Kälteeinbruch im Mai Mythos Eisheilige: Wetterphänomen nur ein Märchen?
Seit 11. bis zum 15. Mai wird es noch einmal richtig kalt – so besagt es zumindest der Mythos der Eisheiligen. Meteorologen wie Jörg Kachelmann halten diese Regel allerdings für Unsinn. Warum?
Halle (Saale). - Die Tage zwischen dem 11. und 15. Mai werden in Deutschland als "Eisheilige" bezeichnet. In diesem Zeitraum – so besagt es die Bauernregel – drohe Frost, dem kälteempfindliche Gewächse nicht standhalten könnten. Deswegen bepflanzen viele Menschen ihre Balkone und Gärten erst nach dem 15. Mai.
Dem Wetterexperten Jörg Kachelmann zufolge ist die Bauernregel der Eisheiligen aber seit jeher ein Märchen. "Man sieht seit Jahrhunderten keine Besonderheit beim Temperaturverlauf zwischen dem 11. und 15. Mai", schrieb der Meteorologe im Mai 2023 auf X, ehemals Twitter.
Dass viele Medien jedes Jahr aufs Neue über die Eisheiligen berichteten, mache Kachelmann wütend: "Es werden viele Tonnen Nahrungsmittel nicht erzeugt, weil Menschen, die das beruflich und als Hobby tun, wegen dieses Schwachsinns zu früh, zu spät oder gar nicht säen/pflanzen."
Jörg Kachelmann: Warum es die Eisheiligen nicht gibt
Auf seiner Webseite "kachelmannwetter" ist ein Artikel mit der Überschrift "Warum es keine Eisheiligen gibt" erschienen. Der Autor des Textes, Kachelmanns Kollege Fabian Ruhnau, blickt darin bis ins Jahr 1950 zurück – und kommt zu dem Schluss, dass es seither keine Häufung von Luft- oder Bodenfrost zwischen dem 11. und 15. Mai gegeben hat.
Der Mai, so Ruhnau, sei ein Übergangsmonat vom Frühling in den Sommer. "Der Sonnenstand nimmt von Monatsanfang bis Monatsende deutlich zu, die Nordhemisphäre wird immer wärmer, aber im hohen Norden lauert auch immer noch spätwinterlich kalte Polarluft."
Keine Belege für die Bauernregel der Eisheiligen
Aus meteorologischer Sicht sei es "ganz normal", dass es im Mai noch "Kaltluftvorstöße" aus dem hohen Norden gibt, heißt es in dem Artikel weiter. Diese seien Anfang Mai wahrscheinlicher als Ende Mai. Dass es ausgerechnet zwischen dem 11. und 15. Mai besonders kalt werden soll, dafür gibt es dem Meteorologen zufolge keine Belege.
Eisheilige: Der Mythos hält sich hartnäckig
Wieso aber hält sich der Mythos der Eisheiligen so hartnäckig? Und wie konnte die Bauernregel überhaupt entstehen, wenn es nie eine statistisch signifikante Häufung von Frostereignissen zwischen dem 11. und 15. Mai gegeben hat?
Wetterexperte Jörg Kachelmann sagt dazu in einem Spiegel-Interview, dass es wahrscheinlich "vor vielen Jahrhunderten allenfalls zwei Jahre hintereinander zufällig" zwischen dem 11. und dem 15. Mai frostig gewesen sei. Das habe Kachelmann zufolge "leider gereicht", um die Regel zu begründen.
Das sagt der Deutsche Wetterdienst zu den Eisheiligen
Nicht nur Kachelmann und sein Kollege Fabian Ruhnau sind der Meinung, dass es die Eisheiligen nicht gibt. Auch der Deutsche Wetterdienst schreibt auf seiner Webseite, dass die Bauernregel "nicht immer" zutrifft.
Vielmehr sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es "bis weit in den Mai hinein" noch einmal zu einem Kaltlufteinbruch kommen könne, der vor allem in den Nächten für frostige Temperaturen sorge.
Das bestätigt auch Andreas Walter, Meteorologe und Pressesprecher des Deutschen Wetterdienstes. "Die Eisheiligen halten sich nicht an den Kalender", sagt er am Telefon. Es könne durchaus sein, dass die Eisheiligen 2024 schon Mitte bis Ende April waren, als es fast überall in Deutschland Nachtfrost gab.