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Hitze am Arbeitsplatz Arbeitsrecht: 5 Fakten zu heißen Tagen im Job

Ein heißer Tag bei der Arbeit: Damit muss man im Sommer rechnen. Eine Hitzewelle aber kann Beschäftigen ganz schön zu schaffen machen. Was gilt dann rechtlich?

Von Amelie Breitenhuber, dpa Aktualisiert: 28.06.2024, 15:09
Auf Baustellen gibt es kein Hitzefrei. Arbeitgeber müssen ihre Beschäftigten bei hohen Temperaturen aber schützen, etwa durch Verlagerung der Arbeitszeiten in kühlere Stunden.
Auf Baustellen gibt es kein Hitzefrei. Arbeitgeber müssen ihre Beschäftigten bei hohen Temperaturen aber schützen, etwa durch Verlagerung der Arbeitszeiten in kühlere Stunden. Sina Schuldt/dpa/dpa-tmn

Berlin - Im Büro steht die Luft, im Lagerraum hat es 30 Grad und auf der Baustelle knallt die Sonne: Wie soll man da noch arbeiten? Und muss man das überhaupt? Welche Rechte Beschäftigte an heißen Tagen im Job haben - und welche nicht: 

1. Einen Anspruch auf Hitzefrei gibt es nicht

Einen allgemeinen Anspruch auf Hitzefrei kennt das deutsche Arbeitsrecht nicht, sagt Till Bender von der Rechtsschutzabteilung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). Der Arbeitgeber sei aber gesetzlich verpflichtet, die Arbeit so zu gestalten, „dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden wird“. Dazu gehört dem Rechtsexperten zufolge auch der Schutz vor extremen Temperaturen. 

Hier kommt die sogenannte Arbeitsstättenverordnung ins Spiel. Sie regelt, dass Arbeitgeber dafür sorgen müssen, dass die Temperaturen in Arbeitsräumen „gesundheitlich zuträgliche“ Bedingungen aufweisen. Konkreter wird es dann in der technischen Regel für Arbeitsstätten zum Thema Raumtemperatur. Die gibt beispielhaft Maßnahmen vor, aus denen Arbeitgeber auswählen können, wenn es zu heiß wird.

Bei über 26 Grad Außen- und Innenlufttemperatur sind die Maßnahmen ein Soll. Steigt die Temperatur in den Arbeitsräumen auf über 30 Grad Celsius, muss der Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen. Bei über 35 Grad Celsius seien normale Bürotätigkeiten im Raum nicht mehr zulässig, so Bender. Es sei denn, es werden zusätzliche Schutzmaßnahmen getroffen wie beispielsweise das Tragen von Hitzeschutzkleidung.

Zu geeigneten Maßnahmen zählen etwa Ventilatoren oder Klimaanlagen, die Lockerung der Kleiderordnung, die Verlagerung der Arbeitszeiten oder die Bereitstellung von ausreichend Getränken. „Es ist aber letzten Endes die Entscheidung des Arbeitgebers, welche Maßnahmen er trifft“, fasst Bender zusammen. 

2. Arbeit einstellen bei Hitze: nur in letzter Konsequenz

Wenn Beschäftigte den Arbeitsplatz als zu heiß empfinden, ist es dennoch keine gute Idee, einfach das Büro oder die Lagerhalle zu verlassen. Im schlechtesten Fall riskiert man so eine Abmahnung. Sind Beschäftigte am Arbeitsplatz aber so großer Hitze ausgesetzt, dass dadurch ihre Gesundheit gefährdet ist - und unternimmt der Arbeitgeber keine Anstrengungen dagegen, dürfen Beschäftigte laut Bender „in letzter Konsequenz“ die Arbeit einstellen.

Der Rechtsexperte empfiehlt aber, sich vor diesem Schritt ernsthaft um Abhilfe zu bemühen und beim Arbeitgeber auf entsprechende Maßnahmen zu drängen. Gibt es im Betrieb eine Fachkraft für Arbeitssicherheit oder einen Betriebsrat, können sie bei einer internen Klärung helfen. 

