Check im Unternehmen Was kann und darf der Betriebsarzt?
Wer zum Betriebsarzt gehen soll, vermutet dahinter vielleicht direkt böse Absichten des Arbeitgebers. Die Zuständigkeiten sind aber klar abgesteckt. Was Beschäftigte wissen müssen.
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Berlin - Einmal im Jahr gegen Grippe impfen lassen – und fertig: Manche Beschäftigte haben in ihrem Berufsleben wenig Berührungspunkte mit einer Betriebsärztin oder einem Betriebsarzt. Andere dagegen werden vom Arbeitgeber hingeschickt. Wobei sich viele die Frage stellen, was der Betriebsarzt eigentlich genau darf - und wie weit die Zuständigkeit reicht. Antworten auf wichtige Fragen.
Wo gibt es Betriebsärzte – und welche Aufgaben haben sie?
Gesetzlich vorgeschrieben sind Betriebsärzte für alle Unternehmen mit mindestens einer beschäftigten Person. Sie müssen aber nicht immer fest im Betrieb angestellt sein oder gar dauerhaft vor Ort sein.
„Kleine Firmen können gegebenenfalls in Absprache mit der Berufsgenossenschaft viele Aufgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes selbst übernehmen“, sagt Vera Stich-Kreitner, Mitglied des Präsidiums des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte.
Betriebsärzte beraten Unternehmen zu allen medizinischen Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Daneben kümmern sie sich um die individuelle Betreuung der Beschäftigten in allen Fragen zur Gesundheit am Arbeitsplatz. „Betriebsärzte organisieren auch die Erste Hilfe bei medizinischen Notfällen“, sagt Falk Liebers, Facharzt für Arbeitsmedizin bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Baua).
Welche Untersuchungen und Beratungen bieten Betriebsärzte typischerweise an?
Die gesetzlichen Vorgaben unterscheiden zwischen einer arbeitsmedizinischen Angebots-, Pflicht- und Wunschvorsorge.
- Angebotsvorsorge: Der Arbeitgeber muss diese Vorsorge in bestimmten Fällen anbieten, wenn bei bestimmten Expositionen erhöhte berufliche Belastungen am Arbeitsplatz vorliegen: bei Tätigkeiten im Freien mit erhöhter UV-Belastung etwa. Beschäftigte können, müssen aber nicht an der Vorsorge teilnehmen.
- Pflichtvorsorge: Der Arbeitgeber müsse zum Beispiel bei „Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen“ eine Pflichtvorsorge in regelmäßigen Abständen veranlassen, so Stich-Kreitner. Beschäftigte müssen zwingend teilnehmen – oder sich zumindest beraten lassen –, ansonsten darf der Arbeitgeber sie für Aufgaben, die der Pflichtvorsorge unterliegen, nicht mehr einsetzen.
- Wunschvorsorge: Die Initiative hierfür geht von der oder dem Beschäftigten bei Beschwerden im Zusammenhang mit der Tätigkeit aus und erfolgt in Absprache mit dem Arbeitgeber. Der Arbeitgeber kann eine Wunschvorsorge in der Regel nicht verweigern.
Welche weiteren Aufgaben haben sie?
Betriebsärztinnen und -ärzte bieten darüber hinaus unter anderem allgemeine Impfungen sowie Beratung bei Gesundheitsproblemen oder zur Wiedereingliederung nach längerer Auszeit an. Auch die Themen Gesundheitsförderung, Prävention und Arbeitsschutz bilden sie ab.
Sie übernehmen teils auch sogenannte Einstellungsuntersuchungen - sie dienen dem Arbeitgeber dazu, allgemein Auskunft über die gegenwärtige Eignung eines Bewerbers oder einer Bewerberin für einen zu besetzenden Arbeitsplatz zu erlangen. Beispiel: Wer sich auf eine Stelle im Gesundheitsbereich beworben hat und dort mit allergenen Stoffen im Labor zu tun haben wird, kann zum Beispiel auf Allergien oder Asthma getestet werden.
Die Kosten für den Betriebsarzt oder die Betriebsärztin zahlt grundsätzlich das jeweilige Unternehmen.
Wann sollte man den Betriebsarzt von sich aus aufsuchen?
„Immer dann, wenn etwas zu klären ist, was die Erwerbstätigkeit einschränken könnte oder wenn es den Verdacht gibt, dass gesundheitliche Beschwerden von der Arbeit kommen“, sagt Liebers.
Ein Beispiel: Ein Beschäftigter in einer metallverarbeitenden Firma hat ein Ekzem an der Hand. Die genaue Ursache ist unklar, aber es gibt den Verdacht, dass das Ekzem bei der Arbeit entstanden ist. Der Betriebsarzt könne den Beschäftigten dazu beraten, wie er weiter vorgeht. Zum Beispiel, wie er den individuellen Hautschutz verbessert. Auch sei zu klären, ob das Ekzem gegebenenfalls als Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit bei der zuständigen Unfallversicherung zu melden ist, so Liebers.
Was dürfen Betriebsärzte an den Arbeitgeber weitergeben?
Generell gilt die ärztliche Schweigepflicht. „Das heißt, Betriebsärzte dürfen nur mit ausdrücklicher Einwilligung des oder der Beschäftigten persönliche oder medizinische Daten an den Arbeitgeber weiterleiten“, sagt Liebers. Die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt informiert den Arbeitgeber nur allgemein darüber, wie gegebenenfalls die Arbeitsbedingungen in einem Unternehmen verbessert werden können.
Beschäftigte können sicher sein, dass vom Betriebsarzt die Vertraulichkeit ihrer persönlichen und medizinischen Daten garantiert ist. Beschäftigte sind aber aufgefordert, sich von einem Betriebsarzt beraten lassen, wenn sie vermuten, dass gesundheitliche Beschwerden mit dem Job zu tun haben. „Nur so lassen sich unter Umständen an einem Arbeitsplatz Risiken für die Gesundheit erkennen“, so Liebers.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren, etwa dem Hausarzt?
Auch hier gilt: „Ein Austausch von Befunden und Informationen erfolgt nur, wenn der oder die Beschäftigte ausdrücklich damit einverstanden ist“, sagt Stich-Kreitner. Betriebsärzte verweisen Beschäftigte nicht selten zu Haus- oder Fachärzten, wenn sich etwa aus der Vorsorge der Bedarf für eine weitere Behandlung ergibt. „Dies erfolgt in der Regel informell, also ohne Überweisungsformular“, so Stich-Kreitner.