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Hunde Hunde: Dickes Fell ist nicht genug

Von Julia Becker 07.02.2012, 17:55

Halle (Saale)/MZ. - So mancher Hundebesitzer steht in diesen Tagen ratlos vor dem Thermometer und fragt sich, ab wie viel Grad unter Null sein Liebling wohl erfrieren könnte. Keine Antwort parat, sagt sich dieser oder jener dann: Was für einen selbst gut ist, kann ja auch für den Hund so verkehrt nicht sein. "Seit Einbruch der Kältewelle erleben wir einen regelrechten Ansturm auf Hunde-Winterbekleidung", sagt die Inhaberin des Tierladens "Hundehütte" in Berlin-Schöneberg, Annette Meißner-Klein.

Zu dem Sortiment der 55-Jährigen zählen unter anderem Mäntel, Decken, Schneeanzüge, Regencapes und Schuhe für Hunde. Besonders beliebt bei Herrchen und Frauchen sind in diesen Tagen Jacken mit Kapuzen und Fellkragen. Farblich stehen "Beige- und Brauntöne hoch im Kurs", sagt Meißner-Klein und hält einen Mini-Anorak in die Höhe, der in Form und Größe an eine Wärmflasche erinnert.

Eigentlich hatte sich die Geschäftsfrau schon damit abgefunden, dass sie wegen des milden Winters auf ihren Winterausstattungen sitzen bleibt: "In der Branche sagt man: Was bis Weihnachten nicht verkauft ist, wird man auch danach nicht mehr los."

Doch seit knapp zwei Wochen bescheren sibirische Hochdruckgebiete wie "Cooper" und "Dieter" Temperaturen von örtlich bis zu minus 21 Grad Celsius - und Annette Meißner-Klein ein lukratives Geschäft. "Derzeit gehen fünf bis sechs Mäntel am Tag über den Ladentisch, viele Hundebesitzer kaufen auch gleich eine komplette Ausstattung", berichtet die Berlinerin. Die Preise bewegen sich um die 50 Euro pro Stück.

Aus Malta ins frostige Deutschland

Eine Stammkundin in der "Hundehütte" ist Gitta Roske. Sie hat drei Hunde, einen davon - den schwarz-weißen Fritz - hat die Berlinerin im Kindesalter vor dem drohenden Tod in Malta gerettet. Heute ist der lebensfrohe Rüde zwei Jahre alt und tobt normalerweise herum, wie Gott ihn schuf.

"Aber jetzt, wo es so extrem kalt ist und Fritz doch aus dem warmen Süden kommt, lege ich ihm morgens schon eine Hundedecke um", berichtet die Halterin. Schließlich wolle sie nicht riskieren, dass er krank wird. Aber wenn sich der Hund im Wald warm gelaufen habe, nehme sie ihm die Decke wieder ab.

Nicht jeder Kunde beschränkt sich darauf. "Manche Hundebesitzer wollen nicht nur, dass es ihre Tiere warm haben, sondern auch, dass sie topmodisch aussehen", sagt Meißner-Klein. Der Hund werde in solchen Fällen wie ein Mensch behandelt und auch als solcher eingekleidet.

Hundeschuhe sind der Renner

"Das ist unverantwortlich und zerstört im schlimmsten Fall die natürlichen Schutzmechanismen des Tieres, da sich Fell und Unterhaar nicht mehr schützend aufstellen können", erläutert die Ladenbesitzerin. Dann würden sich die Hunde erst recht erkälten - aller Kleidung zum Trotz.

Besonders die wachsende Nachfrage nach Hundeschuhen ist der 55-Jährigen ein Dorn im Auge. "Solange ein Hund nicht alt und gebrechlich ist oder einen verletzten Fuß hat, sind die Dinger eine Qual für jeden Vierbeiner." Trotzdem stehen Schühchen in diversen Formen und Farben in der Verkaufsvitrine der Geschäftsfrau. "Die haben wir seit dieser Saison im Sortiment, weil wir ohne das Angebot Kunden an die Konkurrenz verloren hätten", sagt Meißner-Klein.

Die Familie der Berlinerin betreibt den kleinen Tierladen in der Lietzenburger Straße bereits in vierter Generation. Meißner-Klein weiß, dass Hundekleidung nicht erst durch Paris Hilton und ihren stets auf ihr eigenes Outfit abgestimmt gekleideten Chihuahua "Tinkerbell" nachgefragt wird.

Gestrickt wird seit den 50er Jahren

"Bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg hatten wir Näherinnen, die für uns individuelle Hundepullover und Jacken gestrickt haben", erzählt die Frau und kramt aus einem Ordner vergilbte Zeitungsartikel und Schwarz-Weiß-Bilder aus jener Zeit hervor.

Ein Foto zeigt einen weißen Pudel in steifen Lederschuhen, auf einem anderen trägt ein Foxterrier einen mehrfarbigen Rollkragenpullover. Beim Anblick der bekleideten Hunde muss selbst die erfahrene Geschäftsfrau schmunzeln: "Die Menschen haben eben schon immer alles Mögliche und Unmögliche versucht, damit ihre Lieblinge im Winter nicht frieren."