Läuft der "Film des Lebens" vor dem Tod? Wissenschaftler messen erstmals Hirnaktivität bei sterbendem Menschen
Was passiert mit dem Gehirn beim Sterben? Diese Frage lässt sich nur schwer bis gar nicht beantworten. Denn medizinische Untersuchungen von Menschen, die unmittelbar vor dem Tod stehen, sind schwierig zu erfassen. Ärzte aus Estland berichten nun aber von einem wissenschaftlichen Durchbruch.

Tartu/DUR/awe - Über die Gehirnaktivität beim Sterbevorgang ist bislang wenig bekannt. Schon nach etwa 20 Sekunden zeigen die Hirnströme der Elektroenzephalografie (EEG) eine Nulllinie, was den Hirntod nachweist. Patienten unmittelbar vor dem Tod im Bereich des Gehirns zu untersuchen, ist meist schwierig, da Ärzte in diesen Notsituationen um das Leben von Menschen kämpfen.
Aufzeichnung der Hirnaktivität durch Zufall
Ein Zufall hat Wissenschaftlern nun aber einen Einblick in die Hirnaktivität beim Sterben gewährt. Wie das Magazin Watson berichtet, wurde ein 87-jähriger Patient in Estland nach einem Sturz in die Notaufnahme der Universität Tartu eingeliefert. Da der Mann an Epilepsie und Krampfanfällen litt, wurde er zur Überwachung der Hirnaktivität an ein EEG angeschlossen. Während der Aufzeichnungen verstarb der Senior an einem Herzinfarkt, was dazu führte, dass Wissenschaftler zum ersten Mal überhaupt die Aktivität eines sterbenden menschlichen Gehirns aufzeichnen konnten.
Ein Team aus internationalen Wissenschaftlern wertete die Daten, die 900 Sekunden Gehirnaktivität umfassten, aus - konzentrierte sich aber größtenteils auf die 30 Sekunden vor und nach dem Todeszeitpunkt. Dabei wurden Veränderungen in einem bestimmten Bereich neuronaler Oszillationen festgestellt. Dabei zeigten die Hirnwellen des Patienten 30 Sekunden vor dem Herzstillstand die gleichen Aktivitäten, wie sie beim Träumen, Meditieren oder der Informationsverarbeitung vorkommen. Dies war auch in den 30 Sekunden nach dem Herzstillstand der Fall.
Vergleich mit Nahtoderfahrung
Laut dem US-amerikanischen Neurochirurgen Ajmal Zemmar deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass das Gehirn während des Sterbens aktiv und koordiniert bleiben könnte, berichtet Watson. Die verstorbene Person könnte daher Erinnerungen an wichtige Lebensereignisse abgerufen haben können - ähnlich wie bei Nahtoderfahrungen.