Wie vor rund hundert Jahren Dekorationstrend für Weihnachten: die Nostalgiewelle
Den Glanz vergangener Tage zurückholen mit dem Retro-Dekorationstrend mit Motiven aus den 1930ern: Damit sind Sie jetzt weihnachtlich en vogue. Doch es gibt auch noch andere Trends.
Frankfurt/Landsberg (dpa/tmn) - Ein paar wenige werden diese Dekorationen noch selbst am Baum erlebt haben, mancher hat vielleicht noch ein Paket mit alten Erbstücken davon im Keller gehalten - bis jetzt. Denn es ist Zeit, die gute alte Weihnachtsdekoration herauszuholen. Nämlich die, die Omas und Opas Eltern genutzt haben.
Die Nostalgiewelle bei den Dekorationstrends zum Advent und Weihnachten erreicht in diesem Jahr ihren Zenit. Nicht mehr die Kindheitserinnerungen der meisten von uns sind im Trend, sondern die aus den frühen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Wer davon nichts besitzt, dem bietet sich viel Neues in den Läden, das auf so alt bis antik gemacht ist.
Wie sieht dieser Trend genau aus?
„Besonders auffallend ist der Trend an den Figuren - und zwar an Kinderfiguren, nicht die üblichen kindliche Versionen in Pastell-Tönen, sondern in der Art der Hummel-Figuren“, sagt die Trendanalystin Gabriela Kaiser, die sich unter anderem auf die Weihnachtsdekoration spezialisiert hat. Sie bezieht sich auf die Figuren, die seit den Dreißigerjahren von der gleichnamigen Manufaktur produziert werden.
„Die Motive sind sehr naturalistisch dargestellt“, so Kaiser. „Gerade auch der Weihnachtsmann: Seine Gesichtszüge sind nicht mehr so weich, er hat keine so riesigen Augen, wie wir das bis jetzt die ganze Zeit über hatten. Und er trägt Outfits aus den 1930er Jahren bis etwa Nachkriegszeit.“
Ganz weg seien die sehr niedlichen, süßen Figuren zwar nicht - es gibt ja immer mehrere Trends parallel. Aber die neue Nostalgiewelle ist auffällig anders: Es handelt sich um Vintage-Schick.
Warum ist das ein Trend?
„Beeinflusst wird dieser Trend meiner Meinung nach auch über diese starke Second-Hand-Welle, in der wir uns im Moment befinden“, sagt Trendanalystin Kaiser. Viele kaufen lieber gebrauchte Kleidung und Waren als Neues, das zu Lasten von Ressourcen produziert wird.
„Manche pilgern ja geradezu zu Flohmärkten und in die Second-Hand-Läden. Diejenigen haben dann natürlich auch wieder viel mehr Bezug zu alten Sachen - und suchen geradezu diese alten Optiken“, so die Trendexpertin weiter. Der Markt reagiert: „Daher gibt es jetzt natürlich auch neues Design in alter Optik.“
Viele Trends bauen sich über ein paar Jahre auf und verstärken sich nach und nach. Das gilt auch für die Nostalgiewelle. Weihnachten wie anno dazumal war schon in den vergangenen zwei Jahren einer der großen Dekorationstrends. Mit den traditionellen Farben Grün, Rot und Gold, aber vor allem mit nostalgischen, märchenhaften und vielleicht auch kitschigen Dekorationen. Da hängen kleine Schaukelpferde am Baum, Rehe zieren das Fensterbrett, Nussknacker sitzen in der Ecke.
Stilexperten sehen in diesem großen Trend der Rückbesinnung auf Altes auch in eine tief sitzende Sehnsucht vieler Menschen nach Sicherheit und Kontinuität. In den Jahren der Pandemie, gefolgt von Kriegsgeschehen in unserem Umfeld, haben viele Menschen das Gefühl, Halt verloren zu haben. Dabei können Dinge, die einen emotionalen Wert haben, wichtig werden.
Das Gefühl muss dabei nicht auf der eigenen Erinnerung fußen. Die starke Rolle rückwärts, also zu Dekorationen, an die die wenigsten lebenden Menschen in ihrer Kindheit erlebt haben dürfen, wirke als Art „Pseudo-Erinnerung“, so Kaiser.
Man assoziiert die Kugeln und Figuren „mit einer guten alten Zeit, wo die Welt noch in Ordnung war - was zwar nicht immer stimmt, sich aber so anfühlt“, sagt die Trendforscherin. „Da waren die Wälder noch in Ordnung und da gab es noch nicht so viele Autos. Kinder sind fröhlich über den Dorfplatz gehüpft und haben auf der Straße gespielt.“ Ein Idyll, das viele jetzt gerne auch so hätten - und wir uns teils daher als Dekorationen nach Hause holen.
Ich will diesen Trend nicht mitmachen, gibt es noch einen anderen?
Ja, sogar mehrere Trends laufen in dieser Saison parallel. „Das Thema Nachhaltigkeit und Naturverbundenheit wird bleiben“, sagt Julia Uherek, Bereichsleiterin für die jährlichen Messe Christmasworld in Frankfurt: „Da gibt es viele Erdtöne, kombiniert mit Rottönen.“ Dazu Naturmaterialien wie zum Beispiel Holz, Hanf, Sisal, Papier und Blattwerk.
„Und dann hat man natürlich noch das richtig Quietschbunte. Dieses überbordend optimistische, lustige Thema mit viel Bling“, ergänzt Gabriela Kaiser. „Mit Knallblau, Knallgrün, Knallrosa, vielleicht auch noch Gelb - richtig bunt.“ Dazu gehören als Motive Smilys, Regenbögen und ähnliche für eine Weihnachtsdekoration ausgefallene Eyecatcher.
„Zum Beispiel grüne Krokodile mit Nikolausmütze, die gerade eine rote Weihnachtskugel auffressen“, nennt Kaiser ein Beispiel. „Und ich habe Zwerge gesehen, die Kugeln wie einen Kaugummi aufblasen. Also, Hauptsache fröhlich, Hauptsache bunt, Hauptsache optimistisch. Diese Dekoration sagt: Ich bin happy, ich habe gute Familienzeit.“