In Frankfurt startet Leihgroßeltern-Projekt
Frankfurt/Main/dpa. - «Marlene würde ich sofort nehmen», sagt Brigitte Keim. Aber die 69-Jährige hat bereits zwei Leih-Enkel, fünf und sieben Jahre alt. Deswegen muss Marlene, sechs Monate alt, noch weiter nach einer Patenoma suchen.
So geht es auch rund 30 anderen Familien, die sich bei der Oma-Opa-Vermittlung im Frankfurter Familienzentrum Monikahaus gemeldet haben. Mit dem gerade begonnenen Projekt will der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) in Frankfurt Senioren und junge Familien zusammenbringen. Die einen suchen Leih-Enkel, die anderen Paten-Großeltern. Ähnliche Projekte gibt es inzwischen auch in Wiesbaden und Darmstadt.
In der modernen Gesellschaft werde in immer stärkerem Maße Mobilität und Flexibilität gefordert, sagt Margit Grohmann, Geschäftsführerin des Monikahauses. Viele junge Familien mit kleinen Kindern wohnten weit weg von ihren Eltern. Drei Generationen in einem Haus, das ist eine Seltenheit: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden lebten im Jahr 2005 nur in einem Prozent der Haushalte Eltern mit Kindern, deren Großeltern oder sogar Urgroßeltern zusammen. «In Afrika sagt man: Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind groß zu ziehen. Bei uns gibt es oft noch nicht einmal eine Familie», sagt Christine Lühn vom SkF.
Dabei wünschten sich viele Eltern, dass ihre Kinder Kontakt zu älteren Menschen haben. Und viele Senioren würden gerne Zeit mit Kindern verbringen. Die kostenlose Oma-Opa-Vermittlung soll das ermöglichen. Dabei geht es nicht um einen Babysitter-Dienst. Die Leihgroßeltern sollen ihre Patenenkel ab und zu besuchen oder mit ihnen Ausflüge unternehmen - das, was echte Omas und Opas auch mit ihren Enkeln machen.
«Es haben sich schon sehr viele Familien mit Kindern beworben», sagt Grohmann. Marlenes Mutter ist eine davon. «Meine Mutter ist tot, und die andere Oma kümmert sich gar nicht um Marlene», erzählt die 31-Jährige. Sie wünscht sich eine Leihoma, weil Ältere «besonders viele Ruhe und Lebenserfahrung mitbringen». Noch fehlen dem SkF aber Leihgroßeltern, bisher haben sich erst neun beworben.
Ähnliche Erfahrungen macht der Hausfrauenbund in Darmstadt mit seiner Vermittlung von Patengroßeltern. Die Mitarbeiter bringen seit sechs Jahren Senioren und junge Familien zusammen. «Wir haben 150 suchende Familien und 20 Großeltern», sagt Gertrud Claus, die für das Projekt verantwortlich ist. Patenoma oder -opa könnten alle werden, die sich fit genug dafür fühlen und Lust haben, mit Kindern zusammen zu sein. «Manche unserer Patengroßeltern haben sogar Enkel, die aber weit weg wohnen.»
Vor einer Vermittlung füllen die künftigen Patengroßeltern und die jungen Eltern jeweils einen Fragebogen aus. Wie oft ist der gegenseitige Besuch gewünscht, wie alt dürfen die Kinder sein, welche Vorstellungen und Werte haben beide Seiten? So sollen gut passende Paare gefunden werden. Auch wenn das Kind im Mittelpunkt steht, wichtig sei, dass sich die Erwachsenen gut verstehen, sagt Lühn.
Die Leihgroßeltern bekommen beim SkF auf Wunsch Fortbildungen. Der Sozialdienst zahlt eine Haftpflicht- und Unfallversicherung und möchte künftig regelmäßige Treffen zwischen den Leihgroßeltern organisieren. Außerdem stehen die Mitarbeiter mit Rat zur Seite. Denn Patenoma zu sein, ist nicht immer einfach: Als Susanne Thauer zum ersten Mal mit ihrem Patenenkel allein unterwegs war, schrie der wie am Spieß. «Ich habe ihm dann Wiegenlieder gesungen, das hat ihn aber überhaupt nicht interessiert», erzählt die Patenoma. Erst die rote Schaufel im Sandkasten rettete den Tag.
Informationen: Oma-Opa-Vermittlung im Familienzentrum Monikahaus, Sozialdienst katholischer Frauen, Kriegkstraße 36, 60326 Frankfurt, Telefon: 069/973 82 30; Patengroßelternvermittlung, Hausfrauenbund Darmstadt, Hügelstraße 28, 64283 Darmstadt, Telefon: 06151/206 15
Oma-Opa-Vermittlung: www.skf-frankfurt.de
Patengroßelternvermittlung: www.hausfrauenbund-darmstadt.de