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Zahngesundheit Zahngesundheit: Weisheitszähne machen oft Probleme

29.05.2002, 09:09
Zahnersatz soll zukünftig bei Privaten versichert werden. (Foto: dpa)
Zahnersatz soll zukünftig bei Privaten versichert werden. (Foto: dpa) zm

Köln/Mülheim/dpa. - Weisheitszähne hat fast jeder Mensch -und viele wünschen sie, sie hätten keine. Schließlich bereiten dieerst ab dem Erwachsenenalter durchbrechenden Beißer oft Probleme.Doch Mediziner sind unterschiedlicher Ansicht darüber, ob und inwelchem Alter die hintersten Backenzähne gezogen werden sollten.

Weisheitszähne sind Relikte aus grauer Vorzeit, denn dermenschliche Kieferknochen ist im Laufe der Evolution immer kürzergeworden. «Unsere Vorfahren brauchten ein starkes Gebiss, um ihreNahrung kräftig zu zerkleinern. Heutzutage sind Weisheitszähne zumKauen eigentlich überflüssig», sagt Stefan Berg, Facharzt für Mund-,Kiefer- und Gesichtschirurgie aus Köln.

Weil sie als letzte von insgesamt 32 Zähnen kommen - meistzwischen dem 16. und 25. Lebensjahr - müssen die «Achter», wieFachleute sie nennen, den wenigen Platz nehmen, der noch im Kiefervorhanden ist. Häufige Folge: Der Zahn bricht nur teilweise durch,wächst schief im Kiefer weiter, entzündet sich oder verbleibtausgewachsen im Kieferknochen. Das kann erhebliche Beschwerdenbereiten. «Wenn es durch die Weisheitszähne zu Entzündungen,Gesichtsschmerzen oder Verschiebungen bereits vorhandener Zähnekommt, müssen sie gezogen werden», so Stefan Berg.

Auch stehen entzündete Weisheitszähne im Verdacht,Allgemeinerkrankungen zu verursachen oder zu verschlimmern. «Siekommen als mögliche Streuherde von Entzündungen in Betracht, die einebereits bestehende Infektion noch verschlimmern», erklärt FrankStrietzel, Oberarzt am Zentrum für Zahnmedizin der BerlinerUniversitätsklinik Charité.

Problematisch wird dies, wenn die körpereigene Abwehr desPatienten ohnehin schon geschwächt ist, zum Beispiel bei einerHerzerkrankung. «Vereiterte Weisheitszähne, die Bakteriengifte in dieBlutbahn aussenden, können eine Entzündung der Herzklappen auslösen»,so Strietzel. Aber auch bei der Vorbereitung allgemeinmedizinischerMaßnahmen, die die körpereigene Abwehr des Patienten beeinträchtigen,müsse dieser Zusammenhang beachtet werden. Dies gelte zum Beispielvor Organ- oder Knochenmarktransplantationen.

Im Zusammenhang mit einer kieferorthopädischen Behandlungplädieren manche Zahnmediziner dafür, die Weisheitszähne vorbeugendzu entfernen. Das kann etwa der Fall sein, wenn die Vorderzähne zueng beieinander stehen. «Oft verschieben Weisheitszähne eine ganzeZahnreihe», sagt Stefan Berg. Das gefährde die Ergebnisse vorherigerkieferorthopädischer Behandlungen.

Für Zurückhaltung hinsichtlich der operativen Entfernung dagegenplädiert Michael Weber, Klinkleiter der Zahnklinik Rhein/Ruhr inMülheim an der Ruhr: «Man sollte nicht gleich alles auf dieWeisheitszähne schieben.» Nicht immer seien sie schuld an einemZahn-Engstand im Frontbereich. Vielmehr hätten die Weisheitszähne ausganzheitlicher Sicht große Bedeutung für das menschliche Immunsystem:«Sie sind in einen Funktionskomplex eingebunden, zu dem auch Organewie die Niere und Nebenniere gehören.» Gerade diese beiden Organeseien wichtige Bestandteile des Immunsystems.

«Auf keinen Fall sollten die Weisheitszähne in der Pubertätgezogen werden, also zu einer Zeit, in der das Immunsystem durch diehormonelle Umstellung ohnehin besonders beansprucht wird», warntMichael Weber. Wenn die Weisheitszähne Ärger machten, sollten siezunächst entsprechend den jeweiligen Symptomen behandelt werden,statt gleich den Zahn oder gar alle vier auf einmal zu ziehen.

«Sofern im Kiefer ausreichend Platz vorhanden ist, sollte derDurchbruch des Weisheitszahnes bis zur Mitte des drittenLebensjahrzehnts beobachtet werden», rät auch Frank Strietzel. Beiakuten oder chronisch-entzündlichen Prozessen sowie beikieferorthopädischer Problemen müsse der Störenfried jedoch gezogenwerden. «Im Einzelfall entscheidet das der Zahnarzt oder derKieferorthopäde», so der Zahnmediziner.