft.

Die Rostocker hoffen auf viele hundert Besucher am Wochenende. Diese werden neben dem 100-Meter-Sprint das 15-Meter-Beschleunigungsrennen und ein Slalomrennen verfolgen können. Zudem gibt es erstmals in der Geschichte ein Vier-Stunden-Rennen, dabei dürfen dann die Sportler ausgetauscht werden. Dass dabei der eine oder andere ins Wasser fällt, gilt als sicher.

Infos zur Tretboot-WM: www.waterbike-wm.de.vu