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Ginkgo-Baum Ginkgo-Baum: «Lebendiges Fossil» für Balkon und Garten

06.11.2003, 09:43

Stuttgart/dpa. - Er ist das älteste «lebende Fossil» unter den Pflanzen. Die Extrakte seiner Blätter haben heilsame Kräfte und ihr außergewöhnlicher Wuchs hat schon Johann Wolfgang von Goethe inspiriert: «Ist es ein lebendig Wesen, das sich in sich selbst getrennt? Sind es zwei, die sich erlesen, dass man sie als eines kennt?» fragte er 1815 in dem Gedicht «Ginkgo biloba» unter Anspielung auf die in ihrer Mitte jeweils eingekerbten Blätter.

Biologen fragen sich eher, ob der Ginkgo wohl mehr ein Nadel- oder ein Laubbaum ist. So hatten seine Vorfahren häufig Blätter, die an zusammengewachsene Nadeln erinnerten, und auch seine Wuchsform lässt bis heute eher an einem Nadelbaum denken. Heute sehen seine Blätter Laub ähnlicher. Ihre Farbe variiert zwischen hell- und dunkelgrün, im Herbst verfärben sie sich zu einem kräftig leuchtenden Gelb - ehe sie, wie gewöhnlich bei Laubbäumen üblich, abgeworfen werden.

Da sich das ungewöhnliche Relikt aus der Urzeit dennoch nicht so recht einordnen lässt, gehört es zu einer eigenen Familie, den so genannten Ginkgoaceae. Neben vielen fossilen, also ausgestorbenen, Arten gehört ihr heute nur noch eine lebende an: eben der von Goethe gerühmte «Ginkgo biloba». Er steht unter anderem den Farnen nah und gilt als deren einziges überlebendes Bindeglied zu den höheren Pflanzen.

Schon seit jeher begeisterte der Baum mit seiner mehr als 250 Millionen Jahre langen Geschichte und seinem speziellen Aussehen die Menschen und trägt viele fantasievolle Namen: In England heißt er meist «Maiden hair tree» (Mädchenhaarbaum), Franzosen nennen ihn - in Anspielung auf die goldene Farbe seines Laubes - «Tausend-Taler- Baum». In Japan wird der Ginkgo-Baum als «Entenfußbaum» bezeichnet. Das chinesische Wort «gin-kyo» heißt so viel wie «Silberaprikose» - und spielt auf die langstieligen, fleischigen Früchte an.

In weiten Teilen Asiens wird er als heiliger Baum verehrt. Schon im 11. Jahrhundert wurde er in Tempelgärten Chinas und Japans angepflanzt. Heute ist er in Städten wie Berlin oder New York wegen seiner Widerstandsfähigkeit als Straßenbaum beliebt. Der wahrscheinlich älteste Ginkgo in Deutschland steht in Kassel und ist wohl rund 200 Jahre alt.

Im botanischen Garten von Peking soll sogar ein etwa 1300 Jahre altes Exemplar stehen. Ein besonders beeindruckender Ginkgo findet sich in Hiroshima in Japan, wo im Jahr 1945 eine Atombombe niederging. Nach der Explosion soll er wie eine Fackel gebrannt haben. Trotzdem trieb er bereits im folgenden Frühjahr wieder aus und entwickelte sich zu einem stattlichen Baum.

Die Blütezeit der männlichen und weiblichen Bäume ist meist im April und Mai. Im Herbst tragen die weiblichen Bäume gelb-grüne, etwa pflaumengroße fleischige Samen. Aus ihnen strömt beim Verrotten ein unangenehmer Duft nach Buttersäure. Das Fruchtfleisch ist zwar ungenießbar, jedoch gilt der geröstete oder gekochte Samenkern zumindest in Asien als Delikatesse. Er wird wie die Blätterextrakte medizinisch verwendet. Die Wirkstoffe des Ginkgo sollen unter anderem bei nachlassendem Gedächtnis sowie Konzentrationsstörungen helfen.

Der Gingko ist eine robuste Pflanze und stellt vergleichsweise wenige Bedingungen an seine Umwelt. Zwar liebt er sehr sonnige Standorte, wächst jedoch auch im Halbschatten. Zudem mag er fast alle Böden und ist auch für kleinere Gärten sowie als Balkon- und Terrassenpflanze geeignet. Auch in der Wohnung kann er problemlos gehalten werden. Mit etwas Erfahrung lässt sich der Ginkgo sogar als Bonsai ziehen. Übermäßig viel Wasser benötigt er nicht, das Substrat sollte jedoch immer ein wenig feucht sein.

Während der Vegetationszeit - etwa von März bis November - sollte der Ginkgo alle drei bis vier Wochen mit Universaldünger behandelt werden. In Mitteleuropa sind ältere Exemplare absolut frosthart - allerdings nur, wenn sie ausgepflanzt sind. Kübelpflanzen sollten wegen des ungeschützten Wurzelballens bei stärkerem Frost ins Haus geholt und bei etwa fünf Grad Celsius aufbewahrt werden.

Etwa zur Osterzeit treibt der Ginkgo neu aus - vorausgesetzt, er hat in der kalten Jahreszeit nicht zu warm gestanden. Nach einer Winterperiode auf der Wohnzimmerbank kann es passieren, dass die Blätter erst im Juni oder Juli austreiben. Der Baum bleibt dann das Jahr über kümmerlich, und die Blättchen werden kaum größer als ein Zwanzig-Cent-Stück.

Erst wenn der nächste Winter kommt und der Fächerblattbaum in ein kühles Quartier zieht, das auch dunkel sein darf, entwickelt er sich im darauf folgenden Frühling wieder normal. Im Winter sollte der Ginkgo nicht gedüngt und weniger gegossen werden als als zu den anderen Jahreszeiten. Hobbygärtnern mit empfindlichen Nasen raten Experten dazu, im Garten eher männliche Bäume anzupflanzen - wegen des unangenehmen Geruchs der weiblichen Früchte.