Vasektomie Vasektomie: Warum schrecken so viele Männer vor einer Sterilisation zurück?
Ist Verhütung in einer Beziehung Frauensache oder kümmert sich der Mann von heute darum? Ist die Familienplanung eines Paares abgeschlossen, stellt sich die Verhütungsfrage für Paare neu. Dann kann statt Pille oder Kondom auch die Vasektomie eine Möglichkeit sein. Doch viele Männer scheuen vor einem solchen Eingriff zurück. Sie haben Angst, ihre Potenz zu verlieren und natürlich ist es bequemer, das Thema Verhütung weiter der Frau zu überlassen.
Aus Unwissenheit wird eine Sterilisation schnell mit einer Kastration gleichgesetzt, Das bestätigt auch Prof. Christian Wülfing, Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Urologie. „Ein operativer Eingriff in diesem Bereich löst immer mal wieder diffuse Ängste aus, so dass es bestimmt Männer gibt, die sich aus diesem Grund nicht für eine solche Operation interessieren.“
Dabei müssen Männer nach bisherigen Erkenntnissen der Wissenschaft nicht um ihre Gesundheit oder um eine lustvolle Sexualität bangen.
Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Vasektomie.
Ist eine Vasektomie überhaupt eine sichere Verhütungsmethode?
Mit einer Erfolgsquote zwischen 97,2 und 100 Prozent sei die Vasektomie die sicherste Verhütungsmethode für den Mann, so der Urologe Wolf-Hartmut Weiske aus Stuttgart. Und sie lässt sich leichter ausführen als der vergleichbare Eingriff bei der Frau. Wer eine Sterilisation erwägt, sollte sich jedoch einen versierten Operateur suchen. „Der Erfolg hängt davon ab, wie viel Erfahrung ein Arzt mit dem Eingriff hat“, so der Mediziner.
Warum entscheiden sich Männer für eine Vasektomie?
Etwa fünf Prozent der deutschen Männer im Alter zwischen 18 und 49 Jahren sind nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) in Köln sterilisiert. In der Regel entscheiden sich Männer für den Schritt, wenn klar ist, dass sie keine Kinder mehr bekommen möchten. Die Studie der BzgA zeigt, dass für unter 30-jährige Sterilisation kein Thema in Sachen Verhütung ist. Erst ab 30 Jahren interessieren sich Männer für die Möglichkeit der Sterilisation.
Wie funktioniert eine Vasektomie?
Wie die Vasektomie im Einzelnen ausgeführt wird, hängt vom Operateur ab. Allen Techniken gemein ist jedoch, dass die Durchgängigkeit der beiden Samenleiter unterbrochen wird. In der Regel nimmt der Arzt die Operation unter lokaler Betäubung vor. Die Kosten dafür werden zumeist von der Krankenkasse getragen.
Welche Techniken gibt es?
Am weitesten verbreitet ist nach Auskunft von Mediziner Weiske die Ligaturtechnik. Dabei wird der Hodensack mit einem kurzen Schnitt geöffnet. Der Arzt durchtrennt den Samenleiter und entnimmt ein zwei bis drei Zentimeter langes Stück. Dann bindet er die Enden mit einem Faden ab, schlägt sie um und verlagert sie in unterschiedliche Gewebeschichten. Bei einer anderen häufig angewandten Methode werden die Enden des Samenleiters elektrisch „koaguliert“, das heißt durch Hitzeeinwirkung verödet. Beide Verfahren können auch kombiniert werden.
Neben der üblichen Vasektomie gibt es noch eine weitere Methode, bei der auf Schnitte mit dem Skalpell verzichtet wird – die „Non Scalpel Vasectomy“. Dabei setzt der Arzt einen kleinen Stich und dehnt die Haut mit einer spitzen Klemme auf. Da der Stich klein ist, muss nicht genäht werden.
Wie geht es nach der Operation weiter?
Nach der Operation könne es bis zu drei Monate dauern, bis die restlichen Spermien aus den Samenleitern heraus gespült sind, sagt Mark Schrader, Urologe am Universitätsklinikum Benjamin Franklin in Berlin. Um den Erfolg des Eingriffes festzustellen, muss der Mann in bestimmten Abständen Samenproben abgeben. Solange noch Sperma in der Flüssigkeit enthalten ist, sollte das Paar wie zuvor verhüten, rät der Arzt.
Was bedeutet der Eingriff für einen Mann?
Der kleine Eingriff hat nicht nur große Folgen für die Familienplanung – er kann auch das Selbstverständnis des Mannes beeinflussen. Wer eine Sterilisation erwägt, sollte sich daher ruhig mehrfach vom Arzt beraten lassen, rät Urologe Günther Fröhlich aus Lohne (Niedersachsen). Und er sollte bei Bedarf verschiedene Experten zu Rate ziehen.
An den Gesprächen sollte die Partnerin teilnehmen. „Der Eingriff sollte nicht ohne ihre Zustimmung vorgenommen werden“, betont der Mediziner. Von einer Sterilisation bei Männern unter 30 Jahren raten Experten ab, weil die Familienplanung sich in diesem Alter noch ändern kann.
Bekommt man danach noch „einen hoch“?
In der Beratung sollten Männer ihre Ängste offen ansprechen. Die Potenz zu verlieren, gehört laut Fröhlich zu den am häufigsten geäußerten Befürchtungen. „Sterilisation ist keine Kastration“, stellt er jedoch klar.
Auch um ihre Gesundheit oder eine lustvolle Sexualität müssen Männer nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht bangen. Spermien würden weiter produziert, und sterilisierte Männer erlebten den Orgasmus genau wie vor dem Eingriff, sagt Edeltraud Niemeyer, Ärztin bei der Beratungsstelle Pro Familia in Rüsselsheim.
Kann es zu Komplikationen kommen?
Komplikationen nach dem Eingriff seien sehr selten, sagt die Medizinerin. Möglich sei jedoch, dass sich ein blauer Fleck am Hodensack oder ein so genanntes Spermagranulom bildet – ein Knötchen, in dem sich Samen einkapselt. Bei derartigen Problemen sollte immer der Arzt konsultiert werden. Auch eine spontane Wiedervereinigung der Samenleiterenden ist schon aufgetreten. „Doch das kommt äußerst selten vor“, sagt Urologe Fröhlich.
Kann eine Sterilisation rückgängig gemacht werden?
Ja, der Eingriff lässt sich rückgängig machen, etwa wenn der Mann mit einer neuen Partnerin wieder Kinder haben möchte. Die Kosten für die so genannte Refertilisation muss er aber selbst übernehmen – sie können bis zu 1000 Euro betragen.
Doch der Erfolg hängt nicht nur vom Mann, sondern wie bei jeder anderen Schwangerschaft auch von der Fruchtbarkeit der Frau ab: Etwa 50 Prozent der Paare bekämen nach dem Eingriff wieder ein Kind, sagt Weiske. (sar/dpa/gms)
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