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"Wie Marathon laufen" "Wie Marathon laufen": Crystal Meth die Droge aus dem Kieler "Tatort"

Von Rebecca Erken 07.07.2014, 13:58
Beschlagnahmt: Ein Zöllner zeigt die Droge Crystal Meth.
Beschlagnahmt: Ein Zöllner zeigt die Droge Crystal Meth. dpa Lizenz

Crystal Meth ist auf dem Vormarsch - gerade in den deutsch-tschechischen Grenzgebieten und einigen Großstädten verbreitet sich die synthetische Droge, wie der Drogenbericht 2014 der Bundesregierung nahelegt. Doch was verbirgt sich hinter dem Stoff? Welche Folgen hat der Konsum? Wie zerstörerisch sind die Auswirkungen?

Stefan Wiedemann (45) ist Leiter der ambulanten Drogenberatungsstelle „Misfit“ in Berlin-Kreuzberg, die zum Verbund für integrative und therapeutische Arbeit (Vista) gehört. Der Diplom-Pädagoge gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema Crystal Meth.

Woraus besteht Crystal Meth?

Die synthetische Droge wird durch die Reduktion des Stoffes Ephedrin hergestellt, der etwa auch in Grippemedikamenten vorhanden ist. Bei Crystal Meth handelt es sich um das sogenannte Methylamphetamin - eine reinere und stärkere Form von Amphetaminen wie etwa Speed. Somit wirkt es auch stärker und länger als Amphetamine: nämlich zwischen acht und 16 Stunden. Es ist leistungsfördernd und versetzt gleichzeitig oftmals in einen euphorischen Zustand. Es kann außerdem einen aphrodisierenden Effekt haben. Das Aussehen von Crystal Meth erinnert tatsächlich häufig an Kristalle, es wird auf dem Drogenmarkt aber auch als Pulver angeboten.

Wer konsumiert die Droge?

Ein starker Anstieg von Crystal-Meth-Konsumenten lässt sich in den deutsch-tschechischen Grenzgebieten, in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Bayern beobachten. Crystal Meth ist aber noch kein bundesweites Thema. In Berlin wird es konsumiert, es ist jedoch noch kein Boom zu beobachten. Die Droge wird in allen Schichten konsumiert: Berufstätige nehmen Crystal Meth, um leistungsfähiger zu sein. Auch Mütter und Väter konsumieren die Droge, um ihren Alltag besser bewältigen zu können. Und dann gibt es noch die klassischen Partykonsumenten, die die Nacht durchfeiern möchten. Meistens wird die Droge durch die Nase gesnieft, sie kann aber auch geraucht, gespritzt oder oral eingenommen werden.

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Handelt es sich dabei um eine Modedroge?

Nein. Crystal Meth ist - weltweit gesehen - schon seit einigen Jahren die am weitesten verbreitete Droge. Und: Die Substanz und ihre leistungsfördernde Wirkung wurden schon in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts entdeckt. Im Zweiten Weltkrieg wurde Crystal Meth - damals unter dem Namen „Pervitin“ - den Wehrmachtssoldaten verabreicht, damit sie weniger Schmerz und Angst empfanden. Das Arzneimittel „Pervitin“ war noch bis in die achtziger Jahre erhältlich.

Ist man nach einmaligem Konsum sofort abhängig?

Das ist von Konsument zu Konsument sehr unterschiedlich. Zunächst einmal muss man sagen, dass Crystal Meth nicht körperlich, sondern sehr stark psychisch abhängig macht. Wenn die Wirkung nachlässt, entsteht bei einigen Konsumenten eine depressive Verstimmung - da ist der Anreiz natürlich da, die Droge weiter zu konsumieren. Und durch die massive Wirkung von Crystal Meth ist diese Versuchung extrem groß.

Was sind die gesundheitlichen Folgen?

Auch wenn Crystal Meth nicht körperlich abhängig macht - natürlich hat die giftige Substanz auch Auswirkungen auf den Körper: Sie kann zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen und zum Beispiel Schlaganfälle hervorrufen. Auch Hautirritationen und Geschwüre können durch die Droge entstehen. Sie lässt außerdem die Zähne und das Gebiss verfallen. Bei dauerhaften Crystal-Meth-Konsumenten befindet sich der Körper ständig im Zustand einer Fluchtreaktion.

Das muss man sich so vorstellen, als würde man ständig einen Marathon laufen. Dem ist der menschliche Körper einfach nicht gewachsen: Deswegen entstehen die typischen Auszehrungserscheinungen - die Konsumenten sehen zunehmend ausgemergelt aus. Dies wird noch dadurch gefördert, dass die Betroffenen meist keinen Hunger verspüren und dementsprechend wenig essen. Hinzu kommt: Die Droge kann auch Psychosen und Depressionen auslösen. Ein - auch einmaliger - Konsum ist also in jedem Fall sehr riskant.

Gefährliche Kristalle: die synthetische Droge Chrystal Meth.
Gefährliche Kristalle: die synthetische Droge Chrystal Meth.
dpa