Gute Nacht Gute Nacht: Guter Schlaf ist wichtiger als Essen

Ein gesunder Mensch kann mehrere Wochen ohne Nahrung überleben, wenn er ausreichend Wasser zur Verfügung hat. Aber ohne Schlaf schafft er höchstens drei Tage. Warum ist das so? „Weil die Ruhephase nötig ist, damit der Körper seine Funktionen wieder auf Normalzustand einstellt“, sagt der promovierte Schlafmediziner Steffen Schädlich vom Krankenhaus Martha-Maria in Halle.
„Wir synchronisieren unseren Stoffwechsel und andere Dinge.“ Der Schlaf ist also nicht nur Ruhe. Die Stärkung des Immunsystems ist eng mit ihm verknüpft. Der Arzt ist davon überzeugt, dass selbst das Thema Krebs künftig enger mit dem Schlaf in Verbindung gebracht wird. „Alles deutet darauf hin, dass es einen unmittelbaren Zusammenhang gibt“, sagt er.
Für Fragen der Leser ist Steffen Schädlich am Dienstag (17.2.) von 12 bis 14 Uhr telefonisch zu erreichen unter 0345/559 14 50.
Auch der Knochenaufbau und das Wachstum sind Dinge, die der Mensch im Schlaf erledigt. „Der Tiefschlaf ist für unser Wachstum wichtig“, sagt Schädlich, „und für die Ausbildung geistiger Fähigkeiten. Kinder im Grundschulalter sollten deshalb mindestens neun Stunden pro Nacht schlafen. Wenn sie es nicht tun, ist ihr IQ geringer.“ Das hätten Studien belegt. Ein Grund sei, dass ausreichend Schlaf die Speicherung von Erlerntem im Langzeitgedächtnis fördert.
Wie viel Schlaf ist eigentlich normal?
Für Erwachsene sind etwa sieben Stunden ein Anhaltspunkt. Das ist ein Wert, der sich insbesondere aus dem Schlafzyklus ergibt. Demnach durchschläft der Mensch pro Nacht fünf Zyklen mit jeweils 60 bis 90 Minuten Dauer. Für den Schlafmediziner gibt es noch einen anderen Anhaltspunkt.
Wenn sich jemand am Morgen ausgeruht fühlt, hat er ausreichend geschlafen. Egal, wie viel Stunden es gewesen sind. Es gibt nämlich durchaus Extreme. Gern werden an dieser Stelle Napoleon und Albert Einstein erwähnt. Der Kaiser soll nach vier Stunden ausgeschlafen gehabt haben, der Nobelpreisträger hingegen nach zwölf Stunden.
Wie dem auch sei, Schädlich sagt aus medizinischer Sicht folgendes: „Wer weniger schläft, als er eigentlich müsste, tut seiner Gesundheit keinen Gefallen.“
Lässt sich vorschlafen oder Schlaf nachholen?
Weil sich der Tagesablauf nicht immer nach dem individuellen Schlafbedürfnis richtet, wäre eine Art Schlafreserve von Vorteil. „Vorschlafen funktioniert aber nicht“, sagt Schädlich. Das Nachholen aber schon. Nach einer zu kurzen Nacht fallen in der nächsten die für die Regeneration wichtigen Tiefschlaf- und Traumphasen länger aus. „Ein gesunder Körper regelt sein Schlafbedürfnis selbst.“
Warum beklagen gerade viele ältere Menschen schlechten Schlaf?
Viele Deutsche schlafen schlecht. Ob es fünf Prozent sind oder 15, da gehen die Angaben auseinander. Auf jeden Fall klagen viele Senioren über Probleme, die eher nicht stressbedingt sein können. „Sie schlafen in vielen Fällen falsch“, sagt Schädlich.
Sie machten ein Mittagsschläfchen, gingen abends früh ins Bett und wunderten sich, wenn sie morgens gegen vier oder fünf Uhr munter würden. Dann haben sie nach den Worten des Experten schlicht und einfach ausgeschlafen. Sein Rat: Der Tagesrhythmus sollte verschoben werden. Das heißt, am besten kein Nickerchen am Mittag und abends etwas später ins Bett gehen.
Ob blaues Licht Schlafprobleme bereitet, erfahren Sie auf Seite2.
Hindern tatsächlich kalte Füße am Einschlafen?
Grundsätzlich schlafen Menschen gut ein, wenn ihr Körper seine Kerntemperatur nach unten regelt. Das sind zwar nur wenige Zehntelgrad, aber ausreichend für den Effekt. Wenn sich jemand mit kalten Füßen ins Bett legt, dann bedeutet das aber für den Körper, erst einmal dafür zu sorgen, dass sie warm werden. Kurzum, die Kerntemperatur ist schon reduziert, weil warmes Blut in die kalten Füße geleitet wird. Ein weiteres Absinken, um das Einschlafen zu fördern, ist für den Körper nicht sinnvoll.
Aus Sicht des Arztes ist eine warme Dusche vor dem Zubettgehen ideal. Der Körper kommt aufgewärmt zur Ruhe und kann seine Kerntemperatur runterfahren.
Apropos Temperatur, auch die im Schlafzimmer ist für einen erholsamen Schlaf wichtig. Schädlich bezeichnet etwa 18 Grad Celsius als gut. Mindestens ebenso wichtig ist nach seinen Worten das richtige Bettzeug. „Wir sollten weder schwitzen noch frieren“, sagt er.
Für Fragen der Leser ist Steffen Schädlich am Dienstag (17.2.) von 12 bis 14 Uhr telefonisch zu erreichen unter 0345/559 14 50.
Warum bereitet blaues Licht Schlafprobleme?
Der blaue Anteil des Lichts hemmt die Bildung des Schlafhormons Melatonin. In vielen Wohnzimmern stehen jedoch Lichtquellen mit hohem Blau-Anteil. Gemeint sind die LED an Fernsehern, das sogenannte Backlight - also Hintergrundlicht. Deshalb ist Fernsehen vor dem Zubettgehen keine gute Idee. Allerdings arbeiten die Hersteller an dem Problem. Die Überlegungen gehen laut Schädlich in Richtung Nachtschaltung, also eine Hintergrundbeleuchtung, die abends ihren Blau-Anteil reduziert.
Die Lichtempfindlichkeit des Melatonins verleitet den Schlafmediziner zu einer eher ungewöhnlichen Empfehlung für Schichtarbeiter. Sie müssten sich nach der Nachtschicht am besten mit Sonnenbrille auf den Heimweg machen. Auf diese Weise werde das Tageslicht gefiltert, auch das blaue Spektrum, was das Einschlafen grundsätzlich verbessern könne.
Machen Apps Schlafzimmer zu Schlaflabors?
Apps kontrollieren zum Beispiel so den Schlaf: Das Smartphone liegt auf der Matratze und registriert Bewegungen und Atemgeräusche. Daraus entsteht das Protokoll der Nacht. Schädlich hat auch Apps auf seinem Smartphon. Aufgrund der Art und Weise der Datenerfassung sieht er die Ergebnisse skeptisch. Die App könne schließlich nicht unterscheiden, wer sich im Ehebett gerade bewege oder wer welche Atemgeräusche mache. Dennoch hält Schädlich diese technische Möglichkeit nicht für völlig sinnlos. „Sie ist wie ein modernes Schlaftagebuch“, sagt er. „Ich notiere, wann ich ins Bett gehe und wann ich aufstehe. So entsteht ein realistisches Bild meiner Schlafenszeit.“ Viele schätzten genau das ziemlich falsch ein.
Schlaf-Apps sind zum Beispiel SmartAlarm, WakeApp und Sleep Better