1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Kaffee: Kaffee: Hightech für tässchenweise Spezialitäten

Kaffee Kaffee: Hightech für tässchenweise Spezialitäten

Von Tobias Wiethoff 17.05.2005, 14:51

Hamburg/dpa. - Früher war alles ganz einfach: Kaffee war Kaffee und wurde mit Filtertüten aufgebrüht. Doch dann begannen die Deutschen, sich zu einem Volk von Kaffee-Gourmets zu entwickeln.

Espresso, Cappuccino, Caffè Crema, Café au lait, Caffè Latte, Latte Macchiato - wer mit diesen Begriffen nicht weltmännisch jonglieren kann, droht lifestyletechnisch ins Abseits zu geraten.

In immer mehr Haushalten steht neben der normalen Kaffeemaschine ein zweites Gerät, das tässchenweise Spezialitäten ausspuckt. Besonders beliebt sind Vollautomaten, bei denen der Anwender nur das Einfüllen der Bohnen und die Wahl der Kaffeesorte zu übernehmen hat. Doch diese Systeme sind teuer: So kostet der Sieger im jüngsten Vergleichstest der Stiftung Warentest, die Jura Impressa F50, 900 Euro.

Günstiger sind Geräte mit Siebträger, die vor den Espressogenuss allerdings eine recht mühsame Handhabung stellen. Als Kompromiss bieten sich Pads- oder Kapselsysteme an. Hier liegt die Schwierigkeit darin, sich in der Vielfalt der Systeme für das passende zu entscheiden. Einige produzieren Espresso, andere nur einen etwas verfeinerten Kaffee. Wieder andere nehmen es mit beiden Sorten auf.

Die größte Verbreitung hat bisher das Senseo-System von Philips gefunden. Seit dem Marktstart im Jahr 2001 wurden nach Angaben des Herstellers mehr als zwei Millionen Maschinen zu Preisen ab 60 Euro verkauft. Diese tragen zwar einen gewissen Espresso-Look zur Schau. Aus den Düsen strömt aber nur Kaffee. Zum einen stellen die Pads die richtige Dosierung des Kaffees sicher. Zum anderen zaubert das Brühsystem den sonst für Espresso typischen, nussbraunen Schaum auf die Oberfläche, die so genannte Crema.

«Unser Kaffee ist kein Espresso», räumt Markus Klug von Philips ein. «Aber der Deutsche ist auch kein typischer Espressotrinker. Er bevorzugt mildere Sorten.» Senseo richtet sich demnach vor allem an normale Kaffeetrinker, die zwar die tägliche Dosis verkleinern, den Genussfaktor aber dabei steigern wollen.

Im vergangenen Jahr kam auch Kaffeespezialist Melitta mit einem Einzelportionssystem auf den Markt. Es trägt den Namen «My Cup». Während Philips mit den Senseo-Pads einen Standard etablierte, dem sich inzwischen andere Kaffee- und Elektrohersteller angeschlossen haben, ist das Melitta-System nicht kompatibel: Die My-Cup-Pads funktionieren nur in der My-Cup-Maschine. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum sich die Verkaufserwartungen bislang nicht erfüllt haben und der Preis der Maschine von 139 auf 99 Euro gesenkt wurde.

99 Euro - das ist auch der Kampfpreis einer Maschine, die Anfang des Jahres bei Tchibo in die Regale kam. «Cafissimo» arbeitet nicht mit weichen Pads, sondern luftdicht versiegelten Kapseln. Das Gerät kann wie die Systeme von Philips und Melitta einzelne Tassen von Filterkaffee zubereiten. Da der Wasserdruck von 5 auf 15 bar gesteigert werden kann, sind auch Varianten wie Caffè Crema und sogar Espresso möglich.

Diese Vielseitigkeit verleiht der «Cafissimo» eine Sonderstellung. Da der Preis zudem unter dem der meisten reinen Espressomaschinen liegt, griffen die Kunden beherzt zu. Da die Käufer auch künftig mit Kapseln versorgt werden müssen, ist das System im Gegensatz zu Aktionsware auf Dauer angelegt. Derzeit sind vier Sorten erhältlich, zu Preisen zwischen 1,99 und 2,99 Euro pro Zehnerpackung.

«Wir sehen das neue System schon als ernst zu nehmenden Konkurrenten, aber auch als Bestätigung für Nespresso als Vorreiter bei portioniertem Kaffee», sagt Gerhard Berssenbrügge, Chef der Nestlé-Tochter Nespresso bei Lausanne (Schweiz).

Nestlé hat mit der Entwicklung des Systems in den siebziger Jahren begonnen. Um die Versorgung mit Kapseln zu garantieren, setzte man von Anfang an auf Direktvertrieb. Während die Nespresso-Maschinen der Marken Krups, Jura oder Siemens im regulären Fachhandel stehen, sind die Kapseln nur telefonisch oder per Internet bestellbar. Zwar hat Nespresso zudem Verkaufsboutiquen eingerichtet, doch gibt es davon in Deutschland erst drei: in Düsseldorf, Hamburg und München.

Bei Nespresso gibt es keinen Filterkaffee, sondern Espresso, den aber für zwei unterschiedliche Tassengrößen und in insgesamt zwölf Geschmacksrichtungen. «Wir machen aus Kaffee-Amateuren Kaffee-Profis», verspricht Berssenbrügge. Allerdings lässt sich Nespresso diesen Unterricht auch gebührend bezahlen: Die kleineren Kapseln kosten 31, die größeren 33 Cent.

Die Anzahl der Pads- und Kapselsysteme ist damit noch nicht aufgezählt. So gibt es unter dem Kürzel E.S.E. (Easy Serving Espresso) auch Pads mit Espressokaffee. Die Hardware dafür stammt von Marken wie Krups oder DeLonghi, die Software von namhaften italienischen Kaffeeherstellern. Der Kraft-Konzern hat überdies kürzlich in Frankreich und der Schweiz das System «Tassimo» lanciert, das mit so genannten Discs arbeitet und neben Kaffee und Espresso auch Tee und heiße Schokolade erzeugt.