Verfaulte Zähne Tabakrichtlinie: Schockbilder auf Zigarettenpackungen nun verpflichtend - Mehrheit bezweifelt Wirkung

Berlin - Noch ist die Mehrheit der Deutschen davon überzeugt, dass das Ganze gar nichts bringt. Aber das könnte sich ändern, wenn tatsächlich die ersten Zigarettenpackungen mit großflächigen Schockfotos in den Regalen liegen.
Das Bundesverfassungsgericht hat eine einstweilige Anordnung gegen Schockbilder auf Zigarettenschachteln abgelehnt. In einer am Freitag veröffentlichten Entscheidung wies das Gericht den Eilantrag eines mittelständischen Unternehmens ab. Somit müssen die Hersteller ab diesem Freitag als Abschreckung gedachten Bilder auf Zigaretten- und Tabakpackungen anbringen. Das sieht die EU-Tabakrichtlinie vor, die nun in Deutschland in Kraft getreten ist. Die wichtigsten Details der Neuregelung:
Welche Vorgaben gibt es für die Schockbilder?
Insgesamt 65 Prozent der Vorder- und Rückseite der Zigarettenboxen müssen mit Schockfotos und Warnhinweisen bedruckt werden. Der Inhalt ist amtlich vorgeschrieben. Ein gelb hinterlegter Text soll zusätzlich Anlaufstellen für Raucher nennen, die aufhören wollen. Gesetzlich geregelt ist künftig zudem, dass eine Zigarettenschachtel quaderförmig sein und mindestens zwanzig Zigaretten enthalten muss.
Bisher gibt es in Deutschland nur Warnhinweise wie zum Beispiel „Rauchen tötet“. In anderen Ländern, etwa in Spanien, sind Schockbilder schon seit längerem Gesetz. Australien ist einen Schritt weiter gegangen: Dort sind Einheitsverpackungen vorgeschrieben, die ganzflächig mit Gruselfotos bedruckt sein müssen. Der Markenname darf nur noch in sehr kleiner Schrift aufgedruckt werden.
Ab wann gilt die Umstellung?
Alle Verpackungen, die bis zum Stichtag 20. Mai produziert wurden, dürfen noch abverkauft werden. Nach Angaben der Industrie kommen die ersten Verpackungen mit Schockbildern ab Spätsommer oder Frühherbst in den Handel. Der Deutsche Zigarettenverband geht davon aus, dass einige kleinere Marken eingestellt werden, da sich die Umstellung des Druckes nicht lohne.
Bringen die Schockfotos etwas?
Dazu gibt es unterschiedliche Studien. Eine Umfrage unter Jugendlichen in Großbritannien brachte eher pessimistische Ergebnisse – weniger als zehn Prozent der jungen Leute konnte sich später an die Schockfotos auf den Zigarettenschachteln erinnern. Studien aus Australien zeigen dagegen, dass die Bilder durchaus dazu beitragen, mit dem Rauchen aufzuhören. Insbesondere Gelegenheitsraucher werden abgeschreckt, während sich Gewohnheitsraucher weniger beeindrucken lassen.
Welche neuen Verbote gibt es noch?
Untersagt werden ab 2020 alle Aromastoffe, die den Tabakgeschmack überdecken, also zum Beispiel Menthol. Die vom verstorbenen Alt-Kanzler Helmut Schmidt geliebte Menthol-Zigarette gehört damit bald der Vergangenheit an. Derartige Zusatzstoffe werden auch in elektronischen Zigaretten verboten.
Was gilt für E-Zigaretten?
Für nikotinhaltige E-Zigaretten gibt es ebenfalls neue Sicherheits- und Qualitätsanforderungen. Für sie gelten zudem ab jetzt die schon länger bestehenden Werbeverbote für Tabakprodukte, zum Beispiel in Zeitungen oder im Hörfunk.
Gibt es auch neue Werbeverbote?
Ja. Vom Bundeskabinett wurde bereits das totale Verbot von Außenwerbung auf Plakaten beschlossen. Es soll ab 1. Juli 2020 gelten. Im Kino soll ab 18 Uhr Tabakwerbung nur noch erlaubt sein, wenn der anschließende Film das Prädikate „keine Jugendfreigabe“ („FSK ab 18“) trägt. Darüber hinaus ist künftig die kostenlose Verteilung von Zigaretten oder anderen Tabakerzeugnissen auf Konzerten oder Festivals verboten. Der Gesetzentwurf hat allerdings Bundestag und Bundesrat noch nicht passiert. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), beklagte am Freitag, die Tabakindustrie versuche Einfluss auf Bundestagsabgeordnete zu nehmen, um das Inkrafttreten des Gesetzes weiter zu verzögern.