3. Die Kleiderordnung gilt auch an heißen Tagen

„Auch die im Betrieb übliche Kleiderordnung dürfen Beschäftigte nicht einfach so beiseite wischen, wenn es ihnen zu heiß wird“, stellt Till Bender klar. Die Lockerung der Bekleidungsregeln wird zwar ausdrücklich als Maßnahme in den Arbeitsstättenregeln erwähnt, die Entscheidung liegt aber letztendlich beim Arbeitgeber. 

Auch in diesem Punkt sei es ratsam, Konflikte nicht unnötig eskalieren zu lassen, so Bender. Er rät: Das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen, auf die Situation hinweisen, im Optimalfall konkrete Vorschläge machen. Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, ist das Gremium der richtige Ansprechpartner für Beschäftige. Der Betriebsrat habe beim Thema Kleiderordnung ein echtes Mitbestimmungsrecht. Sowohl bei der Einführung als auch bei der Änderung eines betrieblichen Dresscodes muss er beteiligt sein.

Im besten Fall gibt es schon vor einer Hitzewelle konkrete Regelungen, die festlegen, wie locker sich Beschäftigte bei hohen Temperaturen kleiden dürfen. Etwa, dass bei Überschreiten einer bestimmten Raumtemperatur das Jackett und die Krawatte abgelegt werden dürfen, wie Bender anführt. 

Der Rechtsschutzexperte verweist aber auch auf Grenzen. So dürfen die Vorschriften zum Arbeitsschutz nicht einfach aufgehoben werden. „Auch bei sehr hohen Temperaturen dürfen also Sicherheitsschuhe nicht durch Sandalen ersetzt werden.“

4. Kein Anspruch auf kostenfreie Getränke vom Arbeitgeber

Als geeignete Maßnahme wird es zwar empfohlen, aber: Einen „allgemeinen Anspruch auf Freigetränke ab einer bestimmten Raumtemperatur“ gibt es Till Bender zufolge ebenfalls nicht. Es sei denn, im Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag ist etwas anderes festgelegt. 

Bender weist darauf hin, dass die konkrete Ausgestaltung der Fürsorgepflicht zwar dem Arbeitgeber überlassen bleibt. „Allerdings ist nur schwer vorstellbar, wie ein Arbeitgeber der Dehydrierung seiner Mitarbeitenden entgegenwirken kann, ohne ihnen Getränke zur Verfügung zu stellen.“ Verweigert er sich dennoch, gilt auch hier, das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen und sich um eine gemeinsame Lösung bemühen.

Ein Anspruch kommt zudem bei der sogenannten „Hitzearbeit“ infrage. Darunter versteht man Tätigkeiten, bei denen es durch eine Mehrfachbelastung aus Hitze, körperlicher Arbeit und weiteren Faktoren wie Schutzkleidung zum Anstieg der Körpertemperatur kommt - etwa im Straßenbau in der prallen Mittagssonne.

5. Schwangere haben besondere Rechte

Schwangere haben in Deutschland besondere Rechte und Schutzmaßnahmen, die auch in Situationen mit extremen Temperaturen greifen. Konkret muss der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung durchführen und so sicherstellen, dass die Arbeitsbedingungen für Schwangere sicher sind.

Bei extremen Temperaturen muss der Arbeitgeber Bender zufolge prüfen, ob diese eine Gefahr für die schwangere Mitarbeiterin darstellen und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen ergreifen. Ist das nicht möglich, kommt es unter Umständen auch zum individuellen Beschäftigungsverbot. „Ein Arzt kann ebenfalls ein Beschäftigungsverbot aussprechen, wenn er feststellt, dass die Arbeit unter den gegebenen Bedingungen die Gesundheit der Schwangeren oder des ungeborenen Kindes gefährdet“, so Bender.

Wer als Schwangere das Gefühl hat, dass ihre Gesundheit durch hohe Temperaturen gefährdet und der Arbeitgeber nicht entsprechend reagiert, kann sich an den Betriebsrat oder auch die zuständige Arbeitsschutzbehörde wenden.