Japanerin macht Deutschen die Torte wieder schmackhaft
Frankfurt/Main/dpa. - Das japanische Kobe ist kulinarisch vor allem für das superteure Fleisch der dort gezüchteten Rinder bekannt. Doch die Millionenstadt hat auch viele feine Patisserien zu bieten und eine von dort kommende Konditorin ist über verschlungene Wege in Frankfurt gelandet.
Seit vier Jahren kreiert die 36-jährige Tomomi Sugimoto im «Café Siesmayer» am Frankfurter Palmengarten fantasievolle Törtchen in französischer Tradition. Genauso schafft sie es aber, den gewöhnlichen Apfel- und Käsekuchen neu zu erfinden. Der große Andrang in dem 2004 gebauten Café beweist, dass sich Sugimotos Künste herumgesprochen haben.
Schon beim Blick in die Vitrinen des Cafés dürfte jeder Kuchen-Fan in Verzückung geraten. Neben prächtigen Limonen- oder Schwarzwälder Kirschtorten gibt es zierliche Beeren- oder Joghurt-Törtchen. Delikat sehen auch andere Köstlichkeiten aus wie «Opera» oder «St. Marc», das aus Mousse au Chocolat und einer luftigen mit Kirschwasser getränkten Vanille-Nuss-Masse besteht. Zu den Favoriten des Hauses gehören die inzwischen auch in Deutschland bekannten Éclairs, ein Brandteiggebäck gefüllt mit Karamell- oder Schokoladecreme. Wer sich durchprobiert, wird feststellen, dass die Qualität im «Siesmayer» um Lichtjahre von gängiger Industrieware entfernt ist.
«Ich möchte die Kuchen-Kultur an die nächste Generation weitergeben», sagt Chefkonditorin Sugimoto mit verschmitztem Lächeln. Für die bescheidene und zurückhaltende Japanerin, die vor genau zehn Jahren nach Deutschland kam, ist ihr Beruf auch gleich Berufung. Sie ist eigentlich sieben Tage in der Woche in dem modern gestylten Café zu finden. Unten im Keller backt sie mit ihrer achtköpfigen Mannschaft ihre Kuchen. Dafür verwendet sie, wie sie erzählt, nur besondere Zutaten - von den Früchten bis zur Schokolade. Die bestellt sie zum Beispiel in der Toskana. Das Obst kommt meist von regionalen Lieferanten. Da legt Sugimoto Wert darauf - genauso wichtig ist ihr, nur ganz spezielle Sorten Äpfel zu verwenden.
Dabei ist ein Apfelkuchen nicht unbedingt leichter als ein kompliziertes französisches Törtchen. «Einfache Sachen sind oft besonders schwer», sagt die Konditorin. Da muss das richtige Timing stimmen beim Rühren des Teigs oder beim richtigen Zeitpunkt, den Kuchen aus dem Ofen zu holen. Schon die Raumtemperatur kann da eine große Rolle spielen, wie sie aus Erfahrung weiß.
Eigentlich ist Sugimoto gelernte Goldschmiedin. Doch ihre Leidenschaft fürs Backen war so groß, dass sie sich in Kobe zur Konditorin ausbilden ließ, bevor sie mit Hilfe eines Stipendiums nach Düsseldorf kam. Sie büffelte die deutsche Sprache und gelangte nach einer verkürzten Konditoren-Lehre und der Zeit in einer Hotel- Patisserie im Schwarzwälder Gourmet-Ort Baiersbronn nach Frankfurt. Nachdem sie ihren Arbeitgeber in einem mehrmonatigen Probelauf von ihren Künsten überzeugt hatte, wurde sie oberste Konditorin im «Siesmayer». Das Café gehört zum Imperium des umtriebigen Frankfurter Unternehmers Johnny Klinke, der auch das Varietétheater «Tigerpalast» und ein damit verbundenes Gourmet-Restaurant betreibt.
Zur Inspiration geht Sugimoto gerne auch mal auf «Spionagefahrt» nach Frankreich - und nicht nur in die Top- Patisserien von Paris. Sie probiert am liebsten die Tartes oder andere Delikatessen in den Bäckereien der kleinen Dörfer aus. Französisch spricht Sugimoto nicht - muss sie auch nicht. Sie versucht dann, dank ihres hoch entwickelten Geschmackssinns, die Köstlichkeiten zu Hause zu kopieren. Oder eben noch weiter zu verbessern.
Abschmecken und nochmals abschmecken, heißt ihre Devise. Da ist sie sehr pingelig, wenn sie mit ihrer Crew ihre Törtchen fabriziert. «Mein Geschmack hat sich inzwischen auch geändert», stellt sie fest. Die Japanerin hat sich der europäischen Patisserie - in Japan wird bei Backwaren kaum gesüßt - voll angepasst.
Sugimotos Kreationen haben natürlich auch ihren Preis. Das «Café Siesmayer» sei jedoch immer noch deutlich billiger als die Patisserien in Paris, meint Sugimoto selbstbewusst. Bis zu 1000 Torten und Törtchen werden an einem Wochenende gebacken. Und wer sonntags erst um fünf Uhr vorbeikommt, findet die Vitrinen schon bedenklich leer vor. Sugimoto selbst steht am Wochenende nicht selten hinter der Verkaufstheke. «Ich brauche einfach den Kontakt zu meinen Stammkunden», sagt sie.