Zigaretten werden teurer Tabakhersteller Philip Morris erklärt, mit dem Rauchen aufhören zu wollen und macht Zigaretten teurer

Köln - Der Tabak-Gigant Philip Morris will sich abgewöhnen, Zigaretten zu verkaufen. Gibt es bald nur noch Glimmstängel mit Akku statt qualmender Zigaretten?
So jedenfalls stellt sich der Weltkonzern die Raucher-Zukunft vor und wirbt massiv für sein neues „iqos“-System. Nur ein Marketing-Gag, oder steht die Kippe wirklich auf der Kippe?
Marlboro-Zigaretten sollen teurer werden
Schließlich kündigte das Unternehmen auch noch an, die Preise für Zigaretten anzuheben: Ab 1. März soll eine Schachtel Marlboro aus dem Automaten schon 7 Euro kosten – 50 Cent mehr.
Das kündigte Philip Morris (Marlboro, L&M, Chesterfield), weltweit größter, privatwirtschaftlicher Hersteller von Tabakprodukten, kürzlich in Großbritannien an. Und riet Rauchern: „Das Beste, was Sie tun können, ist aufzuhören.“
Klingt scheinheilig, doch Markus Essing, Deutschland-Chef von Philip Morris, versichert: „Wir arbeiten auch in Deutschland daran, dass Raucher auf potenziell risikoreduzierte, rauchlose Tabakprodukte oder E-Zigaretten umsteigen.“
Deutscher Zigarettenverband: „Kampagne ist unglaubwürdig”
Schluss mit der Zigarette. Der Deutsche Zigarettenverband (DZV), in dem fünf deutsche Tabakunternehmen Mitglied sind, sieht die Aktion von Philip Morris kritisch: „Die Kampagne ist unglaubwürdig und schadet deshalb der gesamten Tabakindustrie. Der Öffentlichkeit wird Sand in die Augen gestreut“, so DZV-Chef Jan Mücke.
„Wir glauben nicht, dass Philip Morris in naher Zukunft den Verkauf von Zigaretten in Großbritannien zugunsten von »iqos« einstellt.“
Neuer Tabak-Erhitzer „iqos“
Also viel Rauch um nichts? Will Philip Morris, in Deutschland mit 40 Prozent Marktanteil Marktführer, mit der Kampagne bloß seinen neuen Tabak-Erhitzer „iqos“ bekanntmachen?
An unzähligen Reklametafeln prangt derzeit das neuartige Gerät, das die Alternative zur klassischen Zigarette sein soll. In vielen Städten haben „Boutiquen“ eröffnet, edle Shops à la Apple oder Nespresso, die den Tabak-Erhitzer verkaufen.
Stylish soll er wirken, und das hat seinen Preis: 99 Euro fürs Starter-Kit. Ein Tabak-Stick („Heets“) kostet etwa so viel wie eine Zigarette.
Rauchen mit einem Edel-Stick, weg vom Schmuddel-Image. Der Konzern „Imperial Tobacco“ (Gauloises, Winston) benannte sich jüngst in „Imperial Brands“ um, verbannte den Begriff Tabak.
Denn gesundheitliche Appelle und Nichtraucherschutzgesetze haben dem Ruf des Suchtmittels zweifelsohne schwer zugesetzt.
Zigaretten-Absatz ist gestiegen
Dennoch werde Philip Morris in Deutschland „nicht über Nacht aufhören, Zigaretten zu verkaufen“, ist sich Verbands-Chef Mücke sicher. „Die klassische Tabakzigarette ist und bleibt noch auf lange Zeit das beliebteste Genussmittel der Raucher hierzulande.“
Die Industrie verdiene ihr Geld immer noch größtenteils mit der klassischen Zigarette. 2017 ist der Absatz sogar leicht gestiegen, um 1,1 Prozent – auf 75,8 Milliarden Stück.
Rauchfreie Zukunft?
Doch der Philip-Morris-Chef bleibt dabei: „Wir haben uns vollständig dem Wandel zu einer rauchfreien Zukunft verschrieben.“
Er verweist auf die milliardenschweren Investitionen des Unternehmens: drei Milliarden allein in Forschung und Entwicklung. Dazu kommen die Investitionen in neue Fabriken. In Dresden entstehe derzeit eine für 320 Millionen Euro.
Und auch die anderen Tabakriesen vertrauen offenbar der klassischen Zigarette nicht mehr als Umsatzmotor für die Ewigkeit. Verbands-Chef Mücke: „Uns ist klar, dass der Umsatz von neuartigen Tabakerzeugnissen zunehmen wird.“
Alle forschen nach Alternativen
Die ganze Tabakindustrie forsche fieberhaft nach Zigaretten-Alternativen, „denn alle wissen, dass hier die Märkte der Zukunft liegen.“
Allein der deutsche Ableger von Japan Tobacco International mit Sitz in Köln (Camel) forscht in Trier in einem riesigen Forschungslabor mit 800 Mitarbeitern.
Halten Rauchalternativen, was sie versprechen?
Tatsächlich sollen Tabakerhitzer wie der „iqos“ unbedenklicher als Zigaretten sein, wie erste Ergebnisse des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zeigen: gesundheitsschädliche Stoffe seien erheblich reduziert – um bis zu 95 Prozent.
Trotzdem warnt das BfR, dass der Nikotingehalt in der gleichen Größenordnung wie bei klassischen Zigaretten liege, die Nutzung bleibe mit erheblichen Risiken verbunden.
Es fehlen Langzeitstudien
Und das gilt auch für die immer beliebter werdenden E-Zigaretten: weniger schädlich, aber über die Inhaltsstoffe ist noch wenig bekannt.
Durch die Überhitzung im Verdampfer könnten immer noch krebserregende Substanzen entstehen. Die Gesundheit steht offenbar nur bei Abstinenz nicht auf der Kippe. (red)
(Dieser Text erschien zuerst bei express.de)