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Sexualität Sexualität: Lust kommt nicht auf Knopfdruck

Von Juliane Mroz 02.08.2006, 09:09
Kuscheln im Bett sollte nicht immer gleich Sex bedeuten: Denn sonst bleiben alltägliche Zärtlichkeiten schnell auf der Strecke. (Foto: dpa)
Kuscheln im Bett sollte nicht immer gleich Sex bedeuten: Denn sonst bleiben alltägliche Zärtlichkeiten schnell auf der Strecke. (Foto: dpa) Jens Schierenbeck

Frankfurt/Main/dpa. - «Die wenigsten Menschen in längeren Partnerschaften sind zufriedenmit ihrem Sexualleben», sagt Sandra Maravolo, Autorin zweierSex-Ratgeber und Inhaberin eines Erotikshops für Frauen in Frankfurt.Das Problem sei, dass viele Menschen nicht einsehen wollen, dass derSex in einer Partnerschaft nicht für immer so wild und aufregendbleibt wie am Anfang. «Dabei ist das normal.»

Wenn eine Frau keinen Orgasmus erlebt - oder glaubt, keinen zuerleben -, kann das laut Maravolo an überhöhten Erwartungen liegen.«Manche Frauen stellen sich unter einem Orgasmus unglaubliche Dingevor. Da muss sozusagen die Erde beben.» Ihren wirklichen Orgasmusnehmen diese Frauen oft gar nicht als solchen wahr, weil er nichtihren Erwartungen entspricht.

Auch der Psychologe Ragnar Beer aus Göttingen, der mit Kollegendie Online-Paartherapieplattform Theratalk betreibt, rät sexuellunzufriedenen Paaren zu mehr Kommunikation. «Es gibt Wünsche, die nurdarauf warten, erfüllt zu werden. Doch wenn das Paar nicht darüberredet, bleiben sie unbekannt.»

Sexuelle Unlust entsteht laut Beer, weil man sich nicht mehr aufdas freut, was einen erwartet. Wenn die anfängliche sexuelle Euphorieverflogen ist, «werden oft nur noch die Knöpfe gedrückt, bei denenman weiß, da reagiert der Partner.» Routine schleicht sich ein - unddamit auch Langeweile.

Oft leiden Frauen aber gar nicht so sehr darunter, dass der Sex inihrer Beziehung nicht so läuft, wie erwartet. «Wir habenherausgefunden, dass die sexuelle Zufriedenheit bei Frauen nichtprimär davon abhängt, ob sie viel oder wenig Sex haben. Vielwichtiger sind eine gute Beziehung zum eigenen Körper und eine gutfunktionierende Partnerschaft», sagt die SexualwissenschaftlerinUlrike Brandenburg aus Aachen.

Ein Grund dafür, dass Frauen sich beim Sex unter Druck gesetztfühlen, ist der gesellschaftliche Druck. «Sexuelle Lust ist zumMythos verkommen. Dieser diktiert, dass Menschen, die eine Beziehungmiteinander haben, auch Lust aufeinander haben müssen», erklärtBrandenburg. Doch wenn der Alltagsstress Überhand nimmt, «kommt esschon mal vor, dass ein Paar aus dem Karussell der regelmäßigen Lustherausfällt.»

Auch eine Frau, die nur sehr selten Sex hat, kann ein glücklichesSexualleben haben. «Es gibt keine Norm, wie oft man Sex haben muss»,sagt die Diplompsychologin Eva Wlodarek aus Hamburg. Oft seien Frauengehemmt, weil sie mit ihrem Körper unzufrieden sind. «Wer starkesÜbergewicht hat, sollte natürlich etwas dagegen tun. Aber kleinekörperliche Probleme spielen keine Rolle, die bekommt der Partner oftgar nicht mit.»

Dass Frauen sich mit ihrem Körper anfreunden, ist auch für ClaudiaHaarmann ein wichtiger Schritt zum stressfreien Sex. DiePsychotherapeutin und Autorin aus Essen hat festgestellt, dass vieleFrauen nicht einmal ein eigenes Wort für ihre Vagina haben: «Frauensind nicht mit ihrem Körper vertraut. Mütter erzählen ihren Töchternnicht, was Lust bedeutet.»