Hörfunk Hörfunk: Radio machen kann jeder

Marburg/dpa. - «Bereits für 12- oder 15-Jährige bieten sich bei unabhängigenSendern, die meist als Vereine fungieren, jede Menge Möglichkeiten»,sagt Steffen Käthner vom Bundesverband Freier Radios in Marburg. Mehrals 30 dieser Sender, bei denen bewusst alternative Musik und auchlängere Wortbeiträge laufen, gibt es in Deutschland. Hinzu kommenzahlreiche Bürgerradios beziehungsweise offene Kanäle, bei denen zumBeispiel örtliche Vereine Sendungen gestalten.
In beiden Fällen gilt nach Steffen Käthners Worten: «Technischeund journalistische Voraussetzungen gibt es nicht.» InteressierteJungs und Mädchen sollten sich jedoch an die Statuten des jeweiligenSenders halten. «Das können eine auf Lokalität ausgerichteteBerichterstattung oder die Ablehnung von Diskriminierung sein.»
Studenten mit Spaß an der Rundfunkarbeit können bei so genanntenCampusradios mitarbeiten. Sie gibt es an vielen Unis. «Neben demStudium ist das eine gute Teststrecke, um sich auszuprobieren», sagtHendrik Buhrs, Moderator und Nachrichtensprecher bei «Radio Q» an derUni Münster. «Hier lernt man, dass Radio gar nicht so kompliziertist, wie viele denken.»
Auch wenn die Voraussetzungen bei freien Kanälen und Campusradiosgering sind: Lernen lässt sich dort - beim Senden selbst oder beiWorkshops - eine Menge. Das reicht von der Arbeit in einer Redaktionbis zum Produzieren eines Beitrages. «Hier muss man schnellVerantwortung übernehmen, aber auch Kritik einstecken können - eineErfahrung, die sonst nicht unbedingt zum Alltag gehört», sagt SteffenKäthner vom Bundesverband Freier Radios.
Viele Mitarbeiter von freien Radios oder Bürgersendern bleibendiesen auch nach ihrem Einstieg ins Berufsleben treu. Andere nutzensie als Sprungbrett beim Versuch, ihr Radiohobby zum Beruf zu machen.«Von Bürgerradios und alternativen Sendern kommen auch talentierteund gut ausgebildete Leute», sagt Stefan Warbeck, Chefredakteur desöffentlich-rechtlichen Jugendradios «Fritz» in Potsdam. Er hältdarüber hinaus das Absolvieren von Praktika für den besten Einstiegin die Radioszene.
Günther Anfang, Leiter des Medienzentrums München, bestätigt das -dämpft aber zugleich überschäumende Erwartungen auf eine steileKarriere: «Der Markt bietet ein irrsinniges Angebot an Redakteurenund Moderatoren. Wer aber eigene Ideen hat, wird sich einen Namenmachen.» Darum lohne es sich, schon frühzeitig in der Region nachfreien Praktikumsstellen Ausschau zu halten.
«Wer bei uns ein Praktikum beginnen möchte, muss medienverrücktsein und sich für viel interessieren. Das hat in der letzten Zeitleider etwas nachgelassen», Marzel Becker, Programmdirektor beimprivaten «Radio Hamburg». Dort dauert ein Praktikum mindestens sechsMonate.
Eine weitere Möglichkeit ist es, bei einem so genannten Aus- undFortbildungskanal mitzuarbeiten. Einen solchen unterhalten mehrere sogenannte Landesmedienanstalten, beispielsweise die SächsischeLandesmedienanstalt mit ihren Sächsischen Ausbildungs- undErprobungskanälen (SAEK). «Diese sind für jeden offen», sagtGeschäftsführer Prof. Otto Altendorfer.
Wer ausreichende Radioerfahrung gesammelt hat, kann sich um einVolontariat bewerben. «Das geht bei uns zwei Jahre», sagt MarzelBecker von «Radio Hamburg». Manche Sender verlangen von Bewerbern,eine Uni besucht zu haben. «Bei uns ist ein abgeschlossenes Studiumdie Hauptvoraussetzung», betont Warbeck von «Fritz». Das Studienfachist dabei Nebensache. «Seiteneinsteiger erhalten nur eine Chance,wenn sie glaubhaft machen können, besonders geeignet zu sein.»
Anderswo gibt man diesen umfangreichere Chancen: «ZahlreicheQuereinsteiger gehören zu unseren besten Moderatoren», sagt TinoUtassy, Geschäftsführer der BCS Broadcast Sachsen, zu der etwa das«Hitradio RTL Sachsen» gehört. Utassy weist auch darauf hin, dassprofessionelles Arbeiten bei einem Sender ein harter Job ist. «Einegeregelte 38-Stunden-Woche ist da nicht drin.» Entsprechend schwerdürfte manchem Beschäftigten da der morgendliche Griff nach dem Radiofallen.