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Reise ins Risikogebiet Vorsicht Zecken: Was beim Urlaub in Risikogebieten zu beachten ist

Zecken können Krankheiten wie FSME übertragen. In manchen Regionen ist die Gefahr besonders groß. Wann sich vor den Ferien eine Impfung noch lohnt.

Von Tom Nebe 30.06.2021, 07:00
Wer Aktivurlaub im Süden Deutschlands oder im Alpenraum plant, sollte über eine Impfung gegen FSME nachdenken.
Wer Aktivurlaub im Süden Deutschlands oder im Alpenraum plant, sollte über eine Impfung gegen FSME nachdenken. (Foto: dpa)

Halle(Saale)/MZ/dpa - Wer zum Wanderurlaub nach Tirol oder ins Allgäu fährt, der sollte über eine Impfung gegen die von Zecken übertragene FSME-Krankheit nachdenken. FSME steht für Frühsommer-Meningoenzephalitis. Doch bringt das jetzt, so kurz vor dem Sommerurlaub, noch etwas?

Kommt drauf an, wann die Reise beginnt, lautet die Antwort. Es gibt theoretisch die Möglichkeit, mit drei Impfungen binnen drei Wochen eine Immunität herzustellen. Schnellerer Schutz werde schwierig, sagt Professor Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors für FSME am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München. Normalerweise folgt die zweite FSME-Impfung zwei Wochen bis drei Monate nach der ersten. Wählt man hier den knappest möglichen Abstand von 14 Tagen, besteht laut Dobler nach einem Monat eine Immunität.

Doch für wen ist eine schnelle Immunisierung jetzt noch ratsam? Dobler würde sie jedem Menschen empfehlen, der in ein Hochrisikogebiet fährt und sich dort viel in der Natur aufhält. „Einen Landkreis wie zum Beispiel Ravensburg, wo es zuletzt 20 oder mehr Fälle pro Jahr gab, müsste man als solchen Bereich betrachten“, erklärt der Experte.

Brauche ich die FSME-Impfung? Auf die Region kommt es an

Das gelte ebenso für bestimmte Gegenden im Osten und Süden Bayerns. Tirol in Österreich habe sich auch als hochaktive Region für Zecken mit dem FSME-Erreger erwiesen, wobei hier vor allem die Täler relevant seien, heißt es. „Wenn mir jemand sagt, er fährt nach Tirol, wandert dort stets über 1.000 Meter und übernachtet auf Hütten: Dann braucht er nicht zwingend eine Impfung“, sagt Dobler. Er nennt beispielhaft noch Kärnten und die Steiermark in Österreich, Südschweden, das Baltikum und die gesamte Schweiz als Gebiete mit erhöhtem Risiko.

Der Experte stellt aber klar: „Das Infektionsrisiko ist trotz allem gering, man sollte keine Panik verbreiten.“ Die 704 registrierten FSME-Fälle im Jahr 2020 in Deutschland waren laut Robert Koch-Institut (RKI) ein neuer Höchststand. Grob taxieren Experten die Wahrscheinlichkeit einer FSME-Infektion nach einem Zeckenstich in einem Risikogebiet mit 1:50 bis 1:100. Mit anderen Worten, ein Zeckenstich ist schon eher selten und dass das Tier dann auch noch den Erreger weitergibt, ist wiederum äußert unwahrscheinlich.

Letztlich müsse man die Impfempfehlung von der Region, in die man reist, und von den Aktivitäten, die man dort plant, abhängig machen, rät Dobler. Reisemedizinische Fachpraxen könnten dabei helfen. Praktizierende Ärzte haben nach seinen Worten zudem die Möglichkeit, für eine Einschätzung in seinem Schwerpunktlabor anzurufen. Letztlich ist es eine individuelle Abwägung der Reisenden. Manche gehen lieber ganz auf Nummer sicher, andere sind etwas risikobereiter.

FSME kann in seltenen Fällen tödlich enden

Eine FSME-Infektion verläuft oftmals mild. In der ersten Phase hat man häufig grippeähnliche Symptome: Der Patient hat Fieber, ist abgeschlagen, Kopf und Glieder tun weh. Wenn unter Umständen eine Entzündung des Gehirns, der Hirnhäute oder des Rückenmarks folgt, wird es ernst. Es gibt also ein Risiko für schwere Verläufe. Sehr selten kann FSME tödlich enden.

Was bei der Abwägung für oder gegen eine Impfung bedacht werden sollte: Die Krankheit kann nur symptomatisch behandelt werden, etwa mit fiebersenkenden Mitteln. Medikamente gegen die krankheitsauslösenden Viren gibt es nicht.

Wer nicht geimpft ist, kann die Infektionsgefahr auch auf andere Art und Weise senken: Zum Beispiel mit langer, heller Kleidung, an der man die Zecken besser entlang krabbeln sieht. Mit in die Socken gestopften Hosenbeinen, damit die kleinen Spinnentierchen nicht auf die Haut gelangen. Und, indem man sich nach längeren Aufenthalten in der Natur gründlich absucht. Vor allem dort, wo am Körper feuchtere Bedingungen herrschen. In der Kniekehle, im Genitalbereich, in den Armbeugen oder in den Achseln sind solche Zonen. Bei Kindern stechen Zecken oft auch am Kopf zu.

Außerdem ist der Zeitfaktor nicht zu unterschätzen. Zum einen, weil die Zecken meist nicht gleich stechen. „Sie krabbeln oft stundenlang auf dem Körper herum und suchen eine gute Stelle“, sagt Dobler. Das heißt, man erwischt sie vielleicht noch vor dem Stich.

Bester Schutz: Zecken schnell entdecken und entfernen

Zum anderen haben die Tierchen weniger Zeit, Erreger zu übertragen, wenn sie rasch entfernt werden. Das gilt vor allem bei der Borreliose. Sie wird von Bakterien ausgelöst, die von Zecken übertragen werden. Hier steckten die Erreger im Darm des Tieres und gelangten nicht sofort in den Körper des Menschen, wie Dobler erklärt. Werden die Zecken innerhalb von zwölf bis 16 Stunden entfernt, ist demnach das Risiko gering, eine Borreliose zu bekommen.

Die FSME-Viren wiederum sitzen im Speichel der Zecke und werden schon beim Stich übertragen. Doch auch hier gilt dem Experten zufolge: Je länger sie saugt, desto größer ist die übertragene Virusmenge und damit das Risiko.

Im Gegensatz zur FSME ist Borreliose nicht in allen Bundesländern meldepflichtig. Es gibt keine ausgewiesenen Risikogebiete, aber laut RKI besteht in ganz Deutschland die Gefahr einer Infektion. In Europa sei sie die mit Abstand häufigste von Zecken übertragene Krankheit. Insgesamt sei bei 0,3 bis 1,4 Prozent der Menschen mit Zeckenstichen eine Borreliose-Erkrankung zu erwarten.

Zeckenbiss ist kein Grund zur Panik

Dobler rät, einen Zeckenstich zu beobachten - und kann beruhigen: „Wenn sich innerhalb weniger Stunden eine Rötung bildet, ist das nicht schlimm.“ Das sei nur eine allergische Reaktion auf den Zeckenspeichel und keine Borreliose. Wenn der Stich stark juckt, kann beispielsweise ein Antihistaminikum helfen. „Wenn die Rötung um die Stichstelle nach einer Woche oder mehr größer wird und den Umfang eines Zwei-Euro-Stücks erreicht, sollte man zum Arzt und sagen, dass man dort von einer Zecke gestochen wurde“, sagt der Mediziner.

Die Wanderröte ist eine ringförmige Hautrötung, die einige Tage bis Wochen nach dem Stich auftritt. Oft ist sie im Zentrum blasser als am Rand und der rote Ring wandert allmählich nach außen. Sie sei die häufigste Erkrankungsform der Borreliose, schreibt das RKI. Fieber, Muskel- und Kopfschmerzen sowie Müdigkeit können dazukommen. Die Borreliose kann in seltenen Fällen das Nervensystem angreifen oder zu Entzündungen des Herzens führen.

Panisch müsse man bei einer Borreliose nicht werden, sagt Dobler. „Sie lässt sich mit Antibiotika in der Regel gut behandeln.“ Eine Impfung gegen Borreliose gibt es aber nicht